Warum so scheu, MyLady
Sarahs Arm. Sobald sie außer Hörweite waren, wisperte sie: “Vielen Dank! Ich wusste nicht, wie ich ihm entrinnen sollte. Diesen Mann kann ich einfach nicht ausstehen. Vielleicht bin ich unvernünftig.”
“Keineswegs – Mr. Blanton ist kein besonders angenehmer Zeitgenosse”, erklärte Sarah und hoffte, Caroline würde nicht fragen, wie sie zu dieser Ansicht gelangt war. Plante er etwa, Charles’ Schwester zu umwerben? Das würde sie dem armen Mädchen nicht wünschen. Seufzend betete sie, der grässliche Abend würde bald ein Ende nehmen.
19. KAPITEL
W arm und sonnig brach der nächste Tag an, gerade richtig für ein Picknick. Aber darauf freute sich Sarah kein bisschen. In dieser Nacht hatte sie schlecht geschlafen, und sie wollte möglichst wenig Zeit in der Nähe ihres Ehemanns verbringen.
Zu ihrer Erleichterung ließ er sich nicht blicken, als sie neben Amelia im Landauer Platz nahm.
Mitfühlend musterte Amelia ihre Kusine. “Du schaust so unglücklich drein. Glaub mir, bald wird sich alles zum Guten wenden.”
“Nur wenn ich nie wieder mit ihm rede!”, fauchte Sarah. In allen Einzelheiten hatte sie ihr die Katastrophe des vergangenen Abends geschildert. Amelias Behauptung, Devon würde eine verheißungsvolle Eifersucht zeigen, vermochte Sarah nicht zu trösten.
Amelia wollte sie beruhigen. Aber dann stockte ihr Atem. “Ich fürchte, darauf darfst du nicht hoffen. Da kommt er.”
Entschlossen bekämpfte Sarah den Impuls, den Kopf einzuziehen, starrte vor sich hin und ignorierte Devon, der neben ihr stehen blieb.
“Guten Morgen, Amelia”, grüßte er.
“Guten Morgen, Devon”, antwortete sie freundlich. “Willst du dich zu uns gesellen?”
“Sehr gern.” Sarah spürte seinen forschenden Blick. “Wenn meine Frau einverstanden ist …”
Ohne ihn anzuschauen, murmelte sie: “Selbstverständlich kannst du tun und lassen, was du willst, Devon.”
“Darf ich das? Dann hast du vielleicht nichts dagegen, wenn ich neben dir Platz nehme.”
“Doch, ich habe etwas dagegen.”
“Setz dich doch zu mir, Devon”, schlug Amelia mit einem schelmischen Lächeln vor.
Sarah warf ihrer Kusine einen vernichtenden Blick zu, der nicht beachtet wurde.
“Mit Vergnügen”, erwiderte Devon, stieg in den Wagen und sank an Amelias Seite in die Polsterung. Zu Sarahs Kummer saß er ihr direkt gegenüber. Hastig rutschte sie zum anderen Fenster. Der Gefahr, mit ihren Knien Devons lange Beine zu berühren, wollte sie sich nicht ausliefern.
Adam und Jessica kamen zur Kutsche geritten.
Verwundert wandte sich Jessica zu ihrem Bruder. “Reitest du nicht?”
“Nein, heute ziehe ich ausnahmsweise eine Wagenfahrt vor.” Bei diesen Worten schaute er Sarah an, die trotz ihrer Absicht, gleichgültig zu erscheinen, puterrot wurde.
“Was für eine großartige Idee!”, meinte Jessica belustigt.
Nun erklang ein lautes Miauen. Graziös sprang Merlin neben Sarah auf den Sitz und rollte sich zusammen, die Pfoten unter dem Kinn.
“Ah, Sarahs Aufpasser”, bemerkte Adam. “Nehmt ihr ihn zum Picknick mit, oder würde er weglaufen?”
“Sicher nicht”, entgegnete Sarah. “Und wenn er das Weite sucht, holen wir ihn zurück.”
“Oder wir stecken ihn in einen Picknickkorb”, ergänzte Devon.
Sie schaute ihm frostig in die Augen und vergaß ihren Entschluss, ihn keines Blickes zu würdigen. Als er grinste, wuchs ihr Zorn.
Dann gab er dem Fahrer ein Zeichen, und der Mann spornte das Gespann an. Jessica und Adam ritten neben der Kutsche her. Unverwandt starrte Sarah die Landschaft an, die an ihr vorbeizog, obwohl sie wusste, wie kindisch sie sich benahm. Doch die Kränkung vom letzten Abend tat immer noch weh. Wieso Devon so gut gelaunt wirkte und warum er sie unentwegt beobachtete, verstand sie nicht.
Als sie den alten Turm erreichten, besserte sich ihre Stimmung nicht. Die Bewohner von Kentwood waren bereits eingetroffen. Bereitwillig ließ sich Amelia von Devon aus dem Wagen helfen. Aber Sarah verschmähte seine ausgestreckte Hand. “Danke, ich kann allein aussteigen.”
“Woran ich nicht zweifle. Trotzdem wäre ich dir gern behilflich.”
“Nein, das will ich nicht.”
“Dann bleibe ich hier stehen, bis du dich anders besinnst.”
“Bitte, Devon, wir machen uns lächerlich.” Verlegen schaute sie sich um, doch die anderen schenkten ihnen keine Beachtung. Amelia war zu Mrs. Kenton hinübergegangen und unterhielt sich mit ihr. “Außerdem würde ich ohnehin lieber im Wagen sitzen, damit Merlin
Weitere Kostenlose Bücher