Was die Nacht verheißt
bleiben, Marcus, dann würde ich dir raten, von nun an deine Hände bei dir zu behalten.«
Sein Blick bohrte sich heiß und eindringlich in den ihren. »Ich will mehr von dir als Freundschaft, Brianne. Immer schon.«
Brandy schüttelte den Kopf und fühlte sich den Tränen nah. »Es ist zu spät, Marcus. Du wolltest mich nicht. Eigentlich wolltest du mich nie wirklich. Ein freundlicher und braver Mann hat mich gebeten, ihn zu heiraten. Bitte... wenn dir auch nur ein wenig an mir liegt, lässt du mich von jetzt an in Ruhe.«
Er wirkte, als wollte er widersprechen, sah dann aber weg. Seine Knöchel, die um den Knauf seines Stockes lagen, waren weiß.
Brandy wandte sich ab und gab sich große Mühe, nicht zu weinen. Sie wusste nicht, warum er hier war, aber das war nicht wirklich von Bedeutung. Was sie ihm gesagt hatte, war die Wahrheit - es war zu spät. Sie wollte ihn nicht sehen. Sie wollte nicht in seiner Nähe sein. Sie hatte endlich gelernt, ohne ihn zu leben, und war entschlossen, dass es auch dabei bleiben sollte. Wortlos ging sie zur Tür und ließ ihn auf der Terrasse zurück, hasste sich dafür, was sie hatte geschehen lassen. Schuldgefühle nagten an ihr. Wie hatte sie Richard nur so betrügen können, während er immer so nett zu ihr gewesen war?
Sie achtete nicht weiter auf ihre zitternden Glieder und das plötzliche Verlangen davonzulaufen und ging wieder zurück ins Haus, in der Hoffnung, dass sie nicht so erschüttert aussah, wie sie sich fühlte. Lady Halliday saß im Salon. Sie schaute auf, als Brandy sich näherte, und ihr kluger Blick entdeckte die Röte auf Brandys Wangen.
»Mein Liebe, was ist los? Ihr seht wirklich mitgenommen aus.«
»Ich - ich fühle mich leider nicht besonders. Ich weiß, dass das nicht sehr höflich ist, aber glaubt Ihr, es würde Richard etwas ausmachen, wenn ich ihn bitte, mich nach Hause zu bringen?«
Die Marquise schaute zu der Tür, durch die Brandy eben hereingekommen war.
Eine hoch gewachsene Gestalt stand im Schatten auf der Terrasse. »Ich bin selbst ein wenig müde«, sagte die Marquise. »Kommt, wir sagen Simon und Richard, dass wir nach Hause möchten.«
»Meint Ihr wirklich?«
Ihr Blick wanderte wieder zu den Terrassentüren. »Ja, bestimmt«, sagte sie sanft. »Wir haben noch eine Menge zu tun, um Eure Verlobungsfeier vorzubereiten. Ein wenig Ruhe würde uns allen gut tun.«
Brandy nickte nur. Sie war schuldbewusst und verwirrt, und ein leises Ziehen pochte in ihrem Herzen. Richard verdiente eine Frau, die ihn ganz und gar liebte, so wie seine Mutter seinen Vater liebte. Und so gern Brandy ihn auch haben mochte, nach dem, was mit Marcus geschehen war, schien sie sich nicht mehr so sicher, ob sie ihn je so würde lieben können.
Mein Gott, wenn sie nur gewusst hätte, was sie tun sollte.
In der privaten Loge der Hawksmoors im Theatre Royale an der Catherine Street in Covent Garden saß Marcus neben Rex und Lady Margaret Herring, der hübschen blonden Frau, mit der Rex sich seit einigen Wochen öfter traf. Links neben Margaret saß ihre Mutter, die Gräfin von Trenton. In einer Loge gegenüber konnte er Brianne Winters sehen, die in einem roten Samtsitz neben ihrem zukünftigen Ehemann saß.
Jedes Mal, wenn Richard sie berührte oder nach ihrer Hand griff, wurde es Marcus eng in der Brust.
Der vergoldete Sitz neben ihm knarrte, als sein Bruder sich zu ihm vorbeugte. »Du liebst sie, weißt du das ?«, sagte Rex leise, und seine hellblauen Augen schimmerten im Kerzenlicht. »Warum gibst du das nicht einfach zu?«
Marcus sah hinüber zu Brianne und konnte kaum glauben, dass die hübsche, unglaublich selbstbewusste junge Frau in dem gelb gestreiften Kleid einst ein Wirtshaus-Mädel aus Charleston gewesen war. »Sie ist einem anderen Mann versprochen, einem, den ich für meinen Freund halte.«
»Richard ist auch mein Freund. Das bedeutet nicht, dass du ruhig Zusehen und erlauben solltest, dass er euer aller Leben ruiniert.«
Marcus’ Mundwinkel verzogen sich leicht. »Das habe ich auch nicht vor.«
»Ach ja?«
»Ich bin nicht zurück nach England gekommen, um dazustehen und mit anzusehen, wie Brianne Richard Lockhart heiratet.«
Rex runzelte die Stirn. »Falls du die Absicht hast, sie wieder zu deiner Geliebten zu machen -«
»Habe ich nicht.«
»Wenn du die Absicht hast, sie zu heiraten und monatelang allein zu lassen, während du wieder zur See fährst -«
»Ich habe nicht die leiseste Absicht, sie zu verlassen und wieder zur See zu gehen.
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