Warum gibt es alles und nicht nichts? - Precht, R: Warum gibt es alles und nicht nichts?
gerne schlechte oder böse Menschen sein wollen. Aber warum eigentlich nicht?
= Warum stören Spiegel beim Klauen?
Am Plötzensee
Warum stören Spiegel beim Klauen?
Oskar geht leidenschaftlich gerne schwimmen. Und Berlin hat viele schöne Freibäder. Überall in der Umgebung gibt es malerische Seen, in denen man baden kann. Wenn wir nicht so weit rausfahren wollen, gehen Oskar und ich meist ins Freibad am Plötzensee. Der See selbst ist in der Eiszeit entstanden. Und schon im 19 . Jahrhundert gab es hier ein Schwimmbad.
Das heutige Freibad stammt aus den 1920 er Jahren. Schnell tummelten sich die Arbeiterfamilien mit ihren vielen Kindern an dem angeschütteten Sandstrand und im grünen Wasser. Die alten Gebäude sind noch heute erhalten. Wenn man zwischen den runden Klinkerhäusern und Pavillons mit ihren Erkern und Kegeldächern steht, fühlt man sich sofort in eine frühere Zeit versetzt.
Schwimmt man auf die andere Seite des Sees, landet man auf einer großen abgestuften Terrasse. Und dahinter befindet sich zwischen großen dunklen Bäumen – ein alter Friedhof! Eigentlich ist das schon ein bisschen unheimlich. Auch ein altes Gefängnis liegt in der Nähe des Sees. Und eine Gedenkstätte für Menschen, die hier in der Hitlerzeit ermordet wurden. Aber eine solche Mischung ist sehr typisch für Berlin. Das Traurige und das Lustige liegen hier so dicht beieinander wie in keiner anderen deutschen Stadt.
Bevor es zum Strand geht, kommt man an ein türkis gestrichenes Eingangshäuschen. Hier kauft man die Eintrittskarten. Aber heute, mitten in der Woche und bei etwas wolkigem Wetter, ist niemand da. Kein Kontrolleur weit und breit in Sicht.
Eine Zeitlang rätseln Oskar und ich, ob der Kartenverkäufer wohl nur mal kurz weg ist. Oder ob heute gar keiner da ist, weil kaum Badegäste erwartet werden.
Als auch nach ein paar Minuten noch keiner gekommen ist, überlegen wir, was wir tun sollen.
Was meinst du, Oskar? Wollen wir einfach durchgehen zum See?
Ohne zu bezahlen, Papa?
Ist ja keiner da, bei dem wir bezahlen können. Vielleicht ist der aufs Klo gegangen?
Wir können trotzdem nicht einfach durchgehen.
Warum nicht?
Das wäre dann gemein, Papa.
Wieso? Gegen wen ist das gemein?
Na, gegen den Bademeister und gegen die, denen das Bad gehört.
Gegen die Stadt Berlin, meinst du? Die merkt das doch gar nicht.
Trotzdem.
Und wenn in einer Viertelstunde immer noch keiner kommt? Was machen wir dann?
Keine Ahnung, Papa.
Wir könnten unser Eintrittsgeld ja hier irgendwo an dem Häuschen deponieren …
Nee. Und wenn das jemand klaut?
Warum macht dir das eigentlich so viel aus, wenn wir hier einfach durchgehen. Kein Mensch sieht das, und keiner erwischt uns.
Weil das für einen selbst ein mieses Gefühl ist, einfach durchzugehen, ohne Eintritt zu bezahlen.
Da ist es also wieder. Dieses miese Gefühl, wenn man etwas tut, was nicht in Ordnung ist …?
Ja, genau, Papa.
Nach einer Viertelstunde überrede ich Oskar, dass wir trotzdem zum See gehen. Wir verabreden, dass wir laut rufen, wenn wir den Bademeister sehen, und ihm erklären, dass wir noch Eintrittskarten brauchen. Kurz darauf sind wir im Wasser und schwimmen zwischen Plötzen und Karpfen auf die andere Seite. Noch einmal spreche ich dabei Oskar auf unser Gespräch am Kassenhäuschen an. Mir fällt dazu nämlich eine Untersuchung ein, die einmal in Amerika gemacht wurde …
Deutsche Kinder dürfen zu Sankt Martin an Haustüren und in Geschäften betteln gehen. Sie tragen Laternen bei sich und singen Lieder, damit sie Bonbons als Belohnung bekommen. Die Kinder in Amerika kennen keinen Sankt Martin. Aber sie tun etwas ganz Ähnliches wie die deutschen Kinder, indem sie zu Halloween betteln.
Vor einiger Zeit fingen zwei Forscher an, sich für die Kinder zu interessieren. Die Frage, die sie sich stellten, war alles andere als schmeichelhaft für die Kinder. Nicht das Betteln war für sie interessant. Vielmehr wollten sie wissen: Unter welchen Bedingungen klauen Kinder Bonbons? Und wann lassen sie es lieber bleiben?
Die beobachteten Kinder zogen arglos von einem fremden Haus zum anderen und fragten nach Bonbons. Aber die Bewohner der Häuser in der amerikanischen Kleinstadt waren eingeweiht in einen Plan. Die Forscher hatten die Hausfrauen gebeten, den Kindern nicht einfach ein paar Bonbons zu geben. Sie sollten sie stattdessen in Versuchung führen zu klauen!
Wenn die bettelnde Schar vor die Häuser trat, begrüßten die Frauen die Kinder. Doch statt ihnen etwas zu
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