Was dein Herz nicht weiß
getauft. Es war die zeichnerische Vision eines Künstlers, das Land, wie Gi-yong es sich einmal erhoffte – eine Stadtlandschaft mit glitzernden Glasfassaden, Wolkenkratzern und Werbetafeln für Coca-Cola. »Sie sind gerade noch rechtzeitig gekommen. Ich weiß nicht, wie lange ich Ihre Parzelle noch hätte halten können.«
»Eigentlich habe ich das Geld noch nicht zusammen. Ich bin gekommen, um Sie zu fragen, ob Sie mir mehr Zeit einräumen könnten«, erwiderte Soo-Ja, klammerte sich an ihre Tasche und schaute Gi-yong über den Schreibtisch hinweg an.
»Frau Choi«, antwortete Gi-yong ernst. »Sie wissen, dass ich noch andere Investoren habe, die an dem Land interessiert sind und Bargeld zur Verfügung haben. Aber weil ich Ihnen einen Gefallen tun möchte, halte ich es für Sie noch eine Weile zurück. Wenn ich wollte, könnte ich schon morgen die letzte Parzelle verkaufen. Möchten Sie jetzt aufgeben? Soll ich sie an jemand anderen verkaufen?«
»Nein. Ich habe noch zwei Wochen«, entgegnete Soo-Ja. »Und Sie haben mir Ihr Wort gegeben. Ich werde das Geld auftreiben. Zum vereinbarten Zeitpunkt werde ich es haben.«
»Daran zweifle ich nicht. Ich glaube, Sie sind eine Frau, die immer bekommt, was sie will«, erklärte Gi-yong.
»Das ist wohl kaum der Fall, aber ich spüre, dass das Glück auf meiner Seite ist«, sagte sie und zwang sich zu einem Lächeln.
»Es muss deprimierend für Sie sein, in diesem Hotel arbeiten zu müssen. Eine Frau von Ihrer Schönheit braucht einen Mann, der für sie sorgt.«
Soo-Ja verzog keine Miene. »Großartig. Das werde ich meinem Mann erzählen.«
Gi-yong lachte. »Sie müssen mich für ein Schwein halten, nicht wahr? Das bin ich aber nicht. Ich bin bloß direkt. Schauen Sie auf Ihre Hände. Sie sind wunderschön. Und nicht zum Schrubben gemacht. Sie sollten einfach auf wunderschönen, sehr teuren ledernen Armlehnen ruhen. Auf solchen, wie ich sie in meinem Haus habe.«
Soo-Ja schüttelte den Kopf. »Herr Im, ich bin nicht daran interessiert, die Frau eines reichen Mannes zu sein. Ich lege keinen Wert auf teure Möbel. Das ist nicht der Grund, warum ich das Land kaufen will.«
»Wirklich? Was wollen Sie dann?«, fragte Gi-yong und beugte sich interessiert vor. Soo-Ja dachte einen Moment lang nach. »Um nur einen Grund zu nennen: Ich möchte gern, dass meine Tochter ein eigenes Zimmer bekommt, in unserem eigenen Haus, weit weg von all den Männern, die sich als Gäste im Hotel aufhalten.«
Gi-yong nickte vorsichtig. Er hörte auf, anzüglich zu grinsen, und schaute sie an, als wäre sie seine Schwester oder Mutter. »Frau Choi, ich habe das Gefühl, Sie werden bald bekommen, was Sie sich wünschen – und noch viel mehr.«
»Danke, Herr Im.«
Nach einem kurzen Moment des Schweigens standen beide auf und gaben sich die Hand. »Zwei Wochen?«, fragte er.
»Zwei Wochen«, bekräftigte sie.
Es schien egoistisch, für Wonzu beten, wenn es andere Menschen gab, die für Essen, Gesundheit oder sogar für Liebe beteten, dachte Soo-Ja. Und trotzdem suchte sie in dieser Woche jeden Abend das Gespräch mit Gott und bat ihn, ihr zu helfen. Es mochte ein Zufall sein oder auch nicht, aber am dritten Tag rief ihre alte Freundin Jae-Hwa an und fragte, ob sie sie im Hotel besuchen könne. Soo-Ja hatte Jae-Hwa seit drei Jahren nicht mehr gesehen, aber oft an den Abend gedacht, an dem sie ihr geholfen hatte, ihren Mann zu verlassen. Jae-Hwa hatte wieder geheiratet – wundersamerweise den Besitzer der Ventilatorenfabrik, in der sie arbeitete. Soo-Ja hatte nicht zu ihrer Hochzeit gehen können, da sie niemals Urlaub bekam, aber Jae-Hwa hatte ihr verziehen. Sie schrieb Soo-Ja oft Briefe, in denen sie sich immer wieder für ihre Rettung und ihr gutes Leben bedankte.
Soo-Ja war sich sicher, dass Jae-Hwa ihr das Geld leihen würde. Sie malte sich sogar aus, wie sie zusammen investieren, benachbarte Parzellen kaufen und sich gegenseitig zu den jährlichen Wertsteigerungen beglückwünschen würden. Jae-Hwa würde sie niemals enttäuschen. D as dachte Soo-Jas jed enfalls.
»Du siehst genauso aus wie früher! Seit dem College bist du keinen Tag gealtert«, rief Jae-Hwa und streckte die Arme nach ihr aus, als sie eintrat. Soo-Ja eilte hinter dem Tresen hervor und umarmte Jae-Hwa.
»Auch du siehst wunderbar aus«, lächelte sie und deutete auf die Sessel in der Lobby.
»Wie alt bist du jetzt?«, wollte Jae-Hwa wissen. »Sechsunddreißig? Siebenunddreißig?«
»Jae-Hwa, du weißt doch, dass wir
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