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Was bin ich wert

Was bin ich wert

Titel: Was bin ich wert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joern Klare
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jähr-lich.
    Verschiedene Organisationen sprechen von aktuell bis zu 30 Millionen Sklaven weltweit – so viele wie nie zuvor in der Geschichte. In den insgesamt 400 Jahren des Menschenhandels zwischen Afrika und der Neuen Welt sollen »nur« knapp 12 Millionen Menschen betroffen gewesen sein. Damals wurden die versklavten Menschen oft besser behandelt, als es aktuell der Fall ist. Auf heutige Verhältnisse umgerechnet, kostete ein Sklave im Jahr 1850 durchschnittlich etwa 40   000 Euro. Eine solche Investition ließ zumindest auf eine verantwortungsvolle Behandlung hoffen, auch wenn es nur darum ging, die Arbeitskraft möglichst lange zu erhalten.
     
    Es gibt verschiedene Formen der Sklaverei. Meist handelt es sich um erzwungene Prostitution von Frauen und Kindern, um Zwangsarbeit oder Schuldknechtschaft. Da die Opfer in der Regel im Übermaß verfügbar und leicht zu ersetzen sind, haben sie dementsprechend nur einen geringen Marktwert.
    Die Marktpreise variieren und lassen sich wegen der Illegalität kaum erfassen. Es können zehntausende Euro sein, die eine Zwangsprostituierte in einem Industriestaat »kostet«, während Kinder in Ländern der Dritten Welt zum Teil verschenkt werden, da die Familien sie nicht ernähren können.
    Der US -amerikanische Soziologe Kevin Bales schätzte als weltweit anerkannter Experte und Präsident von Free the Slaves im März 2011 den aktuellen globalen Durchschnittspreis eines Sklaven auf 90 US -Dollar, etwa 63 Euro. Das ist ein historischer Tiefstand.
    Die globale Dynamik des Problems ist immens. Die billige Arbeitskraft von Frauen und Kinder in der Dritten Welt entwickelt sich immer mehr zu einem wettbewerbsentscheidenden Faktor. Diese Aufwertung im Rahmen einer unterentwickelten Zivilgesellschaft birgt die große Gefahr, daß die betroffenen Menschen schlichtweg als Produktionsfaktoren be- und auch gehandelt werden.
    Der amerikanische Soziologe John Frederick, der sich seit mehr als 20 Jahren mit dem Thema Frauen- und Kinderhandel in Südasien beschäftigt, sagte mir dazu schon vor ein paar Jahren in einem Interview:
    »Natürlich sind Kinder eine Ware. Sie können billig arbeiten und unsere Tennisschuhe oder was auch immer billig produzieren. Für uns im Westen ist schließlich alles eine Ressource. Und die Globalisierung ist im Grunde ein Weg, der es uns erlaubt, Sklavenplantagen auf einem globalen Level betreiben zu können. Anstatt unsere individuellen ›Neger‹ zu haben, sind eben ganze Nationen wie Nepal unsere ›Negerstaaten‹. Die liberaleren Regierungen winden sich da ein wenig mehr und reden von Kinderrechtskonventionen. Aber die tragen auch diese Tennisschuhe. Und sie machen keine Anstalten, sieauszuziehen. Auch wenn wir im Westen natürlich nicht unsere Kinder verkaufen, zwingen wir andere Gesellschaften, genau das zu tun.«
    Der größte Sklavenmarkt Nordamerikas befand sich, so eine passende Anekdote am Rand, Ende des 17. Jahrhunderts in der Stadt New York. Die menschliche Ware wurde an einer langen Mauer angekettet, die der Straße später ihren Namen gab: Wall Street.
    In Deutschland erfaßt das Bundeskriminalamt jedes Jahr einige hundert Fälle von Menschenhandel. Auch bei uns wird von einer beträchtlichen Dunkelziffer ausgegangen. Schätzungen sprechen von bis zu 30   000 überwiegend weiblichen Sklaven, die meist zur Prostitution gezwungen werden.
    Eine spezielle Art von Kinderhandel können Auslandsadoptionen darstellen. Die sind in Hollywood, dem Leitbild der globalen Gemeinde, sehr populär. Ob Madonna, Brad Pitt und Angelina Jolie, Tom Cruise und Nicole Kidman, Diane Keaton, Meg Ryan, Sharon Stone, Michelle Pfeifer: Wer einen Blick in Bunte oder Gala wirft, kennt die süßen Fotos, weiß, daß Madonna den Gesetzen nach zu alt ist für ein Adoptiv-Baby, zu wenig Zeit in dessen Heimatland verbracht hat, dafür aber ein paar Millionen für ein Kinderheim spendete.
    Studien und Berichte über psychosoziale Spätfolgen bei betroffenen Kindern, vor allem wenn sie aus ihrem ursprünglichen Kulturkreis heraus adoptiert wurden, spielen da keine Rolle.
    Auch in Deutschland werden prominente Adoptionsfamilien – etwa die von Altbundeskanzler Schröder – eher selten mit solchen Fragen konfrontiert. Wie in allen anderen westlichen Industriestaaten auch hat sich bei uns die Zahl der zur Adoption freigegebenen Babys und Kleinkinder in den letzten Jahrzehnten drastisch reduziert. Das liegt vor allem an der weiten Verbreitung von Verhütungsmitteln, einem

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