Warum so scheu, MyLady
offensichtlich nicht hier, um mit mir über Mode zu diskutieren. Was bedrückt dich?”
Nervös schlang Sarah ihre Finger ineinander. “Ich dachte … Vielleicht würdest du …”
“So peinlich kann dein Anliegen doch gar nicht sein, liebe Sarah. Worum geht’s denn?”
“Neulich hast du mir deine Hilfe angeboten …”, Sarah holte tief Luft. “Ich … ich will meinen Mann verführen.”
“Wird auch langsam Zeit!”, seufzte Amelia erleichtert.
Prüfend schaute Sarah in den Spiegel. Das lachsrosa Kleid, das Amelia ihr geliehen hatte, ließ ihre elfenbeinweiße Haut schimmern. Im tiefen Ausschnitt zeigte sich der sanft gewölbte Busenansatz, und der Seidenstoff schmiegte sich nach ihrem Geschmack etwas zu eng an die Rundungen. Amelia war größer als sie und üppiger gebaut. Gemeinsam mit der geschickten Zofe Liza hatte sie das Kleid geändert, sodass es ihrer schlankeren Kusine passte, und sie aufgefordert, das Oberteil mit Taschentüchern auszustopfen.
“Sehr hübsch”, meinte Amelia, trat hinter Sarah und spähte ihr über die Schulter. “Du siehst hinreißend aus. Jetzt noch der Schmuck – dann können wir gehen.” Sie legte Sarah eine Goldkette mit einem Diamantanhänger um den Hals und ließ den Verschluss zuschnappen. Aufreizend lag das kleine Juwel zwischen den Brüsten. “Perfekt!”, lobte Amelia. “Dadurch wird der Blick des Betrachters auf eine besonders interessante Stelle gelenkt.”
“Oh, ich weiß gar nicht, ob ich das wirklich will”, erwiderte Sarah. Allein schon der Gedanke, alle anwesenden Männer würden auf ihr Dekollete starren, zerrte an ihren Nerven.
“Natürlich willst du’s. Devon soll alle deine Reize zur Kenntnis nehmen. Nicht dass sie ihm bisher entgangen wären … Aber du möchtest ihn doch ermutigen, etwas mehr zu tun, als nur hinzuschauen.”
“Amelia!”, rief Sarah schockiert, und ihre Kusine hob die Brauen.
“Hast du mir nicht gestanden, du würdest ihn gern verführen?”
“Ja, aber …” Errötend dachte Sarah an Devons Hand, die eine ihrer Brüste umfasst und ein heißes Prickeln in ihrem ganzen Körper bewirkt hatte. Sie ergriff ihren Fächer. Wie üblich kauerte Merlin auf dem Toilettentisch, und sie kraulte seine Lieblingsstelle unter dem Kinn. “Hoffentlich ist mir klar, was ich tue”, flüsterte sie ihm zu, und er schloss desinteressiert die Augen.
Devons Blick schweifte über den Tisch hinweg zu seiner Frau, die zwischen Lord Mobley und Lord Bentwood saß, einem alternden Dandy. Während des ganzen Dinners hatten die beiden um Sarahs Aufmerksamkeit gewetteifert, und wie Mobleys glasige Augen im feuerroten sommersprossigen Gesicht verrieten, war er unsterblich verliebt.
Wütend biss Devon die Zähne zusammen. Am liebsten hätte er sein Weinglas quer durchs Zimmer geschleudert. Was zum Teufel bildete sie sich eigentlich ein? Hatte sie beschlossen, auf dieser Party alle männlichen Gäste außer Blanton zu erobern? Sie lächelte und flirtete mit einer spielerischen Finesse, die er ihr niemals zugetraut hätte. Auch ihm hatte sie auf der Fahrt nach Harrowood mehrmals ein zauberhaftes Lächeln geschenkt, ihre Hand auf seinen Arm gelegt und einmal wie zufällig sein Bein berührt. Fast wäre er zusammengezuckt.
Noch schlimmer – sie trug ein Kleid, das in seinem Herzen den Wunsch weckte, sie einfach zu packen, aus dem Speisezimmer zu zerren und zu zwingen, irgendetwas Hochgeschlossenes anzuziehen. Und beim Anblick des Diamanten zwischen ihren Brüsten wollte er das funkelnde Juwel am liebsten durch seinen Mund ersetzen. Da Lord Bentwood unentwegt in ihren Ausschnitt starrte, schienen ihn ähnliche Gedanken zu beschäftigen. Am liebsten hätte Devon den Kerl zusammengeschlagen.
Als sie aufsah, begegnete sie seinem Blick. Langsam verzogen sich ihre Lippen zu einem verlockenden Lächeln, und er schaute hastig weg. Zu seiner Erleichterung erhob sich Lady Filby und bat die Damen in den Salon. Wenigstens würde sich Sarah für eine kleine Weile von all den lüsternen Gentlemen entfernen.
Sarah saß in Lady Filbys Salon und versuchte die Männer zu ignorieren, die gerade eintraten. Angelegentlich hörte sie der Gastgeberin und Mrs. Kenton zu, die das für den nächsten Tag geplante Picknick erörterten. Mit diesem Verhalten missachtete sie Amelias Anweisungen. Aber nach diesem Dinner gelangte sie endgültig zu der Überzeugung, sie würde Devons Interesse niemals erregen.
Um die Anordnungen ihrer Kusine zu befolgen, hatte sie pflichtschuldig
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