Warum so scheu, MyLady
dagegen unternehmen?”
“Nichts. Alles soll so bleiben, wie’s ist – das wünsche ich mir ebenso wie Devon.”
“Daran zweifle ich. Ein Mann, der einer Frau eine Katze mitbringt, obwohl er diese Tiere nicht ausstehen kann, muss bis über beide Ohren verliebt sein.”
“Hör endlich auf, Amelia!”, fauchte Sarah. Dann seufzte sie. “Tut mir leid, aber ich würde gern über etwas anderes reden.”
“Also gut, wenn ihr euch weiterhin in eurem Unglück vergraben wollt … Natürlich würde ich dir viel lieber helfen, Devon zur Vernunft zu bringen.”
“Nein! Niemals würde ich mich ihm an den Hals werfen.”
“Da gibt es subtilere Methoden. Und es ist sehr amüsant, den eigenen Ehemann zu verführen.”
Sarah starrte ihre Kusine an. “Hast du das schon einmal getan?” So intime Fragen hatte sie ihr noch nie gestellt, aber die glühenden Blicke, die Amelia und John manchmal wechselten – oder die Ungeduld, mit der er die Schlafzimmertür hinter sich zu schließen pflegte. In solchen Momenten war sie neugierig, verlegen und neidisch zugleich gewesen.
“O ja!” Amelias Augen funkelten. “Das macht wirklich Spaß, und es verleiht mir ein Machtgefühl, das ich in vollen Zügen genieße.”
“Amelia!” Doch Sarah war nicht halb so schockiert, wie es sich geziemen würde. Wäre es reizvoll, diese Macht auf Devon auszuüben, heiße Leidenschaft in seinen Augen zu lesen statt kühlen Sarkasmus? Bei diesem Gedanken wurde sie von einer seltsamen süßen Schwäche erfasst. Aber selbst wenn sie sich dazu durchringen könnte, ihm Avancen zu machen, würde er sie vermutlich zurückweisen. “Damit hätte ich keinen Erfolg.”
“Das würdest du erst wissen, wenn du’s versuchst. Solltest du dich dazu entschließen, gib mir Bescheid.”
Sarah wurde feuerrot und stand auf. “Gehen wir ins Haus …”
Im Salon trafen sie Lady Coleridge und Jessica an, die miteinander Tee tranken. Devons Patentante stand auf, begrüßte Amelia warmherzig und ergriff Sarahs Hand. “Heute sehen Sie viel besser aus, meine Liebe. Endlich haben Sie etwas Farbe in die Wangen bekommen. Setzen Sie sich, dann will ich Ihnen von meinem Plan erzählen.” Die beiden Kusinen nahmen in Lehnstühlen Platz, und Lady Coleridge sank wieder auf das Sofa. Lächelnd wandte sie sich zu Amelia. “Ich wollte eine Party für Sarah geben, um sie mit den Nachbarn bekannt zu machen. Wegen ihres Unfalls mussten wir natürlich darauf verzichten. Aber wir veranstalten jedes Jahr einen Mittsommernachtsball, und ich dachte, diesmal könnte er zu Sarahs Ehren stattfinden. Gerade sprach ich mit Jessica darüber, und sie ist einverstanden.”
“O ja”, stimmte Jessica enthusiastisch zu, “eine wunderbare Idee!”
Lady Coleridge nippte an ihrer zierlichen Porzellantasse und stellte sie auf die Untertasse zurück. “Die Einladungen habe ich schon verschickt. Soeben sind mein Sohn und meine Schwiegertochter aus Schottland zurückgekehrt, und Jane hat sich bereit erklärt, Sarah als Ehrengast vorzustellen.”
“Wie nett, aber – so ein Ball macht doch schrecklich viel Arbeit”, stammelte Sarah verlegen.
“Keineswegs. Da wir den Mittsommernachtsball jedes Jahr geben, sind die Vorbereitungen reine Routine. In vierzehn Tages ist es so weit. Bis dahin müsste Ihr Handgelenk so gut wie verheilt sein, Sarah.”
“Nun, ich …”
“Bitte – ich würde es so gern für Sie tun.” Plötzlich wirkte Lady Coleridge traurig und verletzlich. Da konnte Sarah nicht mehr Nein sagen.
“Also gut, ich fühle mich sehr geehrt.”
Lady Coleridge räusperte sich. “Dürfte ich ein paar Minuten allein mit Sarah sprechen?”
“Natürlich”, antwortete Jessica. “Inzwischen schaue ich mir mit Amelia die letzte Ausgabe der ‘Belle Assemblée’ an. Mrs. Remington kann die neueste Mode großartig kopieren. Und sie wird liebend gern ein Ballkleid für die Marchioness of Huntington nähen.”
“Was für eine gute Idee!”, meinte Amelia und folgte Jessica aus dem Zimmer.
Lady Coleridge trank ihre Teetasse leer und klopfte einladend neben sich auf das Sofa. “Setzen Sie sich zu mir, meine Liebe.” Nachdem Sarah diesen Wunsch erfüllt hatte, fragte die ältere Frau: “Und wie verstehen Sie sich mit Devon?”
“Gut”, erwiderte Sarah und lächelte gezwungen.
“Tatsächlich? Das bezweifle ich. Offensichtlich empfindet er sehr viel für Sie. Aber er weiß nicht, was er mit seinen Gefühlen anfangen soll. Und Sie, meine Liebe, bekämpfen mit aller Macht
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