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Warum aendert sich alles

Titel: Warum aendert sich alles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Brandt
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der letzte glimmernde Schein des Lichts in der äußersten Finsternis. Die Todesängste der Verzweiflung nahmen mit jedem Augenblick zu, so wie jeder Augenblick meine Entfernung von derletzten bewohnten Welt vermehrte. Ich bedachte mit unleidlicher Herzensangst, daß, wenn zehntausendmal tausend Jahre mich jenseits der Grenzen alles Erschaffenen würden weitergebracht haben, ich doch noch immerhin in den unermeßlichen Abgrund der Finsternis vorwärts schauen würde ohne Hülfe oder Hoffnung einiger Rückkehr. In dieser Betäubung streckte ich meine Hände mit solcher Heftigkeit nach Gegenständen der Wirklichkeit aus, daß ich darüber erwachte.«
    Der letzte Mensch verschwindet irgendwann aus dem Universum, vielleicht im Strahlenglanz einer Kobaltbombe. Was macht dann das Universum ohne uns? Wer nennt sein Gestern, Heute, Morgen? Wo bleibt das Mögliche, die Perspektive, die Aussicht? Wie geht es weiter mit dem Sein und dem Nichts außer ihm? Die Medien berichteten übereinstimmend, daß das Universum wie betäubt dalag und nicht ein noch aus wußte; wozu es da war und ob es überhaupt noch da war. Bis sich endlich offenbarte, daß der Tod aller Menschen doch nur ein Alptraum war, aus dem es mit dem ersten Sonnenstrahl glücklich erwachte.
Tiere vor dem Spiegel
    Schimpansen und Elefanten erkennen sich im Spiegel: »Iste ego sum«, der da bin ich selbst! Warum treten sie nicht vor den Spiegel, wenn sie am Kopf verwundet sind und die Wunde ohne Spiegel nicht sehen können? Warum sehen sie nicht in den Spiegel, bevor sie auf Brautschau gehen? Warum halten sie ihrem Rivalen keinen Spiegel vor, damit er sieht, wie häßlich er ist? Gesichert ist am Ende nur die Spiegelselbsterkenntnis indischer Tiger: Die Bevölkerung hält dem angriffslustigen Tier einen Konvexspiegel entgegen, in dem er sich in erbärmlicher Kleinheit selbst erkennt, den Mut verliert und sich umwendet; dann wird er am Schwanz gepackt und in den Zoo geführt, meistens aber getötet.
Gutachten
    Lieber Professor B.,
    vielen Dank für Ihre Zusage, mir ein Gutachten für die Universität Stanford zu schreiben! Da ich Ihre alteuropäischen Gewohnheiten und Vorlieben kenne, erlaube ich mir, Sie noch auf eine amerikanische Sitte hinzuweisen. Wenn Sie ehrlich über mich urteilen, können Sie sich Mühe und Papier sparen, das käme einem negativen Gutachten gleich und würde mir entsprechend schaden. Entschuldigen Sie bitte, daß ich es Ihnen so offen schreibe: Sie müssen mich als den besten Studenten Ihrer gesamten Hochschulkarriere darstellen, Sie müssen meine säkularen Einwände in Ihren Seminarsitzungen (bitte erklären!) loben, Sie müssen schreiben, daß das Thema Ihrer Vorlesung erst durch meine Einwürfe überhaupt klar und deutlich (bitte nicht clare et distincte ) wurde, Sie müssen schreiben, daß die Professoren aus den Nachbaruniversitäten in Ihre Veranstaltungen kamen, um meine Anmerkungen am Ende der Stunde zu hören, und wie ich alle Anwesenden durch Witz (bitte spirit , nicht wit ) und Kenntnis (einfach tremendous knowledge ) beeindruckte. Solche Angaben lassen sich praktisch nicht nachprüfen und helfen natürlich bei der Bewerbung.
    Ãœbrigens: in Kürze wird jedes Gutachten in Deutschland genau so sein müssen, und im Internet wird die aktuelle Version der jeweiligen Gutachten kostenlos abzurufen sein, sortiert nach Provinz- und Exzellenzuniversitäten. Aber da Sie mir schrieben, daß Sie mir helfen wollen, wäre ich für ein Gutachten in diesem Sinn dankbar.
    Mit freundlichen Grüßen
    U.K.
    Â 
    Lieber U. K.,
    natürlich schreibe ich Ihnen das gewünschte Gutachten, hier ist glaube ich ein blinder Fleck im kategorischen Imperativ; ich werde also munter vor mich hinphantasieren. Kennen Sie die Erinnerungen von Victor Klemperer? Er schreibt überdie Funktion des Superlativs im totalitären Regime und meint, Republiken würden den permanenten Superlativ meiden. Irrtum; ohne die dauernde Intervention des Superlativs würden die Märkte zusammenbrechen und die Kultur der Gutachten. Warum schreiben Sie darüber keine Dissertation? Ihr R.B.
Fraktur und Transport
    Sehr geehrter Herr S.,
    vielen Dank für Ihr Angebot! Ich bin damit einverstanden, das frischt unsere Schulkasse ein wenig auf. Sie fragen, warum Sie die Bücher unbedingt an einem Wochenende abholen sollen, zumal es schwer ist,

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