Was bleibt: Kerngedanken (German Edition)
weil es ihr am selbstlosen, ganz auf Gottes entscheidende Tat vertrauenden Glauben gebricht. Eine Kirche aber, die im vertrauenden Glauben überzeugt ist, daß Gott diese Endzeit inauguriert, trägt und beherrscht und daß er die neue vollendete Wirklichkeit der Welt und des Menschen schenken wird, die sammelt und baut auf, weil ihrem demütigen Vertrauen die Kraft geschenkt wird. Sie weiß dann, daß bei all ihrem Sichmühen letztlich nicht ihre Theorien und ihre Praktiken den Ausschlag geben, daß nicht ihr Leistungskatalog und ihre Glanzstatistiken das Kommen des Gottesreiches verbürgen, daß sie deshalb kein ausbleibendes Echo am weiteren Ruf verhindern, kein Mißerfolg sie trostlos machen darf. Ja, wenn sie selber den entscheidenden Sieg zu erkämpfen hätte, dann müßte sie aufgeben. Wenn ihr aber der letzte Sieg ohne ihr Zutun von oben geschenkt wird, dann kann sie in gläubiger Zuversicht schon jetzt das Letzte einsetzen und die Welt verändern. Ihr ist verheißen, daß ihr Glaube Berge zu versetzen vermag.
Dienende Kirche
Jesus hat die Gottesherrschaft als eine rein religiöse Herrschaft verkündet. Wenn die Kirche in der Nachfolge Christi die Gottesherrschaft als eine rein religiöse Herrschaft verkündet, dann bedeutet dies als Imperativ für sie selbst:
Sie kann sich in dieser Endzeit nie und nimmer als eine religiös-politische Theokratie aufführen. Ihre Bestimmung ist die geistliche Diakonie. Statt ein Imperium geistlich-ungeistlicher Macht aufzurichten, ist ihr die Gnade gegeben, Ministerium in Knechtsgestalt zu sein: Gottesdienst als Menschendienst und Menschendienst als Gottesdienst. Wie könnte sie dann in dieser Endzeit je zu den Methoden weltlicher Machtergreifung und Machtdurchsetzung, politischer Strategie und Intrige Zuflucht nehmen? Wie könnte sie weltlichen Glanz und Prunk ausstrahlen, wie Ehrenplätze zur Rechten und zur Linken verteilen, wie weltliche Würdetitel und Auszeichnungen vergeben wollen? Wie könnte sie die Güter dieser Welt, Geld und Gold, über das Notwendige hinaus horten wollen? Wie könnte sie sich mit den Mächten dieser Welt verquicken, wie sich mit irgendeiner weltlichen Gruppierung, einer politischen Partei, einem kulturellen Zweckverband, einer wirtschaftlichen und sozialen Machtgruppe einfach identifizieren, wie sich für ein bestimmtes wirtschaftliches, soziales, kulturelles, politisches, philosophisches, weltanschauliches System unkritisch und unbedingt einsetzen können? Wie könnte sie diese weltlichen Mächte und Systeme mit ihrer revolutionären Botschaft nicht immer wieder beunruhigen, befremden, stören, in Frage stellen und gerade so dann auch ihren Widerstand und ihren Angriff erfahren müssen? Wie könnte sie um Leiden, Verachtung, Verleumdung, Verfolgung herumkommen? Wie könnte sie statt eines Kreuzweges einen Triumphweg gehen wollen? Wie könnte sie so die Außenstehenden je als ihre zu hassenden und zu vernichtenden Feinde sehen und nicht vielmehr als ihre mit verstehender und helfender Liebe zu umfangenden Nächsten?
Eine Kirche, die in dieser Endzeit übersieht, daß sie zum selbstlosen Dienst an den Menschen, an den Feinden, an der Welt da ist, verliert ihre Würde, ihre Geltung, ihre Existenzberechtigung, weil sie die wahre Nachfolge Christi aufgibt. Eine Kirche aber, die sich bewußt bleibt, daß nicht sie, sondern die Gottesherrschaft »in Macht und Herrlichkeit« kommen wird, die findet in ihrer Kleinheit ihre wahre Größe: Sie weiß dann, daß sie gerade ohne Macht- und Prachtentfaltung groß ist, daß sie nur höchst bedingt und beschränkt mit der Zustimmung und Unterstützung der Mächtigen dieser Welt rechnen kann, daß ihr Dasein von der Welt immer wieder ignoriert, vernachlässigt und nur toleriert oder aber bedauert, beklagt und weggewünscht wird, daß ihr Wirken immer wieder belächelt, verdächtigt, mißbilligt und gehindert wird, daß für sie aber trotzdem über allen anderen Herrschaften unangreifbar Gottes Herrschaft ist. Ja, wenn der Kirche Welt-Macht ihre Stärke zu sein hätte, dann müßte sie in der Welt verzagen. Wenn aber ihre Stärke im Kreuze Christi und in ihrem Kreuze liegt, dann ist ihre Schwäche ihre Stärke, und sie kann ohne Angst im Bewußtsein des von vorneherein garantierten Auferstehungssieges ihren Weg gehen. Ihr ist verheißen, daß sie, wenn sie ihr Leben hingibt, es gewinnen wird. …
Gehorsame Kirche
Jesus hat für die Gottesherrschaft die radikale Entscheidung des Menschen für Gott gefordert.
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