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Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)

Was deine Augen sagen: Roman (German Edition)

Titel: Was deine Augen sagen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florencia Bonelli
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wo die Wirkung des Schlafmittels nachließ, kehrten die Bilder klar und deutlich zurück.
    Sie musste von hier fliehen. Sie würde nicht zulassen, dass ihrem Kind oder Kamal etwas zustieß. Mühsam setzte sie sich auf und sah sich um. Es schien sich um eine Art Höhle zu handeln, ein grob in den Fels gehauenes Loch, und obwohl sie sicher war, bei klarem Verstand zu sein, fiel es ihr schwer zu glauben, dass ihr das wirklich passierte.
    Aber im Moment nützte es ihr nichts, die Einzelheiten oder die Gründe für diesen Albtraum zu kennen. Sie musste nur einen Fluchtweg finden. Sie hörte Stimmen und schaute durch die Luke in der Tür: Zwei Männer näherten sich mit raschen Schritten. Der eine war der, der sie geschlagen hatte; der andere, groß und kräftig und mit einer Klappe über dem linken Auge, ließ sie vor Angst erschaudern. Die beiden unterhielten sich auf Arabisch, und aus ihrem Tonfall schloss sie, dass sie sich stritten. Sie hoffte inständig, dass die Männer nicht zu ihr wollten – doch vergeblich, denn sie blieben vor ihrer Tür stehen und betrachteten sie durch die Gitterstäbe hindurch. Francesca wich zurück.
    »Sie ist wach«, stellte Abu Bakr fest. »Schaffen wir sie uns vom Hals. Es ist überflüssig, sie in das neue Versteck mitzuschleppen.«
    Sie schlossen die Tür auf und fanden Francesca hinter der Pritsche, wo sie in einer Ecke kauerte. Ihr Verhalten erinnerte die Männer an das eines in die Enge getriebenen Tieres. Ihre schwarzen Augen, die sie unverwandt ansahen, schienen Funken zu sprühen vor Hass und Wut. »Ich werde mich nicht kampflos ergeben«, schienen sie zu sagen. Kalim bewunderte sie dafür, dass sie weder weinte noch flehte. Er zog sein Messer und ging langsam auf sie zu, wobei er sie mit seinem gesunden Auge fixierte, als wollte er sie hypnotisieren. Francesca wich an die Wand zurück und versuchte, das Bettgestell zwischen sich und den Mann mit der Augenklappe zu schieben.
    »Komm schon her, Kleine«, sagte Kalim.
    Francesca schob sich seitlich in Richtung der geöffneten Tür. Wenn sie es bis dorthin schaffte, würde es ihr nicht schwerfallen, den anderen Kerl zu Boden zu stoßen und zu fliehen. Das Blut rauschte durch ihre Adern und verlieh ihr ungeahnte Kräfte. Vergessen waren alle Schmerzen, und sie war bereit, es mit einer ganzen Armee aufzunehmen, um ihr Baby zu retten. Niemand würde es wagen, ihr etwas anzutun, weder ihr noch ihrem Kind. Kalim fuchtelte mit dem Messer vor ihrem Gesicht herum, um sie einzuschüchtern.
    Auf einmal waren Schreie zu hören und dann mehrere Schüsse. Abu Bakr blickte in den Flur, und bevor er hastig die Zelle verließ, befahl er: »Mach schon, leg sie um.«
    Kalim wandte sich wieder seiner Beute zu und zog spöttisch eine Augenbraue hoch.
    »Wie es scheint, hat mir das Schicksal einige Minuten zugestanden, um mit dir allein zu sein.« Er leckte sich mit der Zunge über die Lippen.
    Obwohl Francesca kein Wort verstand, begriff sie sofort, was der Araber vorhatte.
    ***
    Kamal hatte sich im Hintergrund gehalten und sich nicht in die Arbeit der Experten eingemischt. Aber nachdem sie dem Wachposten durch dunkle Labyrinthe gefolgt waren, setzte er sich von der Gruppe ab, die versuchte, die Terroristen am Eingang zur Höhle auszuschalten, und machte sich auf eigene Faust auf die Suche nach Francesca. Er war der Meinung, dass er das alleine erledigen musste.
    Auch hier gabelten sich die dunklen, unheimlichen Gänge immer wieder, die nur schwach von Fackeln beleuchtet wurden, die in den Felswänden steckten. Unsicher ging er weiter, während er sich fragte, ob er den richtigen Weg eingeschlagen hatte. An einigen Wegbiegungen musste er sich verstecken und weitere Männer vorbeilassen, die, aufgeschreckt von dem Schusswechsel am anderen Ende der Höhle, mit gezückten Waffen vorbeiliefen. Die Terroristen interessierten ihn nicht weiter; er wollte nur Francesca finden und befreien. Er weigerte sich, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass sie bereits tot sein könnte. Paradoxerweise beruhigte ihn der Schwur, den er sich auf dem Flug nach Jordanien gegeben hatte, und ließ ihn immer weiter gehen: Entweder er holte Francesca lebend hier raus, oder er würde das Tageslicht nicht mehr wiedersehen.
    ***
    Das Messer störte bei dem Versuch, sie zu vergewaltigen. Kalim schob es in den Gürtel zurück und ging auf sie zu. Francesca wich zur Seite aus, doch so sehr sie sich auch bemühte, einen kühlen Kopf zu bewahren, die Verzweiflung nahm rasch

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