Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was am See geschah

Was am See geschah

Titel: Was am See geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
Vom Netzwerk:
Buch schreiben wie dieser George?«
    Er steckte sich schnell einen Kaugummi in den Mund, damit er etwas zu tun hatte und nicht in dieses Lachen ausbrach, das sich schon drohend ankündigte. Bunny war sich nicht mal sicher, wie sie ihren Namen buchstabieren sollte; manchmal schrieb sie ihn mit y, dann wieder mit ie. Sie war nur zwei Jahre jünger als Sam, und er erinnerte sich jetzt, wie damals in der High-School von La Porte über Bunny gekichert wurde, weil sie ihren eigenen Namen nicht buchstabieren konnte.
    »Tja, Bunny«, hatte er gesagt, während er zwei Schubladen öffnete und wieder schloß, »warum versuchst du’s nicht mal? Die Sache ist einfach die, daß wir ein bißchen auf deine Nerven aufpassen müssen. Okay?«
    In diesen Gesprächen wurde nie erwähnt, daß Bluttests bei drohenden Nervenzusammenbrüchen natürlich nicht angezeigt waren. Es hatte bisher keinen Aids-Fall in der Gegend gegeben, und Sam machte sich keine großen Sorgen, daß die Männer von La Porte Aids hatten, aber nur der Himmel wußte, wen Hubert aus irgendwelchen unbekannten Welten hereinschleppte. Und Sam wollte kein Risiko eingehen.
    Das Buchstabieren ihres Namens mochte früher einmal problematisch für Bunny gewesen sein, aber sie war auch nicht so schwer von Begriff, daß sie nicht wußte, was Sam sonnenklar war: Ihr Körper wurde nicht als ein leeres Gefäß benutzt, durch das Hubert, der Prinz von Liechtenstein, mit den Stimmen der Toten sprach. Daher wußte sie auch, daß Sam ihre Einladungen, ihn mit seinen lieben Verstorbenen in Verbindung zu bringen, immer ausschlagen würde. Doch die rituellen Besuche auf der Polizeistation wirkten bei Bunny irgendwie therapeutisch, wie eine Beichte - so als sei Sam der Priester und sie die anonyme Büßerin, durch Hubert und die Kristallkugel unmittelbaren Blicken entzogen. Sowohl Priester als auch Büßerin wußten natürlich, wer ihr Gegenüber war (wußten die das nicht immer in der Kirche?), aber dieses Spiel, das die beiden inszenierten, ersparte Bunny klare Stellungnahmen - weder mußte sie welche von Sam hören noch selber welche abgeben.
    Die Phantasie wurde von beiden gehegt und gepflegt. Das Gesundheitsattest, das sie in einem kleinen braunen Umschlag über seinen Schreibtisch schob, hätte so etwas wie die fünfzig Cents für falsches Parken sein können.
    Und das Gerede der Leute ignorierte Sam. Mabel Sims und ihre Bridge-Weiber amüsierten sich höchstwahrscheinlich köstlich, wenn sie an ihrem Tisch hockten und sich über das Treiben in der alten Hütte am Swain’s Point unterhielten. Wenn Mabel (und Helen Haines) gewußt hätten, mit wem Bunny es da trieb, hätten sie wohl einen anderen Ton angeschlagen. Wie die Dinge lagen, verfolgten die pfennigfarbenen Augen der Gattinnen von Bürgermeister Sims und Dodge Haines Bunny auf Schritt und Tritt von Tremont bis zur First Street, ehe sie dann in Cooper’s Drugstore gingen, um ihre Strohhalme zu strangulieren und sich im hohen Spiegel hinter der Theke auszutauschen. Das Sims-Kontingent bezeichnete Bunny als »lockeren Vogel«.
    Darüber mußte Sam sogar lächeln, als er hier draußen im Dunkeln saß und seine dritte Zigarette in einem Aschenbecher ausdrückte, der nicht mehr zuging; er mußte lächeln, wenn er daran dachte, daß einige der Leute aus La Porte immer noch irgendwo in den Fünfzigern hängengeblieben waren, sich Wiederholungen der Serie »Vater ist der Beste« ansahen und überrascht waren, wenn sie hörten, daß Liberace schon so viele Jahre tot war.
    Sam jedenfalls fand, daß Bunny Caruso La Porte sehr viel weniger schadete als das Red Barn, wo man sich nicht so sicher sein konnte, was sich in den Glaszuckerdöschen befand, wie ihm sein Hilfssheriff Donny erzählt hatte. Ob er nicht doch einen Durchsuchungsbefehl anfordern sollte? Sie hatten Darryl Dubois zweimal wegen Besitz von Crack und Angel Dust vorgeladen. Es war ihm gelungen, den Stoff irgendwo zwischen Theke und Ausgang des Red Barn loszuwerden.
    Bubby Dubois war sich mit den Fingern durch seine Baiserwolke von Haar gefahren und hatte gesagt, daß Sam DeGheyn ihm wohl was anhängen wolle, und dann noch mit seinem vieldeutigen Blick hinzugefügt: »Und wir wissen ja auch warum, nicht wahr?«
    Bunny mit ihrer Gesundheitsbescheinigung dealte mit Phantasien, nicht mit Kokain oder Crack.
    Und jeder braucht doch irgendeine Phantasie, um durchs Leben zu kommen, verdammt noch mal, dachte sich Sam.
    »Lockerer Vogel.« - Helen Haines hatte die gleichen Worte für

Weitere Kostenlose Bücher