Was danach geschah
Herden, während ich den Boden pflüge. Er opfert für Gott die fetten Teile seiner besten Lämmer, während ich nur die spärlichen Erzeugnisse meiner Felder darbieten kann. Gott freut sich über Abels Geschenke mehr als über meine. Ich hasse Abel.
»Warum bist du so wütend?«, fragt Gott. »Bist du für mich nicht ebenso perfekt?«
»Du liebst Abel, mich aber nicht.«
»Das stimmt nicht, mein Sohn. Und wenn du an diesem Gedanken festhältst, wird er dein Untergang sein. Dennoch kannst du tun, was du willst.«
Abel ist schwach und lässt sich leicht täuschen. Ich sage ihm, ein Lamm sei verletzt, und führe ihn aufs Feld. Er sieht nicht, wie ich mein Messer herausziehe. Ich trete hinter ihn und schlitze seine Kehle auf. Ich sehe zu, wie sein Blut auf den Boden spritzt. Er hätte mir nicht Gottes Liebe wegnehmen dürfen.
Gerechtigkeit ist die süßeste Frucht in den Ländern östlich von Eden.
Der Gerichtssaal erscheint wieder. Ich bin nicht mehr allein – Luas und Elymas sitzen auf den Beobachterstühlen.
»Das war ziemlich kühn von dir, Gott vor Gericht zu stellen«, sagt Luas. »Wie lautete das Urteil?«
»Schuldig im Sinne der Anklage«, antworte ich und funkle ihn an. »Wo ist meine Tochter? Wo ist Sarah?«
»Das wirst du früh genug herausfinden, Brek Cuttler«, antwortet Elymas. Er winkt mich zu sich und Luas. »Komm, setz dich zu uns. Schau, wie Gottes Gerechtigkeit vollzogen wird.«
»Ha!«, höhnt Luas. »Du hast nichts mehr gesehen, seit ich dich für deinen Hochmut geblendet habe, du alter Bettler.«
»Das ist wahr«, stimmt Elymas zu. »Aber auch Justitia ist blind und sieht dennoch deutlicher als wir alle. Und du, Luas, wurdest einst wegen deiner Boshaftigkeit geblendet, wie ich mich erinnere. Wann wirst du aufhören zu denken, du wärst besser als ich? Wer ist der Nächste auf der Prozessliste?«
»Amina Rabun«, sagt Luas. »Hans Stössel wird ihren Fall präsentieren.« Er dreht sich zu mir. »Pass gut auf, Brek. Du wirst bald deinen ersten Mandanten präsentieren. Dies ist die letzte Phase deiner Ausbildung.«
»Und wenn ich mich weigere?«, provoziere ich ihn.
Luas schüttelt den Kopf. »Das ist nicht möglich.«
Ein älterer Mann betritt den Gerichtssaal, in der Hand einen goldenen Schlüssel wie meiner. Er ist groß und wirkt außergewöhnlich schwach und zerbrechlich, doch er trägt einen eleganten Zweireiher in europäischem Stil. Ich erkenne ihn auf Anhieb aus Aminas Erinnerungen als den Schweizer Anwalt, an den sie sich nach dem Krieg wegen der Auflösung ihres Familienvermögens gewendet hat. Ich weiß auch aus ihren Erinnerungen, dass er einige Jahre vor Amina starb.
Ich bin entsetzt, dass Hans Stössel Aminas Fall präsentiert. Auch wenn er während Aminas Leben ihr Anwalt war, trennten sie sich nicht im Guten. Er machte Amina für die Zerstörung seines Rufs und seiner Karriere und schließlich auch für seinen Tod verantwortlich. Amina hätte dem nicht widersprochen. Im Gegenteil, sie trug die Schuld an Hans Stössels Niedergang und Tod für den Rest ihres Lebens mit sich herum. Ihm zu gestatten, ihren Fall zu präsentieren, stellt einen deutlichen Interessenkonflikt dar. Er wird alles in seiner Macht Stehende tun, damit sie verurteilt wird. Die Ungerechtigkeit der Verhandlungen in Schemaja tritt noch deutlicher zutage, wird noch abschreckender.
»Ach, hallo, Hans, bitte komm rein«, begrüßt Luas ihn herzlich. Entweder ist er sich des Konflikts nicht bewusst oder in diesen verwickelt. »Wir haben dich erwartet.«
23
Die Präsentation von Amina Rabun beginnt sofort, noch bevor ich die Wahl von Hans Stössel als ihren Anwalt mit einem Befangenheitsantrag anfechten kann.
Der Gerichtssaal verschwindet, und in der gleichen Weise wie bei der theaterähnlichen Präsentation von Toby Bowles werden wir in eine andere Szene aus Amina Rabuns Leben versetzt. Diese findet im Verlegerbüro einer kleinen Zeitung im Vorort von Buffalo in New York statt, dem Cheektowaga Register . Amina sitzt bei geschlossener Tür hinter dem Schreibtisch und telefoniert. Sie trägt eine weiße Leinenbluse und einen knielangen Rock. Im Hintergrund dreht sich lautlos ein Tischventilator.
Amina sitzt in diesem Büro, weil Hans Stössel ihr riet, dass sie als Immigrantin und alleinstehende Frau ohne besondere berufliche Fähigkeiten, aber mit beträchtlichem Vermögen überlegen sollte, sich ein Geschäft zu kaufen, um sowohl ihr Geld als auch ihre Gedanken zu beschäftigen. Er empfahl ihr einen
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