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Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition)

Titel: Was aus den Menschen wurde: Meisterwerke der Science Fiction - Mit einem Vorwort von John J. Pierce (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cordwainer Smith
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S’ruth.«
    Sein Messer lag in seiner Hand, bevor er wusste, dass er danach gegriffen hatte. Er erinnerte sich an die Anweisungen des Administrators: Stoßen, stoßen, stechen, stechen, laufen!
    Sie sah das Messer, aber ihre Augen lösten sich nicht von seinem Gesicht.
    Unsicher starrte er sie an. Falls sie ein Untermensch war, war sie der eindrucksvollste, den er je gesehen hatte. Aber selbst Gosigo hatte ihm geraten, seine Pflicht zu erfüllen, zu stechen, das Mädchen namens S’ruth zu töten. Hier war sie. Doch er konnte es nicht tun.
    Er warf das Messer in die Luft, fing es an der Klinge auf und hielt es ihr hin, mit dem Griff nach vorn.
    »Man hat mich geschickt, dich zu töten«, sagte er, »aber ich merke, dass ich es nicht tun kann. Jetzt habe ich ein Kreuzschiff verloren.«
    »Töten Sie mich, wenn Sie wollen«, forderte sie ihn auf, »denn ich habe vor Ihnen keine Furcht.«
    Ihre sanften Worte entsprachen so wenig seinen Erwartungen, dass er das Messer in die linke Hand nahm und den Arm hob, als wollte er sie durchbohren.
    Er senkte den Arm.
    »Ich kann es nicht«, murmelte er. »Was hast du mit mir gemacht?«
    »Ich habe nichts mit Ihnen gemacht. Sie wollen kein Kind töten, und ich sehe für Sie wie ein Kind aus. Nebenbei, ich glaube, Sie lieben mich. Wenn das so ist, muss es noch unangenehmer für Sie sein.«
    Casher hörte, wie sein Messer über den Boden rutschte, als er es fallen ließ. Er hatte es noch nie fallen gelassen. »Wer bist du«, keuchte er, »dass du mir das antun kannst?«
    »Ich bin ich«, sagte sie, mit einer Stimme so ruhig und glücklich wie die eines jeden Mädchens, vorausgesetzt, dass man das Mädchen in einem Moment großer Glückseligkeit und Ausgeglichenheit antraf. »Ich bin die Verwalterin dieses Hauses.« Sie lächelte verschmitzt und fügte hinzu: »Und es sieht so aus, als ob ich auch die Herrscherin dieses Planeten bin.« Ihre Stimme klang ernst. »Sehen Sie es denn nicht, Mensch? Ich bin ein Tier, eine Schildkröte. Ich bin unfähig, den Worten eines Menschen nicht zu gehorchen. Als ich klein war, wurde ich ausgebildet und erhielt Befehle. Ich sollte diese Befehle ausführen, solange ich lebe. Als ich Sie erblickte, fühlte ich etwas Seltsames. Sie sehen aus, als würden Sie mich bereits lieben, aber Sie wissen nicht, wie Sie sich verhalten sollen. Warten Sie einen Moment. Ich muss Gosigo sagen, dass er gehen kann.« Sie sah die blitzende Klinge des Messers auf dem Boden vor der Türschwelle und schritt darüber hinweg.
    Gosigo hatte den Bodengleiter verlassen und verbeugte sich höflich und tief vor ihr.
    »Sag mir«, rief sie, »was hast du jetzt eben gesehen?« Ihre Stimme klang freundlich, und es war ihr die Gewohnheit eines alten Spiels anzumerken.
    »Ich sah Casher O’Neill die Stufen hinaufgehen. Du öffnetest die Tür. Er bohrte seinen Dolch in deine Kehle, und das Blut schoss in einer dicken Fontäne heraus, reich und dunkel und rot. Du starbst auf der Türschwelle. Aus irgendwelchen Gründen ging Casher O’Neill in das Haus, ohne etwas zu mir zu sagen. Ich bekam Angst und floh.« Gosigo wirkte nicht im Geringsten verängstigt.
    »Wenn ich tot bin«, rief sie, »wie kann ich dann mit dir sprechen?«
    »Frag mich nicht«, erwiderte Gosigo. »Ich bin nur ein Vergessener. Ich kehre jedes Mal zu dem Ehrenwerten Rankin Meiklejohn zurück, jedes Mal, wenn du ermordet wurdest, und erzähle ihm die Wahrheit über das, was ich gesehen habe. Dann gibt er mir die Medizin, und ich erzähle ihm etwas anderes. Zu diesem Zeitpunkt betrinkt er sich und wird schwermütig, so wie immer.«
    »Es ist eine Schande«, sagte das Kind. »Ich wünschte, ich könnte ihm helfen, aber ich kann es nicht. Er kommt nie nach Beauregard.«
    »Er?« Gosigo lachte. »O nein, er nicht! Niemals! Er schickt nur andere Menschen, um dich zu töten.«
    »Und er ist niemals zufrieden«, sagte das Kind traurig. »Gleichgültig, wie oft er mich töten lässt.«
    »Niemals«, bestätigte Gosigo fröhlich und kletterte zurück in den Bodengleiter. »Leb wohl.«
    »Warte einen Moment«, rief sie. »Möchtest du etwas zu trinken oder zu essen haben, bevor du zurückfährst? Auf der Straße toben im Moment heftige Stürme.«
    »Nein«, schüttelte Gosigo den Kopf. »Vielleicht bestraft er mich dann und macht aus mir wieder einen Vergessenen. Nun, vielleicht ist das alles schon einmal geschehen. Vielleicht bin ich ein Vergessener, der das alles mehrmals durchlaufen muss, nicht nur einmal.« Hoffnung keimte

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