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Warum Liebe Weh Tut

Warum Liebe Weh Tut

Titel: Warum Liebe Weh Tut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Illouz
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und länger dauert, sich für einen Partner zu entscheiden; die zunehmende Verflüssigung und Verfeinerung der Geschmäcker in einer Vielzahl von   – sexuellen, körperlichen und kulturellen – Bereichen; die immer erkenntnishaftere und individuellere Bewertung anderer; sowie den Umstand, daß das Bewußtsein der eigenen Chancen, stets eine noch bessere Wahl treffen zu können, strukturell in die Beziehungen Einzug gehalten hat. Alle diese Aspekte haben den Prozeß der Partnersuche transformiert, indem sie ihn – auf rationaler wie auf emotionaler Ebene – erkenntnisförmiger gemacht und in eine größere Abhängigkeit vom individuellen Geschmack gebracht haben. Im Herzen der modernen Liebe spielt sich mithin ein neuer Bewertungsprozeß ab: Das Selbst stützt sich auf ontologisierte, das heißt auf erkennbare und feststehende Gefühle, die als Richtschnur des Handelns verstanden werden. Es nimmt komplexe und ausgefeilte Beurteilungen von Personen nach diversen Skalen vor. Diese Entwicklungen schaffen die Bedingungen für die Transformation der Natur des Begehrens und des Willens: dafür also, wie Menschen Versprechen machen, wie sie über die Zukunft denken, auf ihre eigene Vergangenheit zurückgreifen, um Entscheidungen zu treffen, wie sie Risi 432 ken betrachten und einschätzen sowie ganz grundsätzlich darüber nachdenken, wie sie einander lieben wollen sollten.
    Die Entstehung sexueller Felder : Sexuelle Felder sind gesellschaftliche Arenen, in denen die Sexualität zu einer autonomen Dimension der Paarbildung, zu einem hochgradig kommerzialisierten Teil des sozialen Lebens und zu einem autonomen Bewertungskriterium wird. Sexuelle Felder implizieren, daß die auf ihnen tätigen Akteure unablässig andere bewerten, daß sie um ihre Konkurrenzsituation mit vielen anderen wissen und wissen, daß sie andere unter diesen Konkurrenzbedingungen bewerten. Noch nie zuvor in der Geschichte sind sich Männer und Frauen verschiedener sozialer Schichten, Religionen und Ethnien wie auf einem freien, ungeregelten Markt begegnet, auf dem Merkmale – wie Schönheit, Sexyness, soziale Schicht – rational und instrumentell eingeschätzt und getauscht werden. Daß die Eheschließung ein Markt ist, ist keine natürliche, sondern eine historische Tatsache, die sich der Transformation der Ökologie der Wahl verdankt. Solchen Heiratsmärkten gehen sexuelle Felder voraus, mit denen sie stets koexistieren. Beide Arenen können sich überschneiden, wobei sich ihre jeweiligen Logiken auch gegenseitig in die Quere kommen können. Auf einem sexuellen Feld konkurrieren die Akteure miteinander (1) um die sexuell begehrenswertesten Partner, (2) darum, möglichst viele Partner zu sammeln, sowie (3) darum, die eigene sexuelle Attraktivität und Leistungsfähigkeit zur Schau zu stellen. Heiratsmärkte schließen diese Dimensionen der Konkurrenz in der Paarbildung ein, umfassen jedoch auch noch andere wie sozioökonomischen Status, Persönlichkeit und kulturelle Kompetenz. Auf einem Heiratsmarkt wird aufgrund von Kriterien wie ökonomischem Status, physischer Attraktivität, Bildung und Einkommen sowie aufgrund weniger greifbarer Merkmale wie Persönlichkeit, »Sexyness« oder »Charme« ausgewählt. Weil sexuelle Felder jedoch Heiratsmärkten zeitlich vor 433 ausgehen, können sie störend auf diese einwirken, indem sie dazu führen, daß Männer und Frauen länger auf ihnen verweilen wollen oder ihnen sogar den Vorzug vor Heiratsmärkten geben. Ein sexuelles Feld wird per se von Männern beherrscht, insofern diese sich länger auf ihm tummeln und auf eine größere Auswahl von Frauen zurückgreifen können. Diese größeren Auswahlmöglichkeiten führen dazu, daß Männer – vor allem solche der oberen Mittelschicht – das sexuelle Feld dominieren, wobei sich ihre Vorherrschaft in ihrer größeren Zurückhaltung manifestiert, langfristige Bindungen einzugehen. Eine solche Dynamik der sexuellen Felder und die neue Ökologie und Architektur der Wahl schaffen die Bedingungen für eine emotionale Beherrschung von Frauen durch Männer, denen sie im wesentlichen aus drei Gründen zu einem Vorteil verholfen haben: Der gesellschaftliche Status von Männern hängt heute wesentlich stärker von ihrem ökonomischen Erfolg ab als davon, Familie und Kinder zu haben; Männer sind nicht biologisch und kulturell durch die Fortpflanzung bestimmt, so daß sich ihre Suche über einen wesentlich längeren Zeitraum erstrecken kann; und schließlich setzen

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