Was der Hund sah
bei den Detroit Lions zu Ende, danach verschwand er einfach in der Versenkung. Shonka sah auf den Bildschirm, wo der junge Mann, der vielleicht beste Quarterback des Jahres, seine Mannschaft über das Feld dirigierte. »Kann er das in die NFL übertragen?« Er schüttelte langsam den Kopf. »Mist.«
Genau das ist das Quarterback-Problem. Es gibt Berufe, in denen sich nicht vorhersagen lässt, ob sich ein Kandidat bewähren wird, ganz egal wie viel man vorher über ihn in Erfahrung bringt. Wie entscheidet man sich also für die richtigen Bewerber? Heute müssen sich viele Branchen mit dieser Frage auseinandersetzen, aber nirgends hat dies so weitreichende gesellschaftliche Konsequenzen wie in der Schule.
2.
Eines der wichtigsten Instrumente der zeitgenössischen Bildungsforschung ist die sogenannte Wertschöpfungsanalyse. Bei diesem Verfahren werden Standardtests eingesetzt, um zu ermitteln, inwieweit sich die schulischen Leistungen der Kinder im Laufe eines Schuljahrs unter einer bestimmten Lehrkraft verändern. Nehmen wir an, Mrs. Brown und Mr. Smith unterrichten eine dritte Klasse, die zu Schuljahresbeginn in Mathematik und Lesen im Landesdurchschnitt liegen. Bei einem zweiten Test vor den Sommerferien gehört die Klasse von Mrs. Brown zu den besten 30 Prozent, und die von Mr. Smith zu den schlechtesten 40 Prozent. Nach Ansicht der Vertreter der Wertschöpfungstheorie lässt sich an diesen Ergebnissen ablesen, dass Mrs. Brown effektiver ist als Mr. Smith.
Das ist natürlich nur ein sehr grobes Maß, denn die Lehrkräfte sind nicht allein verantwortlich für das, was die Kinder lernen, und nicht alles, was sie ihren Schülern vermitteln, lässt sich mithilfe von Standardtests erfassen. Wenn wir jedoch Brown und Smith einige Jahre lang beobachten, werden die Testergebnisse ihrer Schüler vorhersehbar: Mit einer ausreichenden Datenmenge lässt sich erkennen, welche Lehrkräfte gute Arbeit leisten und welche nicht. Und dieser Unterschied ist gewaltig.
Eric Hanushek, Wirtschaftswissenschaftler der Stanford University, schätzt, dass Kinder unter einer schlechten Lehrkraft in einem Schuljahr die Hälfte des Lehrplans lernen. Unter einer sehr guten Lehrkraft lernen sie dagegen in einem Jahr das Material von anderthalb Jahren. Der Unterschied beträgt also ein ganzes Jahrespensum innerhalb eines einzigen Schuljahres. Der Lehrereffekt stellt den Schuleffekt weit in den Schatten: Unter einer guten Lehrkraft in einer schlechten Schule lernt Ihr Kind mehr als unter einer schlechten Lehrkraft in einer guten Schule. Lehrkräfte spielen außerdem eine größere Rolle als Klassenstärken. Man müsste die Klassengrößen halbieren, um den derselben Effekt zu erzielen wie beim Wechsel von einer durchschnittlichen zu einer sehr guten Lehrkraft. Und eine gute Lehrkraft ist genauso teuer wie eine durchschnittliche, während die Halbierung der Klassenstärken eine Verdoppelung der Klassenräume und der Lehrerschaft erfordern würde.
Wenn sich die Vereinigten Staaten auch nur marginal um die Qualität der Lehrkräfte kümmern würden, hätte dies immense Auswirkungen. Im internationalen Bildungsvergleich befinden sich die Vereinigten Staaten heute im Mittelfeld, mit erheblichem Abstand zu einer Gruppe leistungsstarker Länder wie Kanada oder Belgien. Dieser Abstand könnte sich laut Hanushek verringern lassen, wenn man nur die schlechtesten 6 bis 10 Prozent des Lehrkörpers durch durchschnittliche Lehrkräfte ersetzen würde. Nachdem sich Bildungspolitiker jahrelang mit Mittelkürzungen, Klassenstärken und Lehrplangestaltung herumgeschlagen haben, kommen sie heute zu dem Schluss, dass nichts wichtiger ist, als Absolventen zu finden, die das Zeug dazu haben, ausgezeichnete Lehrkräfte zu werden. Doch genau das ist der Haken: Niemand weiß, wer diese Absolventen sind. Die Schulen haben ein Quarterback-Problem.
3.
Der Anstoß zum Spiel der Missouri Tigers gegen Oklahoma State erfolgte um 19 Uhr. Es war ein perfekter Football-Abend, am Himmel war kein Wölkchen zu sehen, und eine herbstliche Brise kühlte das Stadion. Am Nachmittag hatten die Zuschauer auf den Parkplätzen um das Stadion gegrillt. An den Zufahrtsstraßen parkten die Autos, viele mit schwarz-gelb-gestreiften Tigerschwänzen an den Antennen. Für Missouri war es eines der wichtigsten Spiele des Jahres. Die Tigers waren bislang ungeschlagen und hatten gute Aussichten, die Nummer eins im amerikanischen Collegefootball zu werden. Shonka schob sich durch die Zuschauer und
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