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Warum gibt es alles und nicht nichts? - Precht, R: Warum gibt es alles und nicht nichts?

Warum gibt es alles und nicht nichts? - Precht, R: Warum gibt es alles und nicht nichts?

Titel: Warum gibt es alles und nicht nichts? - Precht, R: Warum gibt es alles und nicht nichts? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard David Precht
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Bundesrepublik und der DDR . Wo hättest du lieber gelebt? Da, wo alle das Gleiche verdienen für ihre Arbeit? Oder aber in einem Land, wo du mehr kriegst, wenn du mehr leistest?
Ist doch cool, einfach ’nen Beruf machen, Geld bekommen und glücklich sein. Ich faulenze lieber. Das ist besser als zu arbeiten und trotzdem nicht viel zu verdienen.
Aber die, die mehr arbeiten, sind dann ziemlich unzufrieden.
(Oskar überlegt) Das stimmt.
Aber das größte Problem war doch, dass der Staat sehr streng und misstrauisch gegenüber seinen Bürgern war. Er hat sie beobachtet und ausspioniert. Viele Leute fanden das gar nicht gut. Außerdem waren viele, die in der Bundesrepublik lebten, reicher. Und es gab viel mehr schöne Dinge zu kaufen. Und im Urlaub konnte man in viele Länder fahren, nach Spanien, Italien, Österreich. Das konnten die Menschen in der DDR nicht.
Wollten alle weg aus der DDR , Papa?
Nicht alle. Aber viele. Vor allem vielen Jugendlichen war die DDR zu langweilig.
Eigentlich waren das doch zwei ganz verschiedene Länder?
Ja, und auch verfeindet. Es gab immer die Angst, dass es zum Krieg kommt zwischen den USA und der Sowjetunion. Dann hätten die Menschen in der DDR und in der Bundesrepublik aufeinander geschossen. Kannst du dir denn vorstellen, warum man da rauswollte aus der DDR ?
Klar! Auf der anderen Seite bekommst du mehr Geld, ’nen besseren Job und konntest fleißiger sein und wurdest mehr belohnt.
Würde dir das was ausmachen, irgendwo zu leben mit einer Mauer, wo du nicht rüberkannst?
(Oskar überlegt) Wär ganz schön doof.
Stell dir vor, wenn rund um Köln eine Mauer wäre, und du könntest nicht mehr zu Oma und Opa?
Das wäre ein trauriges Gefühl.
Meinst du, die DDR hatte das Recht, die Mauer zu bauen? Weil sie gesagt hat: Wir sind das gerechtere Deutschland, bei uns kriegt jeder das Gleiche. Und deshalb dürfen wir auch eine Mauer bauen, damit das erhalten bleibt …
Eher nicht, Papa. So ’ne Mauer dürfte es nicht geben. Keine zwei Länder.
Was ist für dich Freiheit, Oskar?
Dürfen, was man will. Und selber entscheiden, wo man hingeht.
Also, Freiheit ist: » Selber entscheiden dürfen«? Das klingt gut. Aber reicht das? Würdest du, zum Beispiel, lieber in einem armen Land leben, in dem du alles darfst? Oder in einem reichen Land, wo vieles verboten ist?
(Oskar überlegt sehr lange). Ich glaube, lieber in einem reichen Land. Aber, Papa, am allerliebsten in einem reichen Land, wo man alles machen darf.
Freiheit ist also nicht mehr so viel wert, wenn man arm ist und deshalb mit seiner Freiheit gar nicht so viel anfangen kann. Damit man seine Freiheit wirklich leben kann, müssen also noch viele andere Bedingungen erfüllt sein. Zum Beispiel ein gewisser Wohlstand. Aber mir fällt auch noch etwas Zweites ein. Du sagst: » Ein Land, wo man alles machen darf.« Meinst du das ernst? Grenzenlose Freiheit, wo alle alles machen dürfen – findest du das gut?
Nein, Papa. Regeln muss es schon geben.
Ja, was meinst du wohl, was passiert, wenn es keine gibt und alle ganz frei tun und lassen dürfen, was sie wollen?
Dann werden Menschen getötet. Dann steht vielleicht ein Mann mit ’nem Messer morgens vor der Haustür. Weil, wenn der einen tötet, passiert dem ja nichts.
Freiheit macht also nur Sinn in Verbindung mit einer hohen Sicherheit.
(Oskar singt) : » Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein …«
Über den Wolken? Da hat man ja nun die allerwenigste Freiheit. Da ist man abhängig davon, dass das Flugzeug funktioniert und nicht abstürzt. Und die Luft ist so dünn, dass sie nicht genug Sauerstoff enthält. Und es ist lausig kalt da oben … Auch daran merkst du, Oskar: Freiheit ist etwas, das immer von Sicherheit abhängig ist. Beides gehört zusammen. Über den Wolken und auch zwischen den Menschen. Es gibt eigentlich sogar zwei verschiedene Freiheiten. Die eine Freiheit ist: etwas zu dürfen.
In den Wald gehen und spielen. Oder Fußball spielen oder im Zimmer Lego spielen …
Genau. Und die andere Freiheit ist: in Ruhe gelassen zu werden.
Keine Hausaufgaben.
Ja, oder keine brutalen Strafen für harmlose Dinge. Oder dass sich der Staat nicht überall einmischt.
    Damit wird es Zeit für unsere nächste Einsicht:
    Zu wissen, dass man vieles darf, macht Menschen glücklich. Aber die Freiheit, etwas zu dürfen, wird eingeschränkt durch die Freiheit der anderen, die ja auch etwas dürfen. Wo die Freiheit des anderen anfängt, hört meine Freiheit auf. So gibt es Freiheit immer nur

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