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Was dein Herz nicht weiß

Was dein Herz nicht weiß

Titel: Was dein Herz nicht weiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Park
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ihr knicksten, und wieder andere verbeugten sich fast bis zum Boden und dankten ihr überschwänglich für etwas so Unwichtiges wie ein kleines Stück Seife.
    »Sind Sie taub, Sie alte Hexe? Wir brauchen nichts zu bezahlen! Und jetzt rücken Sie unsere Sachen raus. Sonst rufen wir die Polizei«, verlangte Nami.
    Vom Ende des Flurs kam eine wütende Männerstimme. »Was für ein Hotel ist das hier eigentlich? Die ganze Zeit so ein Gebrüll, ich will meine Ruhe haben!«
    Soo-Ja sah Nami direkt in die Augen. »Ihr wollt die Polizei holen? Schön, ich werde sie rufen. Dann lasse ich euch alle wegen Zechprellerei verhaften.« Sie nahm den Hörer des Telefons ab und wählte irgendwelche beliebigen Ziffern. Die knallharte Fassade der Mädchen begann zu bröckeln – Soo-Ja wusste genau, wie man bluffte.
    Einmal hatte sich ein Betrunkener ein Zimmer genommen, um seinen Rausch auszuschlafen, und am nächsten Morgen hatte er ihr gedroht, sie zu schlagen, wenn sie ihn nicht ohne Rechnung gehen ließe. Ein anderer Gast – ein großer, schwerer Mann fast ohne Augenbrauen – , der neben der Rezeption gesessen und auf seine Frau gewartet hatte, war ihr unwillkürlich zu Hilfe gekommen, indem er dem anderen Mann einen ungehaltenen Blick zuwarf. Soo-Ja reagierte sofort und erzählte dem Betrunkenen, der Mann sei ein Geheimpolizist, der zu ihrem Schutz abgestellt sei. Er würde ihn in einen dunklen Raum schleppen und in der Badewanne ertränken, wenn er nicht sofort seine Rechnung bezahlte. Sie war sich nicht sicher, ob der Betrunkene die Geschichte wirklich glaubte, aber er wollte es nicht darauf ankommen lassen, zog seine Brieftasche heraus und gab ihr das Geld.
    »Oder wollt ihr vielleicht lieber bezahlen und dann einfach gehen?« Soo-Ja machte eine kurze, dramatische Pause und legte den Hörer wieder auf. »Ich glaube, ihr wollt lieber bezahlen und dann einfach gehen.«
    Die Mädchen wirkten geschlagen und diskutierten untereinander, was sie nun tun sollten. Soo-Ja fragte sich, ob sie es wirklich für eine Zumutung hielten, für Dinge zu bezahlen. Aber nicht nur sie verhielten sich so, überall in der ganzen Stadt feilschten und schummelten die Menschen sich durchs Leben. Ja, die Männer und Frauen von Seoul waren »auf dem Weg nach oben«, verdienten immer mehr Geld, wurden dabei aber immer unglücklicher. Es war wie ein Virus, das die Massen befallen hatte. Sie glichen es wieder aus, indem sie sich ihren Freunden gegenüber extrem spendabel und ihrer Familie gegenüber liebevoll zeigten, aber das Leben hinterließ seine Spuren an ihren Seelen.
    Doch die Mädchen hatten ihre Trumpfkarte noch nicht ausgespielt. Nami wandte sich an Min, als hätte sie ihn eben erst bemerkt. Er war die ganze Zeit über still gewesen. »Herr Lee, als wir Ihnen gestern sagten, dass wir kein Geld haben und arme Mädchen aus Incheon sind, haben Sie geantwortet, dass wir uns keine Sorgen machen und unseren Spaß haben sollen. Stimmt das etwa nicht?«
    Min schwieg. Soo-Ja wartete darauf, dass er den Mädchen erklären würde, sie hätten ihn falsch verstanden, aber er tat es nicht, sondern sagte zu Soo-Ja: »Ach komm, warum lässt du ihnen nicht die Zimmer?«
    Das war’s, dachte Soo-Ja. So stand es also um ihre Ehe. Min beugte sich zu ihr, damit die Mädchen nicht mithören konnten (was sie natürlich doch konnten), und sagte leise: »Ich habe ihnen mein Wort gegeben. Gestern habe ich es ihnen versprochen, und wenn ich heute etwas anderes sage, verliere ich das Gesicht.«
    »Diese Mädchen haben durchaus Geld. Sie wollen uns doch nur über den Tisch ziehen. Ich weiß, was da läuft: Teenager, die Geld haben, wetten untereinander, dass sie alles umsonst kriegen.« Soo-Ja richtete ihre Worte nicht nur an Min, sondern auch an die Mädchen. Und an deren verlegener Reaktion erkannte sie, dass sie recht hatte.
    »Ich bezahle für sie«, bot Min an.
    Warum war er so versessen darauf, ihnen zu helfen? Er hatte das Geld doch überhaupt nicht.
    »Ich strampele mich ab wie eine Verrückte, damit wir das Land am Fluss kaufen können, und du verschenkst das Geld einfach«, schimpfte Soo-Ja.
    »Wir brauchen das Land nicht. Uns geht es doch gut hier«, erwiderte Min.
    Oh, wie sie ihn durchschütteln wollte! Nein, es war ihr eben nicht genug, nur ausreichend zu essen zu haben. Sie wollte fremde Länder entdecken, in denen der Himmel und das Meer in anderen Blautönen schimmerten als in Korea, sie wollte in exotische Sprachen eintauchen – und sie wollte ihre Zeit

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