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Warum so scheu, MyLady

Warum so scheu, MyLady

Titel: Warum so scheu, MyLady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Elizabeth Cree
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entschuldigen? Ich bin sehr müde.”
    “Erst musst du mir erklären, was das alles bedeutet.”
    Seufzend rieb sie ihre pochenden Schläfen. Sie kannte ihren starrsinnigen Bruder und wusste, er würde nicht lockerlassen. “Wenn du’s unbedingt wissen musst – gestern Abend wurden wir in einer verfänglichen Situation ertappt. Ich ging in den Garten, weil ich ein paar Minuten allein sein wollte. Da sah ich, dass die Nadel meiner Brosche eine Rüsche an meinem Kleid zerrissen hatte. In diesem Augenblick kam Lord Huntington zu mir. Er wollte mir helfen, den Schaden zu beheben. Dabei wurden wir von Lord und Lady Henslowe beobachtet. Wenn wir nicht heiraten, ist mein Ruf ruiniert.”
    Wütend ballte Nicholas die Hände. “Ich werde ihn zum Duell fordern.”
    “Nein! Bitte, Nicholas! Es war nicht
seine
Schuld. Noch einen Skandal würde ich nicht ertragen.”
    “Wahrscheinlich hat er dich mit voller Absicht kompromittiert.”
    “Ganz sicher nicht. Der Riss war schon entstanden, bevor er mir in den Garten folgte. Ich hatte den Ballsaal bereits vor einiger Zeit verlassen, und er wollte sich nur vergewissern, dass mir nichts zugestoßen war.” Da sie das ungestüme Temperament ihres Bruders kannte, beschloss sie, nicht zu erwähnen, welche Rolle Blanton gespielt hatte.
    “Warum sollte er sich um ein Mitglied unserer Familie sorgen?”
    “Das weiß ich nicht.”
    “Ich auch nicht!”, stieß Nicholas hervor. “Aber wenn er dir irgendwas zu Leide tut, muss er sich vor
mir
verantworten.”

5. KAPITEL
    D ie Beine gekreuzt, saß Sarah am Ufer des Sees im Gras, betrachtete ihre Skizze und runzelte die Stirn. So sehr sie sich auch bemühte – ihr Bleistift brachte jene weichen Linien nicht zu Stande, die sie benötigte, um die friedliche Szenerie einzufangen. Stattdessen erweckten harte Striche und Kanten den Eindruck, die schönen Schwäne würden sich zu einem kriegerischen Angriff formieren.
    Ungeduldig warf sie den Stift beiseite und starrte ins Wasser. Sie hatte immer so gern an dem kleinen See hinter Monteville House gesessen. Aber an diesem Tag konnte sie das idyllische Fleckchen Erde nicht genießen, weil sie Nicholas grollte, der beim Dinner so arrogant aufgetreten war, und Huntington, der ihn mit der Bekanntgabe der Verlobung provoziert hatte. Seufzend schlang sie die Arme um ihre angezogenen Knie. So früh wie möglich hatte sie das Haus verlassen – lange bevor die anderen aufstehen würden. Sie wollte niemandem begegnen, am allerwenigsten ihrem Bruder. Bedrückt erinnerte sie sich an das nächtliche Gespräch.
    Hatte er recht? Wollte Huntington sie nur heiraten, um sich an ihrer Familie zu rächen? Würde sie sich mit dieser Ehe Nicholas’ Feindschaft einhandeln? Sie hatte ihren charmanten, manchmal etwas leichtsinnigen Bruder stets geliebt, aber seinen Entschluss, mit der Frau eines anderen durchzubrennen, niemals akzeptiert. Ohne die näheren Umstände zu kennen, versucht sie ihm zu verzeihen, seit Mary in einem abgeschiedenen Gasthaus in Yorkshire gestorben war. Ihr Tod hatte ihn in tiefste Verzweiflung gestürzt.
    Niemals hätte sie erwartet, ihr zynischer Bruder könnte sich so leidenschaftlich verlieben – oder Mary, die unantastbare, kühle schwarzhaarige Schönheit, würde seine Gefühle mit gleicher Glut erwidern. Bereitwillig hatte sie den Wunsch ihrer Eltern erfüllt, Devon St. Clair geheiratet und Sarah erklärt, eine Vernunftehe würde ihr zusagen, denn die Liebe würde einen nur unglücklich machen. Sarah hatte damals heftig protestiert, aber ihre Argumente wurden als alberne Flausen einer hoffnungslosen Romantikerin abgetan.
    Und dann lernte Sarah den attraktiven, charmanten Verlobten ihrer Freundin kennen und fragte sich, ob er Marys distanzierte Haltung dulden würde. Letzten Endes war es nicht St. Clair, sondern ihr Bruder, der Marys Leidenschaft weckte. Hätte Sarah sie nicht ins Meadow Cottage eingeladen, würde Mary noch leben.
    Sie erschauerte, als ein kühler Windstoß ihren Arm streifte. Erst jetzt sah sie die grauen Wolken, die sich über ihrem Kopf zusammenballten. Widerstrebend sammelte sie ihre Bleistifte ein und erhob sich.
    “Miss Chandler!”
    Bestürzt drehte sie sich um und hätte beinahe ihren Skizzenblock fallen lassen. Cedric Blanton stand hinter ihr. Trotz des hellen Tageslichts empfand sie kalte Angst. “Was machen Sie hier?”
    “Ich möchte mit Ihnen reden.”
    “Lieber nicht …” Hastig wandte sie sich ab und eilte den Kiesweg hinauf.
    Aber er blieb an

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