Was der Nachtwind verspricht
hat genau das getan, was sie mir für den Fall angedroht hat, dass ich mich mit einer anderen Frau zu amüsieren versuche. Sie hat in aller Öffentlichkeit eine Szene gemacht. Kannst du dir vorstellen, was passiert, wenn sie so etwas auch an Stefans Hof fertigbringt?«
Lazar grinste. »Stefan findet es vielleicht ganz amüsant. Tania wird es gefallen.«
»Und meine Mutter würde vor Schreck in Ohnmacht fallen. Ich muss diese kleine Wilde unbedingt loswerden, bevor wir Kardinien erreichen. Aber wie soll ich das nur fertigbringen, wenn sie einen meiner wirkungsvollsten Pläne praktisch unbrauchbar gemacht hat?«
»Aber du hast doch andere Möglichkeiten«, erinnerte ihn Lazar. »Die übrigens nicht wirken, wenn du mehrere Meter von ihr entfernt sitzt.«
»Wenn ich neben ihr sitzen würde, hätte ich sie inzwischen erwürgt«, erwiderte Wassili. »Vielleicht werde ich das ja auch noch tun.«
Er übertrieb keineswegs. Er verspürte immer noch das dringende Bedürfnis, ihr den hübschen Hals umzudrehen, und hatte es den ganzen Abend vermieden, in ihre Richtung zu sehen. Als er jetzt daran dachte, wanderten seine Augen jedoch unwillkürlich zu ihrem Tisch hinüber. Er rechnete allerdings nicht mit weiteren Überraschungen oder mit einer Gelegenheit, seinen Ärger für eine Weile zu vergessen.
Alexandra hielt in der einen Hand ein Hühnerbein, mit dem sie wild in der Luft herumfuchtelte, während sie sich mit ihren Freunden unterhielt. In der anderen Hand hielt sie ein Blatt gekochten Kohl - ein ziemlich großes Blatt -, das sie mit Hilfe ihrer Finger in den Mund stopfte. Den Wein trank sie direkt aus der Flasche. Das Brot tunkte sie in die Butter, anstatt diese mit. dem Messer darauf zu verteilen. In den fünf Minuten, in denen er sie anstarrte, griff sie kein einziges Mal nach dem Besteck, das unbenutzt neben ihrem Teller lag.
In diesem Augenblick wurde ihm zu seiner Erleichterung klar, dass die Antwort auf all seine Probleme Alexandra selbst war. Es wäre ihm nicht eingefallen, wenn er nicht gerade seine Mutter erwähnt und sich den Schock vorgestellt hätte, den sie erleiden würde, wenn sie eine Szene wie die von heute Abend miterleben muss te. Aber Alexandras Tischmanieren und noch einige andere Kleinigkeiten - und der Himmel wusste , was noch alles -, würden seine Mutter dermaßen entsetzen, dass eine Heirat gar nicht mehr zur Debatte stehen würde. Sie würde ihm diese Hochzeit sogar strikt verbieten.
»Lazar, ich muss vielleicht gar nichts anderes tun, als sie mit nach Hause zu nehmen und mit meiner Mutter essen zu lassen. Schau sie dir an. Sie isst wie ein Schwein.«
»Das habe ich auch schon bemerkt, ich wollte es nur nicht sagen«, erwiderte Lazar amüsiert. »Du scheinst nicht sonderlich entsetzt zu sein.«
»Machst du Witze? Mir könnte nichts Besseres passieren. Ich werde diese Verlobung nicht brechen, und sie wird es auch nicht tun. Wenn meine Mutter auch nur einen Tag mit ihr verbringt - und dafür werde ich sorgen -, wird sie ihre Zustimmung zu dieser Heirat verweigern. Und damit wäre die Sache erledigt.«
»Du wirst dich doch nicht etwa darauf verlassen? Es ist Marias sehnlichster Wunsch, dich verheiratet zu sehen.«
Angesichts dieses deprimierenden Winks runzelte Wassili die Stirn. »Ein guter Einwand. Ich werde wie geplant weitermachen, obwohl jetzt glücklicherweise keine Eile mehr besteht. Ich habe jetzt keinen Zweifel mehr, dass diese Angelegenheit von selbst wieder in Ordnung kommen wird.«
»Hattest du denn Zweifel?«
»Ich war zu Tode erschrocken, wenn du es genau wissen willst«, sagte Wassili und übertrieb ein wenig.
Lazar schnaubte verächtlich. »Ich kann mir nicht vorstellen, warum. Wenn du dir schon eine Frau nehmen muss t, warum nicht diese? Sie sieht gut aus, steckt voller Überraschungen - was nichts Schlechtes sein muss -, und du könntest ihr ja immer noch richtiges Benehmen beibringen. Außerdem strotzt sie geradezu vor Gesundheit, was bedeutet, dass sie absolut keine Schwierigkeiten haben wird, dir viele kleine Erben zu schenken.«
»Wenn ich nach einer Ehefrau suchen würde, wäre das wahrscheinlich alles richtig. Aber du hast einige wichtige Tatsachen ausgelassen. Alexandras Benehmen verärgert mich ungemein, ich kann sie nicht leiden, und ich kann dir ein Dutzend Frauen nennen, die mir besser gefallen und mir nicht ins Gesicht sagen würden, dass sie mich nicht heiraten wollen.«
Lazar konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken. »Das nagt also immer noch an
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