Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Warme Welten und Andere

Warme Welten und Andere

Titel: Warme Welten und Andere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Jr. Tiptree
Vom Netzwerk:
Verbindung, aus der er ausgebrochen war. Sie war nicht mehr da.
    »Liebe Mutter Gottes, ist das deine Unsterblichkeit?«
    Das noion hing stumm. Er spürte, daß es sich erschöpft hatte. Irgendwie hatte es ihm den Eingang in eine andere Dimension aufgehalten, um ihm zu zeigen…
    Um ihn einzuladen.
    Dann begriff er; sein dritter, sein letzter Wunsch konnte… dies sein.
    Reglos hatte er dagelegen, während die Sonne über den Himmel lief, und von dem Leben um ihn herum hörte er nichts… Hinausgehen, nackt, allein… Hinausgehen. Allein… Diese Stimmen… war da so etwas wie Sinn, eine unbegreifliche Bedeutung im endgültigen Nichts aufgeklungen?… Hinausgehen, auf immer hinaus, und… das Fremde treffen… alleine gehen, wandern, er selbst, wie er in Wahrheit war, sein Kern und Wesen, für immer frei vom Blut und Zeugen und Sorgen…
    Es sang zu ihm, ein süßes, kühles Lied. Hinaus – alleine – frei… Die andere Stimme im gedoppelten Herzen des Menschen. Die tiefste Sehnsucht jenes Teils von ihm, der der menschlichste war. Frei zu sein von der Tyrannei der Gattung. Von Liebe frei zu sein. Ewig zu leben…
    Er hatte gestöhnt, hatte den Himmel nahe gespürt, das lebendige Blut gespürt, wie es durch sein Tierherz pochte. Er war ein Tier, ein menschliches Tier, und seinen Jungen drohte Gefahr. Er konnte es nicht.
    Bevor die Sonne unterging, hatte er sich, mit einem Seufzen, erhoben.
    »Nein. Dein Weg ist nicht mein Weg. Ich muß hierbleiben bei den Meinen. Wir werden davon nicht mehr reden. Wenn du mir noch ein letztes Mal helfen kannst, hilf mir, meine Jungen zu retten.«
    Das war vor Wochen gewesen, bevor die Meermauer errichtet worden war. Jetzt betrachtete er sie, mühte sich, die Erinnerung wegzuschließen, den tiefen, verräterischen Sog. Der Laser war aufgebaut, sah er, und im selben Augenblick hörte er Schritte den Pfad heraufkommen.
    »Piet.«
    Sein hochgewachsener Sohn stand neben ihm, blickte aufs Meer hinaus. Er stellte fest, daß das Pfeifen lauter geworden war. Auf dem Strand rannten nun alle, ihr Rufen klang drängender.
    »Bethel sagt, du willst hierbleiben.«
    »Ja, ich möchte, oh, etwas ausprobieren… wo wirst du sein?«
    »Beim Laser. Pavel und ich haben Lose gezogen. Er übernimmt das Floß mit der Ausbesserungsmannschaft.«
    »Achte darauf, daß deine Mutter und die Mädchen weit genug weg sind, ja? Sie sollen ganz zurück zu den großen Bäumen.«
    Piet nickte. »Melie und Sara betreuen die Säuglinge.«
    Dann standen sie schweigend beieinander, horchten… Es wurde lauter.
    »Ich gehe«, sagte Piet. »Wir bauen einen Flammenwerfer zusammen. Vielleicht gelingt es uns, jenseits der Mauer einige von ihren Kadavern in Brand zu setzen.«
    Er ging, ein Eßpaket und eine Flasche zurücklassend. Der Nachmittag war von erhabener Schönheit, ein diamantklarer Himmel verschmolz mit einem klaren, opalblauen Meer.
    Nur, wo das Meer sich mit dem Himmel traf: regten sich dort Wolken, eine ferne, schwache Spiegelung niedriger Hügel, die sich schimmernd auflösten und von neuem formten?
    Der Horizont selbst kam näher.
    Mysha spähte hinaus, hörte das Pfeifen stärker werden. Undunter dem Pfeifen kam ab und zu ein dumpfes Ächzen hervor, als ob das Riff selbst sich in Schmerzen wände.
    Eine Reihe von Frauen, die Babys und allerlei Bündel trugen, verließen jetzt die unter ihm liegende Kolonie und machtensich eilig auf den Weg zum Dschungel. Wieder das Ächzen. Zwei der Frauen verfielen in Trab.
    Zu seiner Linken wurden die Schatten am Horizont dichter und dicker, türmten sich höher. Ein Berg schien sich im Dunst abzulösen. Dann war zu erkennen, daß der Berg aus fünf Kreaturen von Dünengröße bestand, die aufs Land zuwateten. Menschen schrien.
    Die Vorläufer hielten von Süden her auf die Kolonie, auf das Flachsfeld zu. Näher gekommen, entpuppten sie sich als riesige, weich wirkende Hummern mit aufgerichteten Brustkörben und Köpfen, deren Vorderbeine aufgeschwollene Bäuche hinter sich herzogen. Mysha wußte, das waren die›Kühe‹. Mit hohlem Ächzen krachten und taumelten sie über die niedrigen Riffe.
    Hinter ihnen tauchten aus dem Dunst stampfend ihre fünf ›Bullen‹ auf: die Köpfe zurückgeworfen, die riesigen, turmartigen Geschlechtsorgane erigiert. Von ihnen kam das Pfeifen, das nun laut war wie das Zischen einer aufsteigenden Rakete. Ein seltsam trauriger, mechanischer Tumult… Als sie über die Riffe stiegen, sah Mysha, daß die Körper der Männchen hager waren, längs

Weitere Kostenlose Bücher