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Warum das Leben schneller vergeht, wenn man älter wird-Von den Rätseln unserer Erinnerung

Warum das Leben schneller vergeht, wenn man älter wird-Von den Rätseln unserer Erinnerung

Titel: Warum das Leben schneller vergeht, wenn man älter wird-Von den Rätseln unserer Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douwe Draaisma
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Algorithmus ist auf immerwährenden Kalendern zu finden. Es wäre denkbar, daß Kalenderrechner derartige Algorithmen vor Augen gehabt oder sie selbst abgeleitet und sich ihrer im Anschluß daran bedient haben.
    Es gibt etliche Ergebnisse, die gegen diese Rechenhypothese sprechen. Kalenderrechner sind im Durchschnitt ausgesprochen armselige Rechner. Sie können kaum Zahlen unter zehn aufzählen; multiplizieren oder dividieren ist schon gar nicht drin. Ebensowenig können sie sich bestehende Algorithmen für Kalender zu eigen machen: sie verstehen noch nicht einmal die Anleitung dazu. Gegen die Rechenhypothese spricht auch, daß viele Kalenderrechner Fragen beantworten können, für die keine Algorithmen bekannt sind, wie »Bei welchen Monaten zwischen 1960 und 1970 fällt der erste Tag auf einen Sonntag?« Aber wenn die Erklärung weder ein überlegenes Gedächtnis noch eine extreme Rechenfähigkeit ist, wie machen sie es dann? Die britischen Psychologen Michael Howe und Julia Smith haben eine Hypothese vorgeschlagen, die den Ansatz einer Erklärung bietet. Sie entnahmen diese Hypothese einer Fallstudie über den Kalenderrechner Dave, zu diesem Zeitpunkt 14 Jahre alt.
    Dave ist ein Schwachbegabter Junge mit einem IQ von ungefähr 50. Zeichnen kann er gut, aber seine Lesefähigkeit ist auf dem Stand eines sechs- oder siebenjährigen Kindes. In den 14 Sitzungen der Analyse hat er kaum ein paar Worte gesprochen. Er zeigt die klassischen Anzeichen von Autismus: er plappert wie ein Papagei, ist scheu und zurückgezogen. Er bezeichnet sich selbst als Dave und nicht als >ich<. Die Fragen der Wissenschaftler scheinen ihn für einen Moment aus seiner Welt zu ziehen und wenn er geantwortet hat, zieht er sich auch wieder dahin zurück. Dieser schweigsame Junge konnte alle Tages- und Datumsfragen über den Zeitraum 1900-2060 nahezu fehlerfrei beantworten. Damit war die Strategie der Ankertage ausgeschlossen. Das Jahr 1900 war eine scharfe Grenze: auf Fragen, die sich auf die Zeit davor bezogen, gab es lediglich Zufallstreffer. Für die Zukunft gab es eine viel allmählichere Abnahme der richtigen Antworten. Der Grund dafür mag darin liegen, daß 1900 eine Ausnahme von der Regel darstellt, daß nur Jahre, die durch vier teilbar sind, auch Schaltjahre sind (und 2000 nicht). Auffallend oft lagen jedoch die Antworten aus dem Zeitraum vor 1900 nur um einen Tag falsch.
    Das könnte darauf hinweisen, daß Dave vor allem rechnete. Howe und Smith haben daher erst seine Rechenkapazitäten überprüft. Einzelne Rechenaufgaben wie 1973 minus 1908 konnte er nicht lösen. Aber wenn sie fragten: »Ich bin 1908 geboren, wie alt bin ich dann im Jahre 1973?«, folgte die Antwort innerhalb weniger Sekunden. Dasselbe galt für die Frage: »Wenn ich 1841 geboren wäre, wie alt wäre ich dann im Jahre 2302?« Das ist ein Muster, das öfter gefunden wird: >kahle< Rechenaufgaben sind unlösbar, während viel kompliziertere Aufgaben, die in die Begriffe verpackt sind, in denen der Savant denkt, sehr wohl zu lösen sind. Daß Dave von den bekannten Verfahren für das Ausrechnen von Daten und Tagen keinen Gebrauch machte, wurde klar, als er eine Frage wie »In welchen Jahren fällt der 9. Oktober auf einen Mittwoch?« fehlerfrei beantwortete, obwohl dafür keine Rechenverfahren veröffentlicht sind.
    Im Laufe der Untersuchung bekamen Howe und Smith den Eindruck, daß Dave seine Informationen über Kalender in visuellen oder räumlichen Vorstellungen gespeichert hatte, die er aus seinem Gedächtnis aufrufen konnte. In der Schule zeichnete er nur Kalender. Zwei gemurmelte Bemerkungen ließen vermuten, daß er eine innere visuelle Vorstellung zu Rate zog: »Ja, das steht in der obersten Zeile ...« und »Donnerstag, ist immer schwarz ...« Damit verwiese Dave offensichtlich auf einen Küchenkalender, den er als Kind gesehen hatte. Obwohl Tests für visuelles Gedächtnis zeigten, daß er nicht über ein eidetisches Gedächtnis verfügte ^fotografisches Gedächtnis<), schien er doch in der Lage, mit diesem einen Küchenkalender als Grundlage selbst imaginäre Kalender für andere Jahre zu erstellen und diese >abzulesen<.
    Howe und Smith haben ihre Fragen auf diese Hypothese abgestimmt. Eine Frage wie »Welcher Monat des Jahres 1957 beginnt mit einem Freitag?« ist für jemanden, der die Antwort berechnen muß, viel schwieriger zu beantworten als für jemanden, der die relevante Antwort als visuelle Vorstellung gespeichert hat. Dave gab ohne Zögern die

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