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Was bisher geschah

Was bisher geschah

Titel: Was bisher geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Loel Zwecker
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(Gen. 3,19).
    Die Ausprägung der Ständegesellschaft gilt für das Frühmittelalter, das je nach Definition um 500 oder 800 n. Chr. beginnt, und für das Hochmittelalter von etwa Mitte des 11. bis ins 13. Jahrhundert. Erst gegen Ende des Spätmittelalters um 1500 ändert sich die Situation. Bis dahin sind das Alltagsleben und die Politik dominiert durch den mitunter makabren Konflikt zwischen Ideal und Wirklichkeit, Transzendenz und Diesseitigkeit, Ritterdichtung und Ritterrüstung.

Fußkuss statt Fußwaschung – die Hassliebe zwischen Kaisern und Päpsten
     
    Politisch schlägt sich der Widerspruch zwischen Geistlichem und Materiellem in der Kooperation und Konkurrenz von Papsttum und Kaisertum nieder. Der Karolinger Karl der Große bekommt am 25. Dezember 800 in Rom die Kaiserkrone von Papst Leo III. aufgesetzt, womit die Grundlagen für das römisch-deutsche Kaisertum geschaffen sind. Es wird zwar mehr als 1000 Jahre bestehen bleiben, muss sich aber stets mit einigen handfesten Problemen herumschlagen. Die Größe des Gebietes entspricht zeitweise der heutigen EU, und das Völkergemisch erschwert die Bildung eines kompakten Staates. Außerdem ist der andere Kaiser, der byzantinische, der über das Oströmische Reich herrscht, über die westliche Konkurrenz verärgert; das führt zum sogenannten Zwei-Kaiser-Problem. Vor allem aber hat das Heilige Römische Reich deutscher Nation, wie man es später nennt, jahrhundertelang die Kirche mit ihren Forderungen am Hals.
    So wird das römisch-deutsche Reich auch länger uneinig sein als zum Beispiel England, das in jeder Hinsicht weiter von Rom weg ist. Mit der Magna Carta von 1215 – später zum ersten Grundgesetz stilisiert – einigen sich dort König Johann Ohneland und die Barone auf eine Einschränkung der monarchischen Willkür unter anderem in Sachen Besteuerung. Nach der Einrichtung des Model Parliament (1295) bekommen im 14. Jahrhundert Vertreter des städtischen Bürgertums durch das Unterhaus mehr Mitspracherecht, was dem Gemeinschaftsgefühl zuträglich ist. Im Vergleich dazu trägt Karl der Große immerhin zur kulturellen Einigung des Westens bei. Er erobert nicht nur Gebiete der heidnischen Sachsen, der Langobarden und Mauren, den muslimischen Besatzern der Iberischen Halbinsel. Mit Hilfe von Klöstern schafft er auch die Grundlagen für den heutigen Garten- und Weinbau – weshalb man ihn später »Vater Europas« nennt. Als Mann des Schwertes kann Karl nur leidlich schreiben, lernt Latein – und fördert die Alphabetisierung. Er leitet eine Bildungsreform ein. Das lateinischdeutsche Wörterbuch Abrogans aus der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts gilt als das älteste Buch auf Deutsch.
    Aus machtpolitischen Gründen toleriert die Kirche bei Karl das, was man als Friedelehen bezeichnet hat: Mehrere gleichzeitig geführte Ehen, die aus heutiger Sicht eher institutionalisierte Verhältnisse mit Geliebten beziehungsweise Konkubinen sind. Karls Sohn Ludwig der Fromme räumt mit einigen Missständen auf, wird aber in Machtkämpfe mit potentiellen Nachfolgern aus der eigenen Verwandtschaft hineingez0gen. Im 9. Jahrhundert wird das Reich unter seinen Söhnen aufgeteilt, was unter anderem zur Gründung Westfrankens unter Karl dem Kahlen führt. Daraus entwickelt sich nach Kämpfen zwischen Burgund, Aquitanien, der Normandie und Flandern das Königreich Frankreich als dritte große westeuropäische Macht neben England und dem römisch-deutschen Reich. Der Weg führt über Ludwig VI. im 12. Jahrhundert mit seinem Berater Abt Suger zu Ludwig IX., dem Heiligen, der im 13. Jahrhundert ein oberstes Gericht und eine Zentralverwaltung in Paris schafft. Zwar trägt der Hundertjährige Krieg zwischen Frankreich und England, den König Eduard III. im Jahr 1339 mit Verweis auf dynastische Ansprüche in Frankreich beginnt (Eduard ist ein Enkel von Philipp IV., dem Schönen), zur Entwicklung eines neuartigen Nationalgefühls bei. Doch allgemein ist der Begriff für das Mittelalter mit seinen Reichen, die eher an Herrscher beziehungsweise Dynastien gebunden sind als an Gebiete, mit Vorbehalt zu verwenden.
    Den nächsten großen Schritt in Sachen Heiliges Römisches Reich deutscher Nation nach Karl dem Großen macht der deutsche König Otto I., der Große (912 – 973). Seine Krönung zum langobardischen König und 962 zum Kaiser in Rom bringt die jahrhundertelange Anbindung Norditaliens an das deutsche Reich und die offizielle Koppelung von deutschem Königtum und

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