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Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)

Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition)

Titel: Warum Mathematik glücklich macht: 151 verblüffende Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Hesse
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verhält es sich, wenn man fortlaufend, an einer Stelle beginnend, den Rand einfärbt.
    Von hier aus kann man noch einen Schritt weitergehen. Hat man das Möbius-Band aus transparenter Folie hergestellt und darauf nebeneinander die beiden Buchstaben p und q platziert, so kann man zum Beispiel das p einmal längs des Bandes verschieben, bis es wieder neben dem q erscheint. Man stellt dann überraschenderweise fest, dass das p in sein Spiegelbild übergegangen ist und man nun zwei q vor sich hat. Das Möbius-Band ist also nicht orientierbar in dem Sinne, wie wir eine Ebene orientierbar genannt haben: Es gibt keine Unterscheidung zwischen links und rechts in der Möbius-Welt. Nach jeder Runde auf dem Band nimmt man alles jeweils gespiegelt wahr, wie zum Beispiel auch diese Ameisen in M. C. Eschers Holzschnitt Moebius Strip II aus dem Jahr 1963 ( Abb. 29 ).
    Bei Kant gibt es das Ding an sich, Hegel spricht vom Ding überhaupt. In diese illustre Gesellschaft möchten wir gern aufgenommen werden mit dem hier angesprochenen Ding und wie man es dreht: dem Möbius-Band.

    Abbildung 29: Moebius Strip II von M. C. Escher (1963), Ameisen auf einem Möbius-Band
32. Schach auf dem Möbius-Band
    In dieser Miniatur setzen wir ein Möbius-Band mit einer Breite von 4 Felderreihen als Schachbrett ein. Einige Figuren stehen auf dem Band und bilden ein komponiertes Schachproblem. Es ist eine Stellungsarchitektur, die aus lauter möbial verstreuten Fragmenten besteht. Alle Figuren sind sichtbar, es gibt keine weiteren Figuren auf den nichtsichtbaren Teilen des Bandes. Auch auf einem solchen Brett kann man Schachspielen und Schachaufgaben lösen. Die hier gestellte Aufgabe ist ein so genannter Zweizüger und lautet wie folgt:
    Abbildung 30 Weiß
zieht und setzt in 2 Zügen matt

    Abbildung 30: Schachproblem auf einem Möbius-Schachbrett
    Die wegen ihrer Geometrie elegante Lösung wird allein von den weißen Schwerfiguren getragen. Um sie darzustellen, spreche ich vom oberen, linken und rechten Streifen, obwohl sie alle Teil desselben Bandes sind. Der erste Zug von Weiß geschieht mit der Dame. Die weiße Dame zieht nach rechts, landet auf der Rückseite des rechten Streifens (zweite Reihe von oben), dann auf der Vorderseite des linken Streifens (zweite Reihe von unten), dann auf der Rückseite des oberen Streifens (zweite Reihe von unten), dann auf der Vorderseite des rechten Streifens (zweite Reihe von unten) und schlägt schließlich den beim schwarzen König stehenden Springer. Damit gibt sie dem schwarzen König Schach. Der König kann die Dame nicht schlagen, da diese von einem weißen Springer gedeckt ist. Auch der schwarze Läufer kann die weiße Dame nicht schlagen, da er von dem weißen Turm auf dem linken Streifen gefesselt ist. Der schwarze König muss also ausweichen und den Springer schlagen. Dann zieht der weiße Turm auf dem oberen Streifen nach links über die Rückseite des linken Streifens (untere Reihe) und die Vorderseite des rechten Streifens (obere Reihe), bis er dort die schwarze Dame schlägt und Matt gibt.
    Eine hübsche und aufgrund ihrer Originalität erfrischende Komposition.
33. Mathematische Knotentheorie
    Mit der Mathematik-Brille kann man in alle Bereiche des Lebens hineinschauen und dort bemerkenswerte Dinge entdecken. Selbst so etwas vermeintlich Unmathematisches wie ein Knoten lässt sich wunderbar mathematisieren.
Die Aufgabe ist nicht zu sehen, was noch nie jemand gesehen hat, sondern über dasjenige, was jeder schon gesehen hat, zu denken, was noch nie jemand gedacht hat.
Erwin Schrödinger
    Man könnte an dieser Stelle auf mancherlei erstaunliche Resultate der Knotentheorie hinweisen und auf deren Ausstrahlung in verschiedene Gebiete, zum Beispiel auf die String-Theorie in der Physik. Erwähnt sein soll hier aber nur ein einziger, wenngleich entzückender Satz der mathematischen Knotentheorie:
    Knoten kürzen sich nicht weg!
    Werden zwei beliebige Knoten in einen Faden geknüpft und die Enden des Fadens zusammengefügt, kann der Faden nicht entknotet werden.
    Vor diesem Hintergrund sei zum Abschluss dieser Micro-Miniatur die folgende Frage gestellt: Kann man ein auf dem Tisch liegendes gerades Stück Seil mit je einer Hand an je einem Seilende aufnehmen und dann allein durch Arm- und Körperbewegungen, ohne die Seilenden loszulassen, einen Knoten im Seil erzeugen? Nimmt man die Seilenden in der herkömmlichen Weise auf, so dass sie mit den Armen und dem Körper einen geschlossenen Ring bilden,

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