Warnschuss: Thriller (German Edition)
unbeantwortet im Raum stehen, ehe er zugestand: »Ich glaube schon.«
Lügner, dachte DeeDee.
Der Richter sagte: »Gut. Nachdem das geklärt ist, werden Sie uns hoffentlich entschuldigen.« Er drehte sich um und wollte sie schon zur Tür bringen, als Elise ihn zurückhielt.
»Ich wüsste gern …« Ihre Stimme brach. Sie schluckte und setzte erneut an. »Ich wüsste gern, ob Trotter Familie hatte. Eine Frau, Kinder?«
»Nein«, antwortete Duncan. »Sein nächster Verwandter war ein Onkel oben in Maryland.«
»Da bin ich froh. Das hätte ich… schrecklich gefunden.«
»Darf ich Sie jetzt zur Tür bringen?« Als würde er fest damit rechnen, dass sie ihm folgten, machte sich der Richter auf den Weg zur Haustür.
DeeDee kam hinter dem Schreibtisch hervor. Als sie an Elise vorbeikam, fasste die nach ihrer Hand. »Detective Bowen, ich möchte wiederholen, was mein Mann gesagt hat. Ich weiß, dass Sie nur Ihre Arbeit tun.«
Die Geste kam so überraschend, dass DeeDee hastig nach einer passenden Antwort suchte, egal ob Elise nun log oder die Wahrheit sagte. »Das ist für Sie bestimmt nicht einfach.«
»Wirklich nicht, aber ich verspreche, dass ich Sie anrufe, wenn mir noch etwas einfallen sollte.«
»Das würde uns weiterhelfen.«
»Haben Sie eine Visitenkarte?«
»Natürlich.« Duncan zupfte eine aus der Innentasche seines Jacketts und drückte sie ihr in die Hand.
»Danke, Detective Hatcher.« Sie nahm die Karte und reichte auch ihm die Hand.
DeeDee war so aufgekratzt wie einer dieser struppigen Hunde mit orangefarbenem Fell, die wie eine hysterische Puderquaste aussehen. Eine Exfreundin von ihm hatte so einen gehabt. Das Vieh hatte nonstop gekläfft. Das hyperaktivste Tier, das Duncan je erlebt hatte. Bis heute. DeeDee war völlig von der Rolle.
»Sie verheimlicht uns etwas, Duncan. Ich weiß das. Ich spür das in den Knochen.«
DeeDees »Knochen« irrten sich nur selten. In diesem besonderen Fall hoffte er dennoch darauf. Er wollte diesen Fall so schnell wie möglich abschließen, damit ihm der Richter zumindest halbwegs gewogen blieb. Er war noch nie ein großer Fan von Richter Cato Laird gewesen, weil er fand, dass der Richter seine Robe gern nach dem Wind hängte. Am einen Tag unnachgiebig gegenüber dem Verbrechen und allen Verbrechern, am nächsten ganz auf den Schutz ihrer Bürgerrechte bedacht. Seine Ansichten schienen auf den Gezeiten der öffentlichen Meinung zu treiben und immer dem momentanen Mehrheitsgeschmack zu entsprechen.
Duncan hielt nichts von Menschen, denen die eigene Beliebtheit wichtiger war als ihre Überzeugungen, aber er nahm an, dass der Richter auch Politiker sein musste, um ins Amt gewählt zu werden. Und er wollte ganz bestimmt keinen Richter am Kammergericht zum Feind haben. Was abzusehen war, wenn er auf die Knochen seiner Partnerin hörte und der Frau des Richters weiterhin zusetzte.
Dummerweise sagten seine Knochen dasselbe. Vor allem nach dem letzten Gespräch.
Er riss das Steuer nach rechts und kreuzte unter dem Hupen und den Beschimpfungen anderer Autofahrer zwei Spuren. DeeDee krallte sich an der Armlehne in der Beifahrertür fest.
»Was soll das werden?«
»Ich bin durstig.« Der Wagen setzte über den Bordstein, weil er um ein Haar die Einfahrt zum McDonald’s verfehlt hätte.
»Du hast gesüßten Eistee bekommen. ›Mrs Berrys Meinung nach die einzig wahre Art, ihn zu trinken.‹« Sie klimperte mit den Wimpern und imitierte Elise Lairds breiten Südstaatenakzent.
»Ich habe Eistee bekommen. Ich habe ihn nicht getrunken. Ist außerdem nicht deine nächste Koffeindosis fällig? Nicht dass dir das gut tun würde«, ergänzte er halblaut, bevor er sich aus dem Fenster beugte, um die Bestellung in das Mikrophon zu sprechen.
»Sollen wir zurückfahren und mit den Nachbarn reden?« , fragte DeeDee.
»Was würde das nutzen? Die wurden gestern Abend schon befragt. Keiner wusste von einem Einbruch oder einem Raubüberfall in letzter Zeit. Niemand hat Gary Ray Trotter in der Nachbarschaft herumlungern gesehen. Niemand hat gestern Abend irgendwas gehört.«
»Vielleicht hat Mrs Laird ihm die Tür geöffnet und ihn ins Haus gebeten.«
»Das ist echt weit hergeholt, DeeDee.«
Nachdem sie am Ausgabefenster ihre Getränke entgegengenommen hatten, fuhr er auf die Straße zurück und blieb hinter der Stoßstange eines Vorstadtmutti-Schlachtschiffes hängen. »Was ist heute eigentlich los?«, fragte er und scherte aus. »Die Leute fahren, als läge Eis auf der
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