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Warten auf den Monsun

Warten auf den Monsun

Titel: Warten auf den Monsun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Threes Anna
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Abgase durch Rohre in der Decke nach außen geleitet werden.
    »Ich bin der Maschinenschmierer«, sagt der Junge stolz.
    Madan betrachtet bewundernd die ratternden, puffenden halbautomatischen Apparate mit den vielen gespannten Fäden, zwischen denen Männer Schußspulen hindurchwerfen, die wie kleine Schiffchen aussehen, und aus denen an der anderen Seite eine Stoffbahn zum Vorschein kommt. So viele Maschinen, die alle in Betrieb sind, hat Madan noch nie gesehen. An einem der Webstühle wird der rot-weiß karierte Stoff gefertigt. Madan zeigt darauf, und der Junge nickt begeistert; was er sagt, geht im Getöse der Maschinen unter. Überwältigt von den Geräuschen und den Bewegungen der vielen eisernen Stangen und Röhren folgt Madan dem öltriefenden Jungen. Sie kommen an einer Wand vorbei, vor der Hunderte Garnspulen stehen, in mehr Farben, als er sich jemals hätte vorstellen können.
    In einer Ecke bleiben sie bei einer Leiter stehen, der Junge macht Madan eine Geste, daß er hinaufklettern soll. Oben drückt er eine Luke auf. Ein schwerer, würziger Geruch schlägt ihm entgegen. Madan klettert in das Loch. Der dämmerige Raum hat weder eine Tür noch Fenster. Hier klingt das Rattern und Stampfen der Maschinen viel leiser. An den Wänden sind Regale angebracht, überladen mit runden und eckigen Blechdosen, kleinen Holzkisten, Tüten und Flaschen, die mit allerlei unbekannten Dingen gefüllt sind. Der Geruch von Öl und Eisen ist hier nicht wahrzunehmen, dafür ist der Raum von einem schweren Duft erfüllt, der ihm völlig unbekannt ist. Ihm wird davon schwindlig, er muß sich hinsetzen. Ganz vorsichtig holt er Luft. Es kitzelt ihn in seiner empfindlichen Nase. Während er im Gefängnis oft versucht hat, den Atem anzuhalten, vor allem hinter dem Vorhang, macht er hier das Gegenteil. Er kann nicht genug bekommen von dem betäubenden Gefühl im Kopf und dem Kribbeln in der Nase. »He«, hört er den Jungen rufen, »komm wieder runter!« Am liebsten würde er hier noch stundenlang schnuppern, aber der Junge schlägt ungeduldig mit der Hand gegen die Leiter. Beim Hinabklettern muß er sich gut festhalten, so benebelt ist er durch die Fülle von Aromen.
    »Aber nicht dem Meister sagen, daß ich dir sein Zimmer gezeigt habe!« sagt der Junge.
    Madan schüttelt den Kopf. Wie sollte er sagen können, was er denkt?

1995
Rampur
     
     
     
    Fluchend wischte Hema das Klavierzimmer. Als der Eimer umfiel, brach er fast in Tränen aus.
    Charlotte wußte, daß sie hinuntergehen mußte, um ihn zu beruhigen und ihren Plan jetzt, wo es noch möglich war, rückgängig zu machen. Aber die Beine versagten ihr den Dienst, und als sie versuchte, das rechte Bein mit beiden Händen hochzuheben, um es neben das Bett zu setzen, war es so schwer, daß sie es nicht von der Stelle bekam. Sie war wieder in die Kissen gefallen und hatte gedankenlos zu dem Holzkästchen gegriffen, die Zigarette herausgenommen und sie angezündet. Erst als sie den Rauch inhalierte und fürchterlich husten mußte, wurde ihr bewußt, daß die Zigarette wirklich brannte. Das Rauchen der Zigarette aus dem Kästchen war bisher ein Ritual gewesen, um besser nachdenken zu können; jetzt, wo die Zigarette tatsächlich brannte, war es ihr unmöglich. Ihre Gedanken sprangen in alle Richtungen. Die Figur des Gottes mit dem Elefantenkopf anzuschauen, beruhigte sie auch nicht. Sie zog noch einmal an der Zigarette. Es war so furchtbar lange her, daß sie geraucht hatte …
    Daß die Zigarette ihr schmeckte, beunruhigte sie nicht, es war so, als gehörte das zu all den ungewohnten Dingen, die mit ihr passierten. Während jeder in ihrer Umgebung sehnsüchtig auf den Monsun wartete, der einfach nicht losbrechen wollte, sagte sie Dinge, die sie nicht sagen wollte, tat sie Dinge, die sie nicht tun wollte, und las sie Gedanken, die sie nicht kennen wollte. Und sie wußte genau, daß das alles nichts mit der extremen Hitze zu tun hatte.
     
    Madan protestierte, als Hema ihm mitteilte, er solle von nun an im Klavierzimmer arbeiten. Er befürchtete, daß die Zimmerdecke und der Fußboden zwischen ihm und Charlotte nicht dick genug war, um seine Gedanken zurückzuhalten. Je mehr er protestierte, um so entschiedener trat Hema auf und betonte, die Memsahib wolle es so und sie kenne einen Maharadscha, bei dem der Schneider mitten im Palast wohne. Hochmütig bemerkte er noch, daß er es sehr zu schätzen wisse, dort nicht der Butler zu sein.
    Madan stellte seine Nähmaschine auf den Tisch,

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