Warum Tee im Flugzeug nicht schmeckt und Wolken nicht vom Himmel fallen: Eine Flugreise in die Welt des Wissens (German Edition)
sozusagen an den eigenen Haaren nach oben. Aber das funktioniert nur bei der spezifischen Geschwindigkeit des Lichts. Bei einer anderen Geschwindigkeit kann Licht nicht existieren.
Einstein erkannte also, dass das Licht verschwinden müsste, wenn es seine Geschwindigkeit verändern würde, weil wir uns in Relation zu ihm bewegen. Sobald sich Ihre Maschine mit Lichtgeschwindigkeit in Bewegung setzte, würde das Licht draußen zusammenbrechen. Jeder, der nicht absolut unbewegt verharrt (in Bezug auf was?), könnte nichts mehr sehen, weil sich alles Licht um ihn herum zersetzen würde. Das ist aber lächerlich – denn es geschieht schlichtweg nicht. Also hatte Einstein die verwegene Idee, dass Licht sich immer mit derselben Geschwindigkeit bewegt, egal, mit welcher Geschwindigkeit Sie sich im Verhältnis zum Licht bewegen. Wenn Sie mit 890 km/h in Richtung Sonne fliegen, wird das Licht nicht um 890 km/h schneller, sondern kommt mit derselben Geschwindigkeit zu Ihnen wie zu der Maschine am Boden.
Als Einstein das in Newtons Gleichungen einsetzte, die Bewegung erklären, bekam er einen Schock. Um die Lichtgeschwindigkeit als unveränderlich zu fixieren, musste er ein paar andere Vorstellungen aufgeben, die jedermann für unveränderlich hielt. Wenn sich ein Objekt bewegt, so Einsteins neue Theorie, wird es schwerer, kleiner und die Zeit läuft langsamer ab für es. Dieser Effekt ist äußerst gering, solange man nicht annährend mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs ist, aber die Konsequenzen sind ungeheuer – wie wir gesehen haben, würden GPS-Satelliten ohne eine entsprechende Korrektur nicht funktionieren.
Flüge als Jungbrunnen
Einstein bezeichnete sein Denkgebäude als »spezielle Relativitätstheorie«, weil es hier um den speziellen Fall von Relativität bei Dingen geht, die sich konstant bewegen, ohne zu beschleunigen. Die merkwürdigste Folgerung seiner Theorie ist das sogenannte Zwillingsparadox. Nimmt man ein Zwillingspaar und schickt einen Zwilling mit annähernder Lichtgeschwindigkeit in einem Raumschiff durch das Weltall, während der andere auf der Erde bleibt, wird die Zeit für den Zwilling im Raumschiff langsamer ablaufen. Wenn dieser Zwilling zurück auf die Erde kommt, ist er jünger als der andere Zwilling. Das ist keine subjektive Erfahrung wie die mit dem heißen Ofen – das ist eine reale Verlangsamung der Zeit. Das Experiment wurde zwar nicht mit menschlichen Zwillingen, aber mit identischen Atomuhren durchgeführt. Die Uhr, die auf der Reise war, hatte eine verlangsamte Zeit verzeichnet.
Da dies alle Reisen, egal bei welcher Geschwindigkeit, betrifft, werden Sie ein kleines bisschen jünger sein, wenn Sie von Ihrer Flugreise zurückkommen, als sie es wären, wenn Sie zu Hause geblieben wären. Wenn Sie einen Zwilling hätten, wären Sie dann eine winzige Kleinigkeit jünger als dieser. Bei Geschwindigkeiten wie der von Flugzeugen ist der Effekt allerdings absolut minimal. Um einen sichtbaren Effekt zu erzielen, müssten Sie sich der Lichtgeschwindigkeit ein Gutteil annähern. Aber bei einem bescheidenen Flugzeug wären Sie selbst nach 40 Jahren mit wöchentlichen Atlantiküberquerungen nur eine Tausendstelsekunde jünger. Nichts, was, wie ich zugeben muss, die Hersteller von Antifaltencremes sonderlich beunruhigen dürfte.
Eine schöne Tasse Tee
Wir begannen unsere Erkundung der Relativität mit einem Getränk. Kommen wir nun zu einem anderen Getränk, das Ihnen vielleicht an Bord serviert wird und von dem Sie ein wenig enttäuscht sein könnten. Ich meine hier nicht, weil Sie es aus einer Plastiktasse trinken müssen. Es handelt sich um die schöne Tasse Tee. Teeliebhaber ziehen es vor, wenn ihr Tee mit kochendem Wasser gebrüht wird – was Wasser mit 100 °C bedeutet. Das kann im Flugzeug nicht geschehen. Das liegt nicht daran, dass die Flugbegleiter kein Interesse haben, einen ordentlichen Tee zu kochen, sondern weil es unmöglich ist, an Bord eines Flugzeugs Wasser auf 100 °C zu erhitzen.
Schuld daran ist der Luftdruck. Bedenken Sie, was passiert, wenn eine Flüssigkeit wie Wasser kocht: Die Moleküle in der Flüssigkeit bewegen sich so schnell, dass sie in die Luft entweichen können. Gäbe es keine Luft, könnten sie bei jeder Geschwindigkeit entweichen – würden Sie Wasser mit ins Vakuum des Weltalls nehmen, würde es trotz der ungeheuren Kälte kochen. Normalerweise hindert der Luftdruck die meisten Wassermoleküle am Entweichen. Stellen Sie sich die Luft als
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