Was dein Herz verspricht
ertönte die ruhige, tiefe Stimme, die sie nur zu gut kannte, eine Stimme, bei deren Klang ein entsetzter Schauder über ihren Rücken lief. »Komm herein, und mach die Tür zu.«
Nick betrachtete die beiden Frauen, die ihm auf der Welt am meisten bedeuteten. Elizabeth’ Gesicht war bleich wie ein Stück Papier. Seine Schwester wirkte gequält.
»Ich kann es nicht glauben«, brachte Maggie schließlich heraus. »Ich kann es einfach nicht glauben. Ich dachte, es liegt dir etwas an ihr. Ich dachte, du wolltest sie beschützen. Statt dessen hast du sie ruiniert - genau wie Stephen mich ruiniert hat.«
Nick schwieg, aber jedes Wort traf ihn wie der Hieb eines Säbels.
»Es ist nicht seine Schuld.« Elizabeth rieb sich über die Stirn. »Er hat versucht, mich zu warnen. Er hat versucht, mich zu beschützen. Ich trage die Schuld. Ich liebe ihn, Maggie. Ich wollte mit ihm Zusammensein.«
»Du warst unschuldig. Nick hätte es besser wissen müssen. Er hätte -«
»Ich hätte ihr fernbleiben müssen«, beendete Nick rauh den Satz. »Ich hätte mein Wort halten müssen. Ist es das nicht, was du sagen willst, kleine Schwester?«
Maggie hob das Kinn. »Du hast dich verändert, Nick. Es gab Zeiten, da hat dir deine Ehre mehr bedeutet als die Verführung einer Unschuldigen.«
Nick machte einen zornigen Schritt weg von der Wand, an die er sich gelehnt hatte. »Das glaubst du also? Daß ich nicht mehr will als Verführung? Daß ich nichts anderes von Elizabeth will als die Freuden ihres Körpers? Wenn du das von mir glaubst, dann hast du dich verändert.«
Maggie betrachtete suchend sein Gesicht. Er fragte sich, ob sie wohl seinen Schmerz sehen konnte und das quälende Bedauern, das seine Züge hart wirken ließ.
»Du hast recht«, sagte sie, ihn unverwandt ansehend. »Es gab Zeiten, da hätte ich nie geglaubt, daß du so etwas tun könntest.«
»Und jetzt?« Er hatte seine Schwierigkeiten auf Elizabeth übertragen, er verdiente die Worte seiner Schwester, und doch stachen sie ihm ins Herz wie Messer.
Maggies Augen füllten sich mit Tränen. »Jetzt bin ich älter und sehe nicht mehr alles so klar.« Sie legte eine Hand unsicher an seine Wange. »Wenn ich jünger gewesen wäre, hätte ich von Anfang an gesehen, wieviel dir an ihr liegt und wie sehr du sie brauchst. Und daß dich das sogar noch mehr schmerzt als Elizabeth.«
Nick wurde es eng in der Kehle. Natürlich sah sie das. Sie hatte ihn von klein auf durchschauen können. Der Schmerz blieb, doch gelindert durch das Wissen, daß die Nähe zwischen ihnen unverändert war.
»O Nick.« Maggie warf sich in seine Arme, und er hielt sie an sich gedrückt, wünschte, er hätte ihr dies ersparen können.
»Es tut mir leid. Ich weiß nicht, was ich sonst sagen soll.«
Sie tupfte eine Träne von ihrer Wange. »Ich muß mich entschuldigen. Es war falsch von mir, euch zu kritisieren. Meine Vergangenheit hat wohl dazu geführt, daß ich zu oft das Schlechteste erwarte.«
»Du hattest nicht unrecht.« Er sah über Maggies Schulter zu der bleichen Frau, die etwas abseits stand. »Du hattest recht mit allem. Ich habe Elizabeth’ Zukunft ruiniert. Ich habe auch deine Zukunft gefährdet, weil ich Elizabeth so heftig begehrte, daß ich bereit war, alles dafür zu riskieren -absolut alles -, nur um sie zu bekommen. Ich bin eigentlich nicht besser als Bascomb.«
»Nein!« Elizabeth trat näher. »Das stimmt nicht. Du bist überhaupt nicht wie Oliver Hampton! Du bist großzügig und gutherzig. Du bist freundlich und sorgsam. Du verdienst ein wenig Glück - egal, was du dafür riskieren mußt.«
Nick schüttelte den Kopf, aber Maggie griff nach seinem Arm. »Elizabeth hat recht, Nick. Du verdienst etwas Glück. Und wenn sie bereit ist, die Dinge so zu nehmen, wie sie sind, dann ist alles andere unwichtig.«
Natürlich war das nicht so. Elizabeth vertraute ihm, daß er sie versorgte. Seine Schwester vertraute ihm, daß er sie beschützte und für ihre Zukunft sorgte. Bisher war er in beidem nicht besonders gut gewesen.
Er schloß die Augen angesichts dieses Gefühls von Versagen. Es mußte doch irgend etwas geben, um die Lage zu verbessern. Was immer es war.
Nick schwor sich in diesem Moment, daß er einen Weg finden würde.
»Herr im Himmel, ist das nicht Lord Tricklewood?« Maggie schaute über Elizabeth’ Schulter aus dem Fenster des Stadthauses. Jetzt, nachdem sie ihr Geheimnis kannte, hatte sich ein noch festeres Band zwischen den beiden Frauen gebildet. Sie beide
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