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Warum aendert sich alles

Titel: Warum aendert sich alles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Brandt
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taugen, zu unbeweglich, um an den Ausschweifungen der Aufsichtsräte teilzunehmen, zu gebeugt, um durch Arroganz abstoßend zu wirken; wir/sie empören uns/sich über das Moralisch-Verfehlte und genießen die Lust, nicht beteiligt und diese Perversitäten auch nie gewollt zu haben.
    Gibt es in den Redaktionen der Zeitungen einen festen Prozentsatz von Empörungsartikeln (»Und der Mörder lacht noch!«) im Angebot? Ist die Empörung überhaupt schon als Marktfaktor erfaßt und gemessen worden? Könnte man eine Empörungs-AG gründen und an die Börse gehen?
Innovativ. Bewegung
    Â»Entscheiden Sie sich für K., er ist innovativ und wird etwas in Bewegung bringen.« Die zwei Politiker des 20.Jahrhunderts, die mehr als alle anderen innovativ waren und alle Kontinente dieser Welt in eine galaktische Bewegung brachten, waren zweifellos Hitler und Stalin. »Aber so war das nicht gemeint.« »Il Movimento«: Kein Woher, Wohin, Wozu und Warum, sondern in abstrakter Befehlsform: Die Bewegung.
Familie
    Sehr verehrte Frau Kollegin,
    als Finanzminister darf ich Ihnen auch im Namen unseres Kollegen, des Wirtschaftsministers, ausdrücklich danken für Ihre energische Vertretung der Belange der Familie! Auch wir erkennen, daß die Familie die Grundlage der menschlichen Existenz und die Basis der Zukunft der Bundesrepublik Deutschland ist. Wir möchten Sie nur bitten, die Konzeption der Familie den ökonomischen Leitlinien des Standortes Deutschland anzupassen. Es kann ja unter den Bedingungen einer globalen Konkurrenz nicht ernsthaft von einer Rückkehr zur traditionellen deutschen Familie mit Familiengrab und Hausmusik die Rede sein. Der Traum, gnädige Frau, ist ausgeträumt, das müssen auch Sie merken. Wir brauchen das agile einzelne Individuum, das auf der Suche nach Arbeit auch Angebote weit außerhalb des eigenen Wohnorts annimmt, flink wie ein Jagdhund, hart wie Kruppstahl, flexibel wie der Wendehals. Damit reduziert sich jedoch das Familienleben auf wenige Wochenenden im Jahr, und die Ehe löst sich, statistisch gesehen, nach kurzer Zeit auf; auch in Schule und Universität weichen schon, wie Sie wissen, viele alte Firlefanzen dem Marktprofil. Die Familienpolitik, verehrte Frau Kollegin, hat sich nach den ökonomischen Imperativen zu richten und nicht umgekehrt. Wir bitten Sie also,weiter die traditionellen Werte der Familie hochzuhalten, jedoch nur relativ. Alles andere ist unverantwortlich.
    Mit vorzüglicher Hochachtung,
    Ihr Finanzminister
Empörend
    Sehr geehrter Herr Kollege,
    erlauben Sie, daß ich Ihnen auf diesem Weg noch einmal meine Empörung über Ihr Verhalten ausdrücke, denn in der turbulenten Sitzung am heutigen Vormittag war dies nicht möglich. Sie haben die Disputationsleistung der Kandidatin negativ bewertet, auf eine noch schlechtere Note als bei der schriftlichen Arbeit gedrängt und insgesamt dafür gesorgt, daß Frau S. die Prüfung nicht bestand. Niemand in der Kommission war in der Sachbeurteilung anderer Meinung als Sie: alles unter Niveau, aber niemand außer Ihnen hat diese weltfremde, menschenverachtende Konsequenz gezogen! Frau S. ist mit einem arbeitslosen Deutschen verheiratet, sie ist angewiesen auf die Ausübung eines Berufs, und sie hätte bei einer guten oder auch nur mäßigen Note alle Chancen dafür gehabt – Sie haben ihre bürgerliche Existenz ruiniert! Als ob es jetzt auf die i-Punkte der akademischen Richtigkeit ankäme! S. hatte wenig Zeit bei der Abfassung ihrer Dissertation und konnte sich auf die Disputation kaum vorbereiten. Wenn man sich an das Übliche hält, wie es jeder vernünftige Mensch tut und aus Verantwortung auch tun muß, dann hilft man einer Kandidatin – Sie dagegen haben ihr ein Bein gestellt! Ich vermute, daß Ihnen auch der Präsident der Universität schreiben wird, denn die finanzielle Unterstützung der gesamten Sektion bemißt sich an der Zahl der erfolgreichen Prüfungsabschlüsse. Sie müssen wissen, daß es deswegen die inoffizielle Regel gibt, niemanden mehr durchfallen zu lassen. Diese Regel ist praktisch eine Anordnung und wird als solche von allen Kolleginnen und Kollegen eingehalten, nur von Ihnen nicht! Ihretwegen wird eine Lehrstellegestrichen werden. In der Hoffnung, Ihnen nicht noch einmal zu begegnen – W. F.
    Leseranmerkung: »Manchmal ist es richtig, weil menschlich und nützlich, in

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