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Warum aendert sich alles

Titel: Warum aendert sich alles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Brandt
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solchen Situationen eine bessere Note zu geben.«
Eine andere Lesart
    Zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte der deutschen Germanisten e.V. wurde ein Teilnehmer aus dem Kongreß gewiesen. Er hatte die Derrida-Interpretation seiner Vorrednerin als falsch bezeichnet; die Diskussionsleiterin korrigierte ihn: Seine Vorrednerin habe eine andere Lesart als er, diese jedoch als falsch zu bezeichnen, sei eine grobe Beleidigung. Das Wort »falsch« komme schon in der Gadamerschen Hermeneutik nicht mehr vor. Da der Germanist X aus M. auf seinem Urteil beharrte und sich auch durch andere Didaktik-Kolleginnen und Kollegen nicht belehren lassen wollte, schloß man ihn bei einer Gegenstimme aus diesem und allen künftigen Germanistenkongressen aus.
Joseph Beuys’ Badewanne
    FAZ vom 17.11.2003: »Ein Erhängter ist in Budapest für ein Kunstwerk gehalten worden. Studenten der Universität der Künste, aber auch Bauarbeiter hatten die Überreste eines Mannes in einem Gartenhaus auf dem Hochschulgelände entdeckt, das nach langjähriger Schließung erstmals wieder für Renovierungsarbeiten betreten worden ist. Der Erhängte sei seit mindestens einem Jahr tot gewesen, den Studenten und Arbeitern sei allerdings erst nach längerem Betrachten des Leichnams klargeworden, daß es sich nicht um ein Kunstobjekt handelt.«
Trauer
    Â»Wieder derselbe Ernst in den Gesichtern, die Tränen, die hilflosen Gesten, wie Bitten um die Rückkehr des Toten, jeder in seiner Verzweiflung wie aus Holz geschnitzt, nach außen erstarrt und doch in einer tiefen inneren Erregung, alte andächtige Frauen und Männer in Schwarz gekleidet, Jugendliche, die zum ersten Mal wahrhaft begreifen, was das ist, der Tod, wie sie erschüttert dastehen mit offenem Mund, alle schluchzen und weinen.«
    Â»Warum sagen Sie ›wieder‹?«
    Â»Wie jetzt bei Milo Å¡ evi ć war es auch bei Stalin, noch wahrhaftiger und tiefer gefühlt, noch ergreifender, sogar in anderen Ländern, erschütterte Arbeiter in Italien, ›Il baffone è morto, il baffone è morto‹ hallte es von Ort zu Ort. Mit versteinerter Miene hielt Ernst Bloch die Totenwache in Leipzig.«
MM (Magna Moralia)
    AOK, AT, BMW, CNN, GMS, GPPh, HEA, HIS, HPP, KdU, KpV, MAN, MSW, NT, USW. Welche Tiefenstruktur der Seele und der Gesellschaft gibt diesen zusammengelöteten Buchstaben die Macht, in der Öffentlichkeit akzeptiert zu werden? Die Frage muß das Wahnsystem der Logos einschließen, denn sie finden ihre Basis offenbar in denselben verqueren Synapsen und derselben betonierten Verwaltungsmentalität wie die Buchstabengnome, unter denen sich so vertraute Werke wie das Alte Testament, das Neue Testament und die Kritik der reinen Vernunft befinden. »Prüfen Sie mich über das AT?« »Gerne, aber bereiten Sie sich auch auf Fragen aus dem NT und der KrV vor.« Gemeinsam ist beiden Verbiesterungen, daß sie sich einerseits von jeder bildlichen oder sprachlichen Anbindung abschirmen, sie stehen für sich und wollen sich keiner weiteren Bild- und Satzlogik fügen und unterordnen, etwa durch Genitivbildung und andere verbale Höflichkeiten.Aber sie wollen auch nicht verschwinden, sondern drängen sich mit psychologischer Drohhaltung in den Vordergrund, imperial wie Roms SPQR. Da man sie nicht verstehen kann, muß man sie immer schon kennen oder als Ignorant die menschliche Gesellschaft meiden. Der AOK, die AOK, Singular oder Plural, das AOK; der, die, das MSW? Die MSW natürlich, die Mannheimer Stadtwerke, Romerbe und Lokalfirma. SUN: nicht die allen von Natur vertraute Sonne, sondern das Stanford University Network.
    Das Ur- und Proto-Logo ist das Hakenkreuz. Hammer und Sichel haben in sich eine rückführbare Bedeutung; das christliche Kreuz ist ein Abbild und Erinnerungsmal, das Hakenkreuz dagegen war das verkrampfte diabolische Gegenzeichen, es bildete nichts ab und erinnerte an nichts, sondern war der pure Befehl, sich ihm ohne weitere Erkenntnis auf Gedeih und Verderb zu unterwerfen. Ähnlich das »SS«, das den Hörer anbellt. Alle Logos zehren von der pathologischen Logik des Hakenkreuzes: Sie befehlen, gekannt zu sein und jede weitere Frage zu unterlassen. Zu den verlöteten Buchstaben und den Logos kommt eine dritte Form der bellenden Zeichen: Der in eine Buchstabensequenz eingelassene oder sie abschließende Bildbuchstabe aus anderen Zeichensystemen, vielleicht

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