Warte, bis du schlaefst
neue kaufen. Soll doch ein anderer noch etwas von dem ganzen Zeug haben.«
Sie hatte seinen Vorschlag abgelehnt.
In diesen sterilen Kleidungsstücken war nichts zu erwarten. Doch ich scheute davor zurück, alles einfach in große Müllsäcke zu stopfen. Es wäre zwar bequemer gewesen, sie so zur Spendensammelstelle zu bringen, aber es wäre schade gewesen, wenn alles zerknittert worden wäre. Da fiel mir ein, dass noch zwei große Koffer von Mack, die
er auf unserer letzten Familienreise benutzt hatte, in der Abstellkammer hinter der Küche stehen mussten.
Ich holte sie und legte sie ebenfalls auf das Bett. Ich öffnete den ersten und fuhr aus alter Gewohnheit mit den Fingern durch die Seitentaschen, um zu prüfen, ob etwas darin war. Nichts. Ich legte die sauber gefalteten Anzüge, Jacketts und Hosen in den Koffer, verharrte dabei eine Weile bei dem Smoking, den Mack bei unserem letzten gemeinsamen Weihnachtsfest getragen hatte.
Der zweite Koffer war etwas kleiner. Wieder fuhr ich mit den Händen durch die Seitentaschen. Diesmal spürte ich etwas, was ich zunächst für eine Fotokamera hielt. Doch als ich es hervorholte, stellte es sich zu meiner Überraschung als Kassettenrekorder heraus. Ich hatte Mack nie mit einem solchen Gerät in der Hand gesehen. Es steckte noch eine Kassette drin, und ich drückte die Wiedergabetaste.
»Was meinen Sie, Mrs. Klein? Klingt das nicht wie Laurence Olivier oder Tom Hanks? Passen Sie auf, was Sie sagen, es wird alles auf Band aufgenommen.«
Ich hörte eine Frau lachen. »Weder noch, Mack, aber Ihre Stimme klingt gut.«
Ich war so geschockt, dass ich schnell die Stopptaste drückte. Tränen stiegen mir in die Augen. Mack. Es war, als ob er im Zimmer wäre und mit mir scherzte. Seine Stimme klang lebhaft und ausgelassen.
Diese jährlichen Anrufe an Muttertag und, als Reaktion darauf, mein ständig wachsender Groll hatten mich ganz vergessen lassen, wie Mack früher geklungen hatte, immer witzig und voller Übermut.
Ich drückte erneut auf die Wiedergabetaste.
»Gut, dann werde ich jetzt loslegen, Mrs. Klein«, sagte Mack. »Sie meinten, ich soll eine Passage von Shakespeare
nehmen? Wie wäre es hiermit?« Er räusperte sich und hob dann nach einer kurzen Pause an: »Wenn ich, zerfallen mit Geschick und Welt …«
Der Ton seiner Stimme hatte sich drastisch verändert, war plötzlich zerrissen und düster geworden.
»… Als Ausgestoßner weinend mich beklage, umsonst mein Flehn zum tauben Himmel gellt …«
Mehr war nicht auf dem Band. Ich spulte zurück und spielte es noch einmal ab. Was bedeutete das? War das eine zufällige Auswahl, oder war es bewusst ausgewählt worden, weil es zu Macks Seelenzustand passte? Wann war das aufgenommen worden? Wie lange vor seinem Verschwinden war es aufgenommen worden?
Esther Kleins Name stand in den Akten auf der Liste derjenigen, mit denen die Polizei gesprochen hatte, aber anscheinend hatte sie keinerlei weiterführende Hinweise geben können. Ich erinnerte mich vage an Dads und Moms Überraschung darüber, dass Mack nebenbei privaten Schauspielunterricht genommen hatte. Ich verstehe, warum ihnen Mack nichts davon erzählt hatte. Dad hat immer befürchtet, Mack könnte zu viel Interesse an seinen Theateraktivitäten entwickeln.
Und dann war Esther Klein nahe ihrer Wohnung an der Amsterdam Avenue einem Raubmord zum Opfer gefallen, fast ein Jahr, nachdem Mack verschwunden war. Mir kam der Gedanke, dass es vielleicht noch mehr Bänder geben könnte aus der Zeit von Esther Kleins Unterricht. Wenn dem so war, was war dann mit ihnen nach ihrem Tod geschehen?
Ich stand in Macks Zimmer, den Kassettenrekorder in der Hand, und überlegte, dass es nicht schwer sein dürfte, das herauszufinden.
Esther Kleins Sohn Aaron war ein enger Mitarbeiter von Onkel Elliott. Ich würde ihn anrufen.
Ich stopfte den Rekorder in meine Umhängetasche und packte weiter Macks Kleidung zusammen. Als ich damit fertig war, waren die Schubladen der Kommode leer, ebenso die Schränke. Mom hatte Dad in einem besonders kalten Winter erlaubt, Macks schwere Mäntel wegzugeben, als ein entsprechender Aufruf von den Wohlfahrtsorganisationen ergangen war.
Als ich gerade den zweiten Koffer schließen wollte, zögerte ich, und nahm dann die schwarze Fliege wieder heraus, die ich damals Mack umgebunden hatte, kurz bevor wir uns für das Weihnachtsfoto in diesem letzten Jahr aufgestellt hatten. Ich hielt sie in Händen und musste daran denken, wie ich ihn aufgefordert
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