Was die Nacht verheißt
starrte weiter von der anderen Seite des Saals herüber. Er war einen ganzen Kopf größer als die Umstehenden, trug einen schwarzen Frack, der perfekt auf seine schlanke, breitschultrige Gestalt passte. Sein Haar glänzte blauschwarz im Licht der vergoldeten Leuchter. Seine Haut war dunkel, seine Augen noch dunkler. Sie blieben unverwandt auf ihr Gesicht gerichtet, doch es lag ein seltsamer Ausdruck in seiner Haltung. Überrascht stellte sie fest, dass es Ärger war.
»Ich fürchte, ich.. .ich fühle mich nicht besonders gut. Wenn Ihr nichts dagegen habt, würde ich mich gern für den Rest des Tanzes hinsetzen.«
Palmer lächelte nachgiebig. »Vielleicht sollten wir nach draußen gehen, damit ihr ein wenig frische Luft bekommt.«
»Nein, ich -« Sie schüttelte den Kopf ein wenig zu eindringlich, dann holte sie tief Luft und lächelte. »Etwas Kaltes zu trinken wäre mir lieber, wenn es Euch nichts ausmacht.«
Er verbeugte sich höflich, machte kehrt und ging hinüber zur Punschtheke. Sobald er außer Sicht war, machte sich Brandy auf den Weg in Richtung Rex Delaine, der neben Lord Halliday stand. Er war ins Gespräch mit einer jungen blonden Frau vertieft, die Brandy schon einmal mit ihm gesehen hatte. Sie erinnerte sich, dass das Lady Margaret Herring war.
Sie zupfte an seinem Ärmel. »Es tut mir Leid, wenn ich dich störe, Rex, aber könnte ich dich vielleicht kurz unter vier Augen sprechen?«
Ein Blick auf ihr bleiches Gesicht, und er wandte sich der Blonden zu: »Ihr entschuldigt, Lady Margaret...?«
»Natürlich.« Aber sie wirkte nicht allzu glücklich darüber.
Rex nahm Brandys Arm. »Was ist los ? Du siehst aus, als hättest du eben einen Geist gesehen.«
»Ich glaube, das habe ich auch. Dein Bruder ist hier, Rex. Marcus ist gerade hereingekommen.«
Er hob mit einem Ruck den Kopf. »Aber das ist unmöglich. Wir erwarten ihn frühestens in einem Jahr zurück.« Sie nahm seinen Arm und drehte Rex in Richtung Tür, gerade als Marcus, auf einen Stock mit silbernem Knauf gestützt, durch den Raum auf sie zukam.
Rex’ Schultern spannten sich an. »Verdammt. Hoffentlich ist seinem Schiff nichts passiert.«
Auf den Gedanken war sie nicht gekommen. Das Einzige, woran sie dachte, war, dass Marcus zurückgekehrt war, während sie sich vor kurzem mit einem anderen Mann verlobt hatte.
Lady Halliday trat auf ihn zu, als er die Gruppe ihrer Freunde erreichte. »Herr im Himmel - ich dachte, Ihr wäret hinter den Rand der Erde gesegelt, irgendwo in Richtung China oder so etwas Ähnliches.«
Marcus lächelte und beugte sich über die Hand der Frau, doch sein Blick suchte Brianne. »Das hatte ich ursprünglich vor. Aber ich habe es mir anders überlegt.« Sie spürte die Eindringlichkeit seines Blicks und erschauderte.
»Hattest du Schwierigkeiten?«, fragte Rex. »Ich hoffe, der Seehabicht ist nichts passiert?«
»Keine Schwierigkeiten«, sagte Marcus. »Wenigstens nicht jener Art.«
Brandy fragte sich, welcher Art seine Schwierigkeiten wohl sein mochten, doch das ging sie nicht länger etwas an. Obwohl er noch nicht mit ihr gesprochen hatte, blieb sein Blick auf ihr Gesicht gerichtet. Der Ärger war verschwunden, ersetzt durch einen Ausdruck von Wärme, bei dem sie kleine Schauder empfand.
»Miss Winters. Ihr seht wirklich hübsch aus. Offensichtlich bekommt Euch London gut.«
»Danke sehr, Mylord. Und ja ... ja, das tut es wirklich.« Brandy spürte Richards Gegenwart hinter sich, der schweigend seinen Besitz zu sichern versuchte. Sie war sich nicht sicher, ob sie froh sein sollte, dass er da war, oder verärgert, dass er sich so bedroht fühlte.
In diesem Augenblick trat der Marquis herbei. »Gut, Euch zu sehen, Hawksmoor.« Er griff nach Marcus’ Hand. Seine Züge wirkten hart, in einer Art warnend, wie Brandy ihn noch nie erlebt hatte. »Ihr seid zu einem bedeutenden Zeitpunkt gekommen«, sagte er nachdrücklich. »Mein Sohn hat erst kürzlich beschlossen zu heiraten. Ende nächster Woche werden wir bei einem Ball in Halliday Hall die Verlobung bekannt geben. Wir würden uns freuen, wenn Ihr auch kommen könntet.«
Marcus’ Blick richtete sich auf Richard, dann auf Brianne. Seine Augen wirkten so brennend, dass sie die Hitze beinah auf der Haut spüren konnte. Er lächelte Richard zu, doch mit wenig Wärme im Blick. »Gratuliere, Lockhart. Gehe ich recht in der Annahme, dass die betreffende Dame Miss Winters ist?«
Richards Blick traf auf den seinen. »Ja, Brianne hat zugestimmt, meine Frau zu
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