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Was am See geschah

Was am See geschah

Titel: Was am See geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Tisch im Besuchszimmer gesessen hatte, hatte er über seine Mutter gesprochen. Mom. Mom war wunderbar. Mom war Alexis Beauchamp Chalmers. Mom kam aus dem Süden, aus Charleston, und Sam sollte sie wirklich mal kennenlernen, sie sei wunderschön.
    Falls es irgend jemanden gab, den Boy Chalmers umbringen wollte, dann war das Mom. Vermutete Sam.
    Boy und Loreen: tja, sie hatten sich also im Oasis gestritten, und er war wütend weggegangen. Ja, er wußte, daß es jede Menge Zeugen für den Streit gab. Er war so gegen zehn gegangen, und Loreen war ihm wutschnaubend gefolgt.
    »Scheiße, Mann, die war vielleicht sauer. Man hat sie nicht sitzenzulassen, findet Loreen. Scheiße, schäkert sie da mit diesem Wichser an der Bar rum. Was soll ich denn da machen? Einfach zugucken? Sie kennen Loreen nicht.«
    Nach Aussage des Sheriffs war Loreen erst kurz bevor geschlossen wurde, gegangen, also gegen eins. Sam fragte sich, warum der Junge drei Stunden draußen rumstehen und auf sie warten sollte, wenn doch diese Streitigkeiten (einigen Zeugen zufolge) für die Gäste des Oasis an der Tagesordnung waren, wenn auch dieser Streit besonders laut verlaufen war. Eigentlich hatten sie beide nur gebrüllt, Chalmers hatte mit rotem Gesicht die Tür hinter sich zugeknallt, und Loreen Butts war ihm auf den Parkplatz nachgerannt. Warum hätte Boy zurückkommen sollen, um noch drei Stunden da herumzulungern? Wenn er die Frau umbringen wollte, warum nicht gleich an Ort und Stelle, in der Hitze des Gefechts? Und so ein »Wichser an der Bar«, der der Freundin Avancen macht, schien kein überzeugendes Motiv für einen Mord. Außer, sie tat einem das immer und immer wieder an und man war seit langem der leidende Ehemann. Vielleicht würde man dann vor sich hinbrüten, im Wald herumwandern, grübeln und schmoren und mit einem Messer zurückkehren. Aber Boy? Eine lockere Verabredung und ein paar Drinks in einer Kneipe? Nein, das war einfach nicht schlüssig.
    Daß der Ehemann ein Alibi besaß, beschäftigte Sam viel mehr, als daß Boy keins hatte. Carl Butts war mit seinem Sattelschlepper fast hundert Meilen weit weg gewesen, hatte auf einem Lkw-Parkplatz vor Meridian übernachtet. Niemand, so hatte Sam eingewandt, sei die ganze Nacht wachgeblieben, um nachzuschauen, ob Butts wirklich wie ein Baby schlief, während seine Frau Loreen bei Hebrides vergewaltigt und mit dem Messer verstümmelt wurde. Hältst du uns für Idioten? fragte der Sheriff von Elton County. Meinst du, wir wissen nicht, daß der Täter meist aus der Verwandtschaft kommt? Glaubst du, wir haben den Meilenstand nicht überprüft? Meinst du vielleicht, wir -?
    Ehemänner, da hatte Sam ihnen zugestimmt, legen im allgemeinen keinen Wert darauf, ihre Frauen zu vergewaltigen, bevor sie sie umbringen. Obwohl er sich vorstellen konnte, daß das manchmal vorkam. Gab es überhaupt etwas, das nie vorkam? Er verbreitete sich nicht weiter, sagte nicht: Meine Güte, jeder Lkw-Fahrer kann einen Tacho verstellen; jeder Lkw-Fahrer hatte so verdammt viele Kumpels, daß er wahrscheinlich genug Zeugen auffahren konnte, um die Ladefläche seines Schleppers vollzukriegen.
    Sam sagte nichts, weil er es im Grunde nicht glaubte. Es erschien ihm zu sehr als eine von ihm selbst konstruierte Geschichte, weil er eben überzeugt war, daß man den Chalmers-Jungen aufgrund falscher Beschuldigungen ins Kreisgefängnis gebracht hatte. Aber Sims und die Staatsanwältin Billie Anderson ließ er durchaus wissen, daß er es für eine Schande hielt. So hatte zum Beispiel keiner besonders eifrig nach der Mordwaffe gesucht (die nie gefunden worden war, aber der Pathologe ging davon aus, daß es sich um ein gewöhnliches Küchenmesser handelte). Er fand außerdem, man solle das FBI hinzuziehen. Der Fall überschritt die Kreisgrenzen, und keiner von ihnen hier hatte in Sachen Forensik die Erfahrung der FBI-Leute.
    Allein die Bemerkung, daß man ihr diesen Fall entziehen könnte, reichte aus, um Billie Anderson durchdrehen zu lassen. Und Billie, obwohl kühl und beherrscht, war keine Frau, mit der Sam gerne zu tun haben wollte. Sie war schlimmer als Sims, denn sie war schlau, sie war gerissen.
    Aber der Mord an Eunice Hayden - nein, den konnten sie Boy nicht anhängen, denn Boy hatte ein Alibi: Er war mit vier Kindern in seiner Werkstatt gewesen, um ihre Fahrräder zu reparieren. Boy hatte vier Zeugen für den ganzen Nachmittag und einen Teil des Abends von Eunice Haydens Todestag.
    Sedgewick und Staatsanwältin Anderson

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