Warnschuss: Thriller (German Edition)
zur Rede stellen. Sie soll wissen, dass wir es wissen.« Ihre Augen wurden schmal, so als würde sie auf dem Schießstand ein Ziel anvisieren. »Vor allem will ich wissen, ob sie für seinen Selbstmord verantwortlich ist.«
13
Am Montag um kurz nach zwölf platzte DeeDee in Duncans Büro. »Ich habe eben mit ihr telefoniert. In fünf Minuten ist sie hier.«
»So schnell?«
»So schnell. Ich habe sie auf dem Handy erwischt. Sie war gerade in der Stadt und meinte, sie käme direkt her.«
Nach dem Frühstück hatten sie beschlossen, sich selbst und Elise Laird einen freien Sonntag zu gönnen. DeeDee war zum Essen zu ihren Eltern gefahren. Sie nannte es »Buße tun«.
Er war nachmittags ins Fitnessstudio gefahren und hatte dort erst trainiert und danach fünfzig Bahnen im Pool gezogen. Den Rest des Tages hatte er in seinem Haus verbracht, das, wie ihm der Mann von der Wanzenaufspürfirma versichert hatte, wanzenfrei war. Er war nur wenig erleichtert, als er das hörte.
Savich hatte die Frau also nicht geschickt, um sein Heim zu verwanzen, sondern um ihm etwas mitzuteilen: Dass er ihn kriegen konnte, wann und wo es ihm gefiel, und dass Duncan, genau wie er befürchtet hatte, nichts ahnen würde.
Er hatte ferngesehen, ein Kreuzworträtsel gelöst, Klavier gespielt. Bei all diesen Beschäftigungen brauchte man nicht unbedingt eine Waffe zu tragen. Trotzdem hatte er seine Pistole nicht abgelegt. Er hatte sie sogar ins Bett mitgenommen.
Und er hatte an Elise gedacht. Öfter, als gut für ihn war.
Als er und DeeDee an diesem Morgen aufs Revier gekommen waren, hatten sie abgesprochen, wie das Gespräch ablaufen sollte. Es würde knifflig, sie nach der Affäre mit
Coleman Greer zu befragen, ohne dabei zu verraten, dass ihr Mann ihnen davon erzählt hatte. Duncan wollte möglichst nicht den Zorn des Richters auf sich ziehen.
»Hat sie gefragt, worüber wir mit ihr sprechen wollen?«, fragte er DeeDee jetzt.
»Ich habe ihr erklärt, es gehe um ein etwas heikles Thema und dass wir ihre Privatsphäre so gut wie möglich schützen wollten.«
»Mann. Und sie hat nicht nachgefragt?«
»Nee.«
»Hat sie etwas über den Richter gesagt?«
»Nur dass sie ihn fragen würde, ob er dabei sein will.«
»Scheiße.«
»Ich habe es ihr ausgeredet, indem ich noch mal angedeutet habe, dass sie die Angelegenheit vielleicht lieber vertraulich behandeln will.«
»Wenn er je davon erfährt, wird uns das den Kopf kosten.«
DeeDee sagte: »Ich setze einfach darauf, dass sie ihm nichts erzählt. Wenn Richter Laird recht hat, hat sie nie erfahren, dass er von ihrer Affäre weiß. Warum sollte sie ihm jetzt alles gestehen?«
»Es könnte sich als das geringere Übel herausstellen. Vielleicht beichtet sie ihm die Affäre, wenn ihr eine Anklage droht.«
»Den Ehebruch gestehen, während sie gleichzeitig abstreitet, dass sie Trotter erschossen hat.«
»Keine schwere Entscheidung«, meinte er. »Vor allem, wenn dein Ehemann dir bereits vergeben hat.«
»Außerdem weiß der Süße bestens Bescheid, wenn es um Mordprozesse geht«, ergänzte DeeDee. »Er kennt die besten Strafverteidiger, und die Kosten wären kein Thema. Der Richter könnte ihr den dürren Podex retten.«
Aber würde er das wirklich tun, fragte sich Duncan.
Nicht wenn Elise mit ihrer Behauptung recht hatte, dass er sie umbringen wollte.
»Wir könnten eine Menge Fragen klären, wenn wir mit Napoli sprechen könnten«, riss ihn DeeDee aus seinen Gedanken.
»Kong sagt, er hat noch keine Spur. Sie haben noch nicht mal seinen Wagen gefunden. Kein Flugticket, kein Busticket.«
»Kein Mietvertrag für ein Boot?«
Duncan schüttelte den Kopf, weil in diesem Moment das Telefon auf seinem Schreibtisch zu summen begann.
»Vielleicht ist Napoli vor Begeisterung direkt in den Himmel aufgestiegen.«
»Das wäre mein nächster Tipp gewesen.« Er nahm den Hörer ab und bekam mitgeteilt, dass Mrs Laird eingetroffen sei und in der Eingangshalle warte. Er deckte die Sprechmuschel ab. »Wo sollen wir mit ihr sprechen? Im Vernehmungszimmer?«
»Wir sollten das Gespräch so freundlich wie möglich halten«, schlug DeeDee vor. »Wie wär’s mit deinem Büro?«
Er erklärte der Frau am Empfang, dass Detective Bowen nach unten kommen und Mrs Laird in die VCU begleiten würde. Sobald DeeDee unterwegs war, klemmte er einen dritten Stuhl in sein beengtes Büro und ertappte sich anschließend dabei, wie er das Hemd in die Hose stopfte und die Krawatte geraderückte. Was machst du da?,
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