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Was danach geschah

Was danach geschah

Titel: Was danach geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Kimmel
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Wagen stand vor dem Haus. Ich hielt mit quietschenden Reifen und rannte hinein. Alles sah aus wie am Freitagmorgen, als ich das Haus verlassen hatte. Doch niemand war da. Bos Müslischüssel mit einer Milchpfütze darin stand noch auf dem Beistelltisch neben den ungelesenen Teilen der New York Times . Auf dem Küchentresen lagen Bagel-Krümel, leere Gläser von eingemachten Pfirsichen und Birnen standen herum. Die Futterschüssel von Macy, unserem schwarzen Labrador-Retriever, war noch halb voll, doch sie bellte nicht, als ich eintrat, und war auch nirgendwo zu sehen. Unser Bett war nicht gemacht, und die Kleider, die ich Sarah am Tag zuvor nicht angezogen hatte, hingen noch über dem Gitter ihres Bettchens. Ich sah in der Garage nach, wo der Jogging-Kinderwagen stand. Also waren sie nicht zum Laufen unterwegs. Neben dem Telefon lag keine Nachricht. Ich suchte den Garten ab. Niemand da. In der gesamten Nachbarschaft war es menschenleer.
    Wir wohnten in einer winzigen Straße in Huntingdon in der Nähe des Juniata College mit kleinen Backsteinhäusern, die durch die alten, wie riesige Brokkoli geformten Platanen noch zwergenhafter aussahen. Bo, der in Brooklyn geboren und aufgewachsen war, hatte darauf bestanden, in einer Stadt zu wohnen, in der es ein College gab. Dies war seine einzige Hoffnung beim Wegzug von Manhattan in die Appalachen gewesen. Sein Traum war es, als Reporter und Nachrichtensprecher in New York City zu leben, doch die dortigen Fernsehsender verlangten, er solle erst Erfahrungen im regionalen Sektor sammeln, bevor sie sich, wie sie ihm zu seinem Entsetzen und seiner Enttäuschung mitteilten, sein Demoband ansehen würden. Er hielt die kleinen regionalen Sender für eine einsame, verlassene Dritte Welt irgendwo zwischen dem Hudson River und den Hollywood Hills mit Elektronenröhren und statischem Rauschen.
    Sich bei Channel 10 in Altoona zu bewerben war eigentlich meine Idee gewesen. Ich war bei den Besuchen bei meinen Großeltern mit dem Sender aufgewachsen. Er war einer der beiden UKW-Sender, deren Leistung so stark war, dass sie sogar die am Schornstein des Hauses meiner Großeltern Cuttler angebrachte Antenne erreicht hatten. Noch regionaler als Altoona ging es nicht. Im mittleren Pennsylvania schließen Schulen und Unternehmen am ersten Tag der Jagdsaison, und anders als die Wolkenkratzer in Manhattan sind hier Silos und Kohlenhalden die höchsten von Menschen errichteten Bauwerke. Als Bo die Stelle bekam, rief ich Bill Gwynne an, den Anwalt in Huntingdon, der mich und meine Familie nach dem Unfall mit meinem Arm vertreten hatte. Obwohl Huntingdon noch tiefer im Nichts steckte als Altoona, gehörte Bill zu den Spitzenanwälten im Bundesstaat und brauchte zufällig eine Mitarbeiterin. Zeit und Ort schienen genau auf mich zugeschnitten zu sein, fast wie Schicksal.
    Aus dem Nachbarhaus hörte ich Musik. Ich ging hinüber, um zu fragen, ob jemand Bo und Sarah gesehen hätte. Niemand öffnete die Tür, als ich klopfte. Ich pochte in unserer Straße an jede Haustür. Einige Fenster waren vereist und die Bürgersteige davor mit Schnee und Matsch überzogen, auf anderen lastete die drückende Nachmittagshitze. Niemand öffnete die Tür. Langsam bekam ich Panik. Ich rannte zur Washington Street. Der Sandwichladen und die Buchhandlung hatten geöffnet, waren aber leer – keine Kunden und keine Angestellten. Das gesamte Geschäftsviertel war bis auf gelegentlich vorbeifahrende Autos und Busse seltsam ruhig. Ich rannte den Bürgersteig entlang, vorbei an geparkten Autos und an Fahrrädern, die an Parkuhren gekettet waren, spähte durch die Türen von Geschäften und Cafés nach irgendeinem Anzeichen von Leben. Das alles ergab keinen Sinn. Dies hier war an einem Samstag im Herbst das belebteste Viertel der Stadt. Schließlich rannte ich zu einer Reihe von Autos, die an einer roten Ampel hielten, um zu fragen, was hier los war. Doch als ich durch die Fenster blickte, sah ich weder Fahrer noch Beifahrer. Dennoch heulten die Motoren auf, als die Ampel auf Grün schaltete, und die Autos fuhren wie an einem normalen Samstag weiter.
    Plötzlich hallte ein gequälter Schrei durch die unheimliche Stille. Ich sah mich um, bis ich bemerkte, dass der Schrei von mir stammte – ein Schrei des Wahnsinns. Ich raste durch die Cafés und Läden, riss Gegenstände aus den Regalen und von den Tischen, zerbrach Gläser und Geschirr. Ich wollte, dass mich irgendjemand aufhielt. Als niemand erschien, rannte ich mitten auf die

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