Warte, bis du schlaefst
treffen?«
Ich wandte mich etwas ab und machte ein oder zwei Schritte zurück zum Wohnzimmer. »Heute Abend würde gehen«, sagte ich schnell, im Bewusstsein, dass Elliott und Mom mich anstarrten. Sie erinnerten mich an ein Spiel, das ich oft gespielt hatte, als ich um die zehn Jahre alt war. Wer dran war, musste die anderen an der Hand nehmen und herumschwingen, und wenn er losließ, musste man wie erstarrt in genau der Haltung verharren, in der man aufgehört hatte, sich zu drehen. Derjenige, der es am längsten aushielt, ohne auch nur die kleinste Bewegung zu machen, hatte gewonnen.
Mom blieb regungslos an der Tür stehen, die Hand noch am Türgriff, und Elliott, der Moms Handgepäcktasche in der Hand hielt, stand wie zur Salzsäule erstarrt im Flur. Ich wollte Nick schon sagen, dass ich ihn später zurückrufen würde, doch ich wollte mir auf gar keinen Fall die Chance entgehen lassen, ein Treffen mit ihm zu vereinbaren.
»Wo wirst du sein?«
»In der Wohnung in Sutton Place«, antwortete ich.
»Ich hol dich ab. Um sieben Uhr, wäre das recht?«
»Abgemacht.« Wir beendeten das Gespräch.
Mom schaute mich besorgt an. »War das etwa Nick DeMarco? Warum in Gottes Namen hat er dich denn angerufen, Carolyn?«
»Ich war es, die ihn angerufen hat, am Mittwoch.«
»Warum denn das?«, fragte Elliott in verwundertem Ton. »Du hast doch seit der Beerdigung deines Vaters keinen Kontakt mehr mit ihm gehabt, oder?«
Ich kombinierte ein paar Wahrheiten und mischte sie zu
einer Unwahrheit. »Vor Jahren bin ich ernsthaft in Nick verliebt gewesen. Vielleicht ist immer noch etwas davon übrig. Als ich ihn im Fernsehen sah, dachte ich mir, es könne nicht schaden, ihn anzurufen und ihm mein Mitgefühl auszudrücken, dass Leesey Andrews verschwunden ist, nachdem sie seinen Club verlassen hat. Ergebnis: Er hat mich zurückgerufen!«
Ich sah, dass sich die Miene meiner Mutter etwas aufhellte. »Ich habe es immer sehr schön gefunden, wenn Mack Nick zum Abendessen mitgebracht hat. Und wie ich gehört habe, ist er inzwischen sehr erfolgreich.«
»Auf jeden Fall hat er in den letzten zehn Jahren einen ziemlichen Erfolg gehabt«, pflichtete Elliott bei. »Ich erinnere mich, dass seine Eltern so ein einfaches Restaurant hatten. Aber ich muss auch sagen, ich beneide ihn nicht um den ganzen Rummel, den er jetzt am Hals hat.« Er berührte meine Mutter am Arm. »Olivia, wir müssen jetzt los. So wie es aussieht, werden wir genau in den Stoßverkehr geraten, und der Lincoln-Tunnel wird bestimmt ein Albtraum sein.«
Meine Mutter ist dafür bekannt, erst in letzter Minute aufzubrechen und fest davon auszugehen, dass sämtliche Ampeln speziell für sie auf Grün umschalten werden. In diesem Augenblick verglich ich in Gedanken Elliotts sanfte Ermahnung mit der Reaktion meines Vaters, wäre er an seiner Stelle gewesen.
»Liv, um Himmels willen, wenn wir schon mal einen Gratisflug nach Griechenland spendiert kriegen, dann wollen wir den auch nicht verpassen!«, so ähnlich hätte er sie wohl zur Eile angetrieben.
Mit einer letzten Flut von Abschiedsküssen und Ermahnungen begab sich Mom mit Elliott in den Aufzug; ihre
letzten Worte: »Ruf mich an, wenn du etwas brauchst, Carolyn«, wurden bereits von der sich schließenden Tür verschluckt.
Ich gebe zu, dass ich sehr aufgeregt war wegen dieser Verabredung mit Nick. Ich trug frisches Make-up auf, bürstete meine Haare, beschloss, sie offen zu tragen, und entschied mich in letzter Minute für einen neuen Hosenanzug von Escada, den mir meine Mutter bei einem gemeinsamen Einkaufsbummel aufgedrängt hatte. Jacke und Hose waren in einem zarten Grünton gehalten, von dem ich wusste, dass er den rötlichen Schimmer in meinen braunen Haaren gut zur Geltung brachte.
Wozu die ganze Aufregung? Weil es mir nach zehn Jahren immer noch peinlich war, dass ich so heftig in Nick verliebt gewesen war und es laut Mack alle anderen mitbekommen hatten. Ich putze mich nicht übermäßig für ihn heraus, redete ich mir ein; ich will nur sicher sein, dass ich nicht wie eine unbeholfene Teenagerin aussehe, die bei der erstbesten Gelegenheit wegen ihres Angebeteten in Ohnmacht fällt. Doch ich muss zugeben, als dann der Portier aus der Lobby anrief, um mir mitzuteilen, dass Mr. DeMarco da sei, fühlte ich mich doch für eine Nanosekunde wie die Sechzehnjährige, die so töricht gewesen war, ihre Schwärmerei offen zur Schau zu tragen.
Als ich dann die Tür öffnete und ihn erblickte, fiel mir sofort auf,
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