Warum französische Kinder keine Nervensägen sind: Erziehungsgeheimnisse aus Paris (German Edition)
Lebensgefährten zu sprechen als meine französischen.
»Ich koche vor Wut, dass er sich in vielen Bereichen gar nicht erst schlaumacht«, schreibt meine Freundin Anya in einer E-Mail über ihren Mann. »Er hat eine Meckerziege aus mir gemacht, und wenn ich erst mal sauer bin, kann ich mich schwer wieder beruhigen.« 51
Amerikanische Freundinnen – ja sogar bloße Bekannte – nehmen mich bei Dinner Partys regelmäßig beiseite, um sich über ihre Männer auszukotzen. Ganze Mittagessen gehen mit solchen Beschwerden drauf. Die Frauen ärgern sich, dass es ohne sie keine sauberen Handtücher, keine lebenden Pflanzen oder keine zusammenpassenden Socken geben würde.
Simon bekommt wenigstens jede Menge Fleißpunkte. Er nimmt Bean eines Samstags brav mit in die Stadt, um Fotos zu machen, die für einen amerikanischen Pass geeignet sind. Aber natürlich kommt er mit Bildern zurück, auf denen Bean aussieht wie eine fünfjährige Psychopathin an einem Bad-Hair-Day.
Seit die Jungen auf der Welt sind, finde ich Simons Unzulänglichkeiten weniger charmant. Ich finde es nicht mehr hinreißend mysteriös, dass bei all seinen Uhren die Sekundenzeiger kaputtgehen, und auch nicht, dass er unsere teuren Zeitschriften in der Dusche liest. An manchen Vormittagen scheint der Weiterbestand unserer Ehe nur noch davon abzuhängen, ob er den Orangensaft schüttelt, bevor er ihn einschenkt.
Aus irgendeinem Grund streiten wir hauptsächlich übers Essen. (Ich hänge einen »Simon nicht anschnauzen!«-Zettel in die Küche.) Er lässt seine geliebten Käse uneingewickelt im Kühlschrank liegen, wo sie schnell austrocknen. Als die Jungen etwas älter sind, bekommt Simon einen Anruf, während er ihnen die Zähne putzt. Ich übernehme das Zähneputzen, nur um festzustellen, dass Leo noch eine getrocknete Aprikose im Mund hat. Als ich mich deswegen beschwere, sagt Simon, er fühle sich »ohnmächtig« wegen meiner »komplizierten Regeln«.
Treffe ich mich mit meinen angloamerikanischen Freundinnen, ist es nur eine Frage der Zeit, bis solche Dinge zur Sprache kommen. Bei einem Abendessen in Paris stellen drei von sechs Frauen am Tisch fest, dass ihre Männer sich immer für eine längere Sitzung auf die Toilette zurückziehen, wenn es Zeit wird, die Kinder ins Bett zu bringen. Sie beklagen sich derart heftig, dass ich mir ins Gedächtnis rufen muss, wie glücklich verheiratet sie sind. Es ist schließlich nicht so, dass sie alle kurz vor der Scheidung stehen.
Treffe ich mich mit Französinnen, höre ich solche Klagen nie. Bohre ich nach, geben sie zu, ihre Männer manchmal zu mehr Hausarbeit zwingen zu müssen. Die meisten sagen, sie hätten das Gefühl, der ganze Haushalt laste nur auf ihren Schultern, während ihre Männer auf dem Sofa liegen.
Aber irgendwie führt dieses Ungleichgewicht in Frankreich nicht dazu, dass beide Ehepartner das, was sie tun, ständig gegeneinander aufrechnen. Französinnen sind es zweifellos auch oft leid, Mutter, Ehefrau und Arbeitskraft gleichzeitig zu sein. Aber sie werfen das ihrem Partner nicht reflexartig vor, zumindest nicht mit derselben Gehässigkeit wie Amerikanerinnen.
Vielleicht sind Französinnen auch einfach nur diskreter. Aber selbst Mütter, die ich gut kenne, scheinen nicht an der Überzeugung zu ersticken, dass sie eigentlich etwas Besseres verdient haben. Ihre Unzufriedenheit hört sich einfach nur an wie ganz normale Unzufriedenheit. Egal, wie tief ich bohre, ich kann keine Wut bei ihnen entdecken.
Bestimmt auch deswegen, weil Französinnen nicht finden, dass Männer und Frauen gleich sein sollen. Sie betrachten Männer als eine fremde Spezies, die von Natur aus schlecht darin ist, Babysitter zu buchen, Tischdecken zu kaufen oder sich Kinderarzttermine zu merken. »Ich glaube, Französinnen akzeptieren die Geschlechterunterschiede eher«, so Debra Ollivier, Autorin von What French Women Know .
Erwähnen die Französinnen aus meinem Bekanntenkreis Schwächen ihrer Partner, dann nur, damit man darüber lacht, wie bewundernswert unfähig Männer sind. »Sie können es einfach nicht, wir sind besser!«, witzelt Virginie, während ihre Freundinnen kichern. Eine andere Mutter bekommt einen Lachanfall, als sie beschreibt, wie ihr Mann ihrer gemeinsamen Tochter die Haare föhnt, ohne sie vorher durchzukämmen, sodass die Kleine eine Frisur hat wie Boxpromotor Don King, als sie zur Schule geht.
Diese humorvolle, entspannte Haltung setzt eine positive Kettenreaktion in Gang. Französinnen reiten
Weitere Kostenlose Bücher