Was danach geschah
Rückgabe des gesamten Eigentums an. Diesbezüglich hat sie Ihnen bereits schriftlich angeboten, Ihnen den Betrag in Höhe von 22 000 US-Dollar zzgl. Zinsen ab Kaufdatum zu erstatten. Sie haben auf Mrs Schrieberg-Wolfsons Angebot nicht reagiert, woraufhin sie sich an mich wandte, damit ich die notwendigen Schritte einleite, um den Vertrag aufzuheben und das Eigentum oder dessen Gegenwert einzufordern.
Meine Nachforschungen haben ergeben, dass sich die Immobilien nicht mehr im Eigentum Ihrer Familie befinden, sondern 1949 auf Ihre Anweisung hin durch Herrn RA Hans Stössel verkauft wurden. Meine Mandantin hat mich zum Empfangsbevollmächtigten ernannt, damit ich zur vollständigen Ausgleichszahlung den Erlös dieses Verkaufs plus Zinsen abzgl. Kaufpreis für die Erbengemeinschaft entgegennehme. Unserer Meinung nach lässt sich der heutige wahre Marktwert der Immobilien auf mindestens 3 500 000 US-Dollar beziffern. Ist keine Einigung möglich, sehen wir uns gezwungen, rechtliche Schritte gegen Sie und Ihre Cousine, Miss Barbara Rabun, einzuleiten, um den Kauf für ungültig erklären zu lassen und den vollen Wert der Immobilien zurückzufordern. Wir gehen davon aus, dass eine Klage vor einem deutschen Gericht oder einem Gericht dieses Landes gute Aussichten hat.
Meine Mandantin bedauert zutiefst die Notwendigkeit, sich an die Gerichte wenden zu müssen, ist aber fest zu diesem Schritt entschlossen. Sie wird Ihnen immer dankbar sein, dass Sie ihr und ihrer Familie während des Krieges Unterschlupf gewährten, was sie in ihren Briefen an Sie stets bekräftigte. Allerdings handelt es sich in dieser Angelegenheit um einen ungerechten Kauf von Immobilien durch Ihre Familie unter extremen Bedingungen. Infolge dieses Kaufs waren meine Mandantin und die Überlebenden ihrer Familie gezwungen, im Vergleich zu dem Lebensstil, den Sie und Ihre Familie führen konnten, in ziemlich ärmlichen Verhältnissen zu leben. Mrs Schrieberg-Wolfson verlangt lediglich, dieses Unrecht aus der Welt zu schaffen. Sie trägt weder Ihnen noch Miss Barbara Rabun etwas nach.
Ich bin befugt, rechtliche Schritte einzuleiten, wenn ich von Ihnen keine Antwort auf dieses Schreiben erhalte. Angesichts Ihrer Position als Herausgeberin einer Zeitung wäre das negative öffentliche Aufsehen, das ein solcher Fall nach sich zöge, sehr unangenehm. In dieser Hinsicht haben unsere Nachforschungen ergeben, dass Otto Rabun Mitglied der Waffen-SS war und das Unternehmen Ihres Vaters, aus dem ein Großteil des Vermögens Ihrer Familie herrührte, mit dem Bau der Krematorien in Majdanek, Treblinka und Auschwitz beauftragt war. Diese außergewöhnlichen Tatbestände würden sich in einem Rechtsstreit vor der Öffentlichkeit nicht verbergen lassen.
In Erwartung Ihrer umgehenden Antwort verbleibe ich
hochachtungsvoll
Robert Goldman, Rechtsanwalt
»Wie kann sie es wagen, mir zu drohen!«, grollt Amina.
Alle Briefe, die Amina von Katharina Schrieberg erhielt, warf sie fort. Sie war zu dem Schluss gekommen, dass die Schriebergs verantwortlich für den Schrecken von Kamenz waren. Während die russischen Soldaten Mitglieder ihrer Familie töteten und sie und ihre Cousinen vergewaltigten, blieben die Schriebergs tatenlos in ihrem Versteck, der Jagdhütte der Familie Rabun, ohne ein Risiko einzugehen. Als Amina am nächsten Tag in die Hütte rannte, um Hilfe zu holen, waren sie fort. Und jetzt, nach all dieser Feigheit, nach all dem Risiko, das Amina zu ihrem Schutz eingegangen war, verlangt Katharina Schrieberg das Geld zurück und droht, Amina zu ruinieren? So eine Frechheit! Sie geht mit dem Brief zum Kamin, zündet ihn an, legt ihn auf die verkohlte Zeitung und wärmt ihre Hände über dem Feuer.
»Was treibst du da drin?«, ruft Albrecht vom Wohnzimmer aus. »Barbara ist am Telefon, willst du mit ihr sprechen?«
Diese Nachricht überrascht Amina noch mehr als der Brief, weil sie seit zehn Jahren nicht mehr mit Barbara gesprochen hat. Die Verbindung zwischen den Cousinen spannte sich an, als Amina mit Captain Meinert aus Deutschland floh und Barbara mitnahm. Barbara verabscheute die Amerikaner, weil sie schuld am Tod ihres Vaters in Berlin waren, ebenso wie Amina die Russen, die in Kamenz ihre Mutter, ihre Schwester und ihre Brüder getötet hatten. Ihr Hass nahm während der Jahre in den Schulen von Buffalo zu, in denen sie als das kleine Waisenkind der »Krauts«, deren Eltern bekommen hatten, was sie verdient hatten, beschimpft und erniedrigt wurde. Als sie achtzehn
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