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Was dein Herz nicht weiß

Was dein Herz nicht weiß

Titel: Was dein Herz nicht weiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Park
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nie fähig gewesen, eine andere Frau zu lieben?«
    »Willst du etwa behaupten, dass du Eun-Mee liebst?«, fragte Soo-Ja ungläubig.
    Yul lachte über Soo-Jas überzeugten Tonfall. »Am Anfang. Als ich sie kennenlernte, war sie ganz anders.«
    »Vielleicht solltest du dich im Augenblick nicht mit mir, sondern mit Eun-Mee unterhalten«, sagte Soo-Ja. Die Schärfe in ihrer Stimme war halb aufgesetzt, halb ernst. »Sollen wir zurückgehen?«
    »Nein, warte«, sagte Yul.
    Die Temperatur schien weiter zu fallen. Soo-Ja konnte das Heulen des Windes hören; die Kälte setzte ihr zu. Es wäre nett, dachte sie, wenn er sie in die Arme nähme. Das würde sie ablenken und die Kälte vertreiben.
    »Wirst du mir jemals sagen, was du für mich empfindest?«
    »Ich weiß nicht, was du meinst«, erwiderte Soo-Ja, obwohl sie es genau wusste.
    Sie standen einander gegenüber und warteten darauf, dass der andere zuerst sprechen würde. Beide hatten Angst, den Augenblick zu zerstören. Da heulten in einiger Entfernung die Sirenen auf, um das Ende der Ausgangssperre anzuzeigen. Die Menschen durften jetzt ihre Häuser wieder verlassen und zur Arbeit gehen, auf die Straße treten und in den Restaurants essen. Bald wären die Straßen mit Autos und Fußgängern vollgestopft, und die Abgase der Busse würden in der Luft hängen. Aber jetzt, in diesen flüchtigen Minuten, war alles ruhig, alles schlief noch. Wenn sie sich nun küssten oder umarmten, würde niemand es sehen. »Gehen wir zurück«, sagte Soo-Ja.
    Am Morgen wurde Soo-Ja mutig und tat etwas, wonach ihr schon länger der Sinn gestanden hatte. Sie ging in die Hotelküche und bereitete ein Esspaket für Yul, das er zur Arbeit mitnehmen konnte. Sie kochte Japchae – eine Mischung aus Gemüsenudeln und gebratenem Gyoza – und füllte das Gericht in ein kleines Stahlgefäß. Ohne ein Wort stellte sie es ihm einfach vor die Tür. Eun-Mee würde nichts davon mitbekommen, da sie um diese Uhrzeit noch schlief. Am Abend fand Soo-Ja den Behälter vor ihrer eigenen Tür wieder. Sie öffnete ihn und sah, dass er ganz leer war – das bedeutete, Yul hatte sich darüber gefreut und alles aufgegessen. Am nächsten Tag kochte sie etwas anderes: Pokum bab , gebratenen Reis mit Eiern, Schinken, Erbsen und ein paar Streifen Fleisch. Wieder stellte Soo-Ja ihm den Behälter vor die Tür, und wieder stand das Stahlgefäß abends vor Soo-Jas Schwelle.
    Sie stellte sich vor, wie er in seiner Praxis saß und sich über das Essen freute. Er bräuchte die Empfangsdamen nicht mehr zu bitten, ihm ein Mittagessen zu holen. Nein, heute nicht, ich bin schon versorgt , würde er sagen, und die Empfangsdame würde antworten: Das ist gut, Dr. Kim. Sie haben uns schon leidgetan, denn wir haben immer unser Mittagessen dabei, nur Sie nicht .
    Eines Morgens, als Soo-Ja gerade den Behälter vor Yuls Zimmer gestellt hatte und sich wieder erhob, fand sie ein Paar Augen auf sich gerichtet, unverwechselbar neugierig und voller Missbilligung: Es waren Hanas. Soo-Ja sagte nichts, ahnte aber, dass ihre überraschte Reaktion viel preisgab. Hana schwieg, und Soo-Ja wusste instinktiv, dass ihre Tochter Min nichts erzählen würde. Doch sie fürchtete, Hana hätte vielleicht etwas von dem Schmerz ihrer Mutter in sich aufgenommen, und hoffte, sie würde keinen Schaden nehmen.
    »Hallo, Hotel Seine hier«, sprach Soo-Ja am Morgen in den Hörer und unterdrückte ein Gähnen.
    »Du klingst so müde! Du brauchst wirklich einen Ehemann, der dir mehr hilft.« Das war Jae-Hwa mit ihrem typischen rollenden Singsang.
    »Jae-Hwa, bist du gut nach Daegu zurückgekommen?«, fragte Soo-Ja, die sich freute, die Stimme ihrer Freundin zu hören.
    »Ja. Danke, dass du dich mit mir getroffen hast, als ich in Seoul war. Es hat mir gefallen, obwohl ich in der Stadt so viel Staub eingeatmet habe. Zu schade, dass der Staubsauger nicht bis in meine Lunge reicht.«
    Soo-Ja lachte. »Ich fand es auch schön, dich zu sehen.«
    »Also bist du nicht böse auf mich, weil … «
    »Natürlich nicht«, unterbrach Soo-Ja. Sie fühlte sich schuldig, weil sie eine Freundin in Unruhe versetzt hatte. »Aber sprechen wir nicht mehr darüber.«
    »Aber wie wirst du jetzt das Geld auftreiben?«
    »Um ehrlich zu sein, Jae-Hwa, habe ich inzwischen akzeptiert, dass ich es nicht schaffen werde«, sagte Soo-Ja und seufzte leise. »Aber vielleicht ist das gar nicht so schlecht. Geld bringt im Grunde nur Ärger.«
    Am anderen Ende der Leitung herrschte Schweigen.
    »Jae-Hwa,

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