Was bisher geschah
Schwerpunkte. Die Päpste lassen den Rest Europas mit Ablässen zur Ader, um im Reichtum zwischen Kunst und Kurtisanen zu schwelgen und den gigantomanischen Petersdom bauen zu können (Beginn 1506 unter Bramante, Kuppelbau ab 1546 unter Michelangelo). In Florenz dagegen wird 1252 erstmals der Florin geprägt, der sich bald zu einer Art neuzeitlichem Euro mausert, einer internationalen Leitwährung. Insgesamt ist man in Florenz auf Bankwesen und Tuchherstellung und -handel spezialisiert. Die reichste Kaufmannsfamilie sind die Medici, die Florenz mit Unterbrechungen vom 15. bis zum 18. Jahrhundert beherrschen. Zusammen mit den Fuggern aus Augsburg sind sie so etwas wie die ersten multinationalen Konzerne der Weltgeschichte. Die Multis betreiben strategische Fusionen und Dumping-Preispolitik zur Zerstörung von Konkurrenten.
Den Fuggern gehören Silber- und Kupferminen, Handelsniederlassungen und das größte Bankhaus Europas; sie organisieren den Ablasshandel Roms mit, finanzieren die Kriege von Kaiser Maximilian I. und die Wahl Karls V. Was den Fuggern im Vergleich zu den Medici fehlt, ist neben dem Image der Volksnähe ein gewisser Glamour. Die Medici fördern Künstler und Humanisten und arbeiten mit der Volkspartei zusammen. Insgesamt verlagert sich der alte Gegensatz zwischen Anhängerschaften des Kaisers, den Ghibellinen, und jenen des Papstes, den Guelfen, mehr und mehr auf den Streit zwischen Volkspartei und Adel. Zur Steigerung ihrer Beliebtheit veranstalten die Medici Turniere im calcio , einer Vorform des Fußballs mit mehr Spielern, einem kleineren Ball und mehr Gewalt.
Zwar regieren in der Republik Florenz anfangs anders als in den norditalienischen Stadtstaaten – und ähnlich wie in Siena und Lucca – nicht Adelige, sondern Bürgerliche wie der Kanzler Coluccio Salutati (1331 – 1406). Doch de facto existiert die Republik schon früh nur noch dem Namen nach. Im 15. Jahrhundert schwingt sich Cosimo de’ Medici (1389 bis 1464) als pater patriae (»Vater des Vaterlandes«) zum Herrscher auf. Zunächst liegt die Macht bei den großen Zünften, den Vereinigungen verschiedener Berufsgruppen; als prägende Kraft in Florenz entscheiden sie über Kirchenbau und Lebensmittelpreise. Prinzipiell sind die Wahlämter, die nur Mitglieder der Großzünfte erhalten, zur Vermeidung von Korruption zeitlich streng begrenzt. Allerdings setzen sich die Medici mit Hilfe von Bestechung, Gewalt und PR durch. Cosimos Enkel Lorenzo der Prächtige (»Il Magnifico«) wird schon wie ein Fürst regieren. Er brilliert als Bündnispolitiker, Mäzen von Kunststars wie Michelangelo und als Dichter von Karnevalsliedern.
Einerseits bekämpfen sich Bankiers- und Händlerfamilien wie die Medici, Pitti und Pazzi bis aufs Blut; andererseits fördern sie das Gemeinwohl. Die Alphabetisierung dürfte in Florenz mit rund einem Drittel der männlichen Bevölkerung die höchste in Europa sein. Mit der Finanzierung von Grundschulen, Krankenhäusern sowie Künstlern und Architekten wie Brunelleschi, dem Erbauer des Florentiner Doms, erhöhen die Zünfte und mächtigen Familien das Bildungsniveau und die Lebensqualität. Florenz hat über 30 Hospitäler, das heißt Krankenhäuser und Altenheime. Ab Mitte des 15. Jahrhunderts wird die Accademia Platonica zum Vorbild für Akademiegründungen in aller Welt. In neuartigen Ratgeber-Bestsellern wird anders als in jenen des Mittelalters, in denen es etwa um die demütige Nachfolge Christi geht, ein individualistischer geprägtes Menschenbild und politisches Denken auch im Privaten propagiert: In Der Fürst (1513) lobt Niccolò Machiavelli den schlauen, taktisch agierenden Machtmenschen; in seinem Hofmann (1528) leitet Baldassare Castiglione zur geschliffen höfischen, aber auch bürgerlichen Umtriebigkeit an. Er fördert ein neues Selbstbewusstsein des Einzelnen und seine Kreativität, wie man heute sagen würde.
Das schiefe Lächeln der Mona Lisa – wie Kunst Geschichte macht
Die Denker und Künstler sind wichtig, weil sie gesellschaftliche Bilder mit prägen. Raffael ist für Bilder makelloser Frauen zuständig wie der Sixtinischen Madonna . Im Auftrag von Julius II. und dem Medici-Papst Leo X. trägt er zur Verherrlichung des Nachfolgers Petri und seiner Macht bei. Eine verantwortungsvolle Aufgabe ist das insofern, als das Papsttum um 1500 den Höhepunkt in Sachen Korruption und Dekadenz erreicht. Das Paradebeispiel ist Alexander VI. Borgia (um 1431 – 1503). Mit Hilfe seines Sohnes Cesare
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