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Warum aendert sich alles

Titel: Warum aendert sich alles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Brandt
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ernsthaft und phantasievoll krank zu werden, vielleicht fehlt ihm die Energie zu einem neuen strategischen oder taktischen Angriff, vielleichterinnert er sich an die ursprüngliche Freundschaft, besonders wenn ich ihm mit Bewegung in frischer Luft entgegenkomme. So sind wir fast zu der anfänglichen Kumpanei zurückgekehrt. Bei kleineren Meutereien überlasse ich ihn ganz sich selbst, soll er sehen, wie er die Dinge mit dem Knie heute und der Verdauung morgen wieder in Ordnung bringt. Nichts tun, nicht eingreifen, die Krankheiten ermüden und ins Leere laufen lassen! Sie erkennen, es gibt vielerlei Gesundheiten, die sicherste ist vielleicht doch die jetzige. Aber nur bis zu einem bestimmten Punkt, wie jeder Zukunftsforscher weiß, denn eines Tages wird er mich mit einem Schlag und ohne jede Rücksicht umwerfen, der alte Verräter; und wir waren so viele Jahre zusammen.«
Endlich gefaßt
    Â»Sehen Sie hier, die Bande ist endlich gefaßt, aufhängen sollte man sie, am besten gleich. Was meinen Sie?«
    Â»Dasselbe, ich meine dasselbe, aber mit einem Aber. Mein erstes Ich reagiert wie Sie, es schiebt die Greueltaten einem freien Willen zu und tobt und will die Strafe, Auge um Auge, Zahn um Zahn. Das zweite Ich denkt ganz anders. Es ist schlicht absurd, daß jemand aus eigener Überlegung ein Verbrechen begeht und sich selbst korrumpiert. Keine Verbrecherbande ohne Erpressung; wer nicht jeden weiteren Schritt mitmacht, gefährdet sich und seine Familie, der Mitarbeiter des korrupten Bürgermeisters wird erschossen, um dem Bürgermeister selbst zu demonstrieren, daß es für ihn und seine Familie kein Zurück gibt. Das ist leicht zu dokumentieren, schwieriger dagegen ist die innere Erpressung, die die klare eigene Einsicht in den Wahn verhindert; die Verbrecherbande reproduziert sich im Inneren und unterbindet die Erkenntnis, daß die geplante Gewalttat nicht dem eigenen Interesse entspricht. Wenn eine Regel völlig sicher ist, dann diese: Niemand kann freiwillig etwas Übles wollen. So weit mein zweites Ich, ein weiteres gibt es nicht.«
    Â»Sie identifizieren sich mit diesem zweiten Ich?«
    Â»Ich denke schon, aber ich hänge auch am ersten. Vielleicht ein wenig modifiziert.«
Buchstaben
    Literatin: »Herr Buchstabenfabrikant! Können sie uns bitte helfen, unsere permanenten Streitigkeiten zu beenden! Die eine von uns findet einen Text gut und gelungen, der andere just das Gegenteil; einer sagt, alles sei wahr, die andere: fast alles, das Entscheidende sei aber gerade falsch. Die eine: völliger Unsinn, der andere spricht von postmetaphysischer Sinnstiftung. Was tun?«
    Buchstabenfabrikant: »Die Lösung ist ganz einfach: Keiner hat recht! Aber zunächst: Ich stelle nicht nur die Buchstaben zur Verfügung, sondern auch die Leerschritte. Leerschritte sind nicht nichts, sondern wirkliche Schritte, allerdings Leerschritte, sodann drittens die Satzzeichen. Und das ist alles, mehr gibt es nicht. Vergessen Sie Ihre Streitigkeiten und halten Sie sich an das, was der Fall ist. Da gibt es kein Wahr oder Falsch und kein Gut und Böse oder Schön und Häßlich, sondern pure Buchstaben, Leerzeichen und Satzzeichen, drehen und wenden Sie die Seiten, wie Sie wollen, Schwarz auf Weiß, Ihr müßt nur hinsehen, Ihr Letteraten!«
Willensfreiheit, Handlungsfreiheit
    Es gibt Menschen, die aufgrund ihres Charakters und ihrer Überzeugung auf keinen Fall gegen bestimmte sittliche Werte verstoßen – sind sie frei, es trotzdem zu tun, etwa eine andere Person zu hintergehen, um einen Vorteil zu erringen? Niemand ist frei, das zu wollen und zu tun, was für ihn ausgeschlossen ist und nicht in Frage kommt, ergo wollen und handeln besagte Personen unfrei?
Gehirn im Tank
    Â»Beim Abendtrunk wurde der Gedanke ausgeheckt, ein Menschenhirn isoliert in einen Tank zu tun und dort mit geeigneten Flüssigkeiten und elektronischen Vernetzungen zu versehen; diese sollten durch neuronale Weitergabe die Einbildung einer realen Außenwelt in Gang setzen und so das Gehirn in seinem Tank in die Überzeugung hinein elektrisieren, daß es als ganzer Mensch z. B. gerade zum Shoppen gehe. Die Überlegung wurde überraschend in die Praxis umgesetzt, seltsamerweise gab es jedoch nach einiger Zeit einen alles zerstörenden Kurzschluß: Das Gehirn begegnete zufällig seinen Umweltstiftern in ihrem Labor, durchschaute die Täuschung, zuckte im

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