Was die Nacht verheißt
widersprechen, aber Hamish schüttelte den Kopf. »Es hat keinen Sinn, es abzustreiten. Es steht Euch ins Gesicht geschrieben.«
Marcus starrte wieder hinaus aufs Wasser. Es war die Wahrheit. Er liebte sie. Er hatte sich einzureden versucht, dass es nicht so war, aber die Lüge überzeugte ihn nicht mehr. »Ich werde es überwinden. Mit der Zeit werden die Dinge wieder so sein wie früher.« Aber er glaubte das nicht wirklich. Nicht mehr.
Hamish legte eine Hand auf seine Schulter. »Ich denke, dass Ihr diesmal vielleicht Unrecht habt. Ich glaube, wir beide haben einen Fehler gemacht.«
Marcus’ Blick richtete sich auf seinen Freund. »Was für einen Fehler?«
»Ich, als ich dachte, Ihr würdet sie vergessen, Ihr wäret nicht der Mann, der heiratet und sesshaft wird. Und Ihr, als Ihr dachtet, die See wäre Euch wichtiger als das, was Euch mit der Frau verband.«
Marcus schüttelte den Kopf. »Du hattest nicht Unrecht, und ich auch nicht. Die See ist mein Heim, war es immer schon.«
»Ich denke, dass Euer Heim dort ist, wo auch das Mädel ist. Seit Ihr wieder an Bord gekommen seid, finde ich, dass Ihr anders geworden seid. Ihr habt keine Freude mehr an der See-fahrt. Seid ehrlich zu Euch selbst, und Ihr werdet feststellen, dass ich die Wahrheit sage. Zeiten ändern sich. Menschen ändern sich. Das ist doch keine Schande.«
»Ich bin kein Mann, der sich ändert.«
»Nein? Ich glaube, Ihr hättet schon als Junge in dem großen Haus in Cornwall glücklich sein können, wenn Ihr eine Zukunft dort für möglich gehalten hättet. Jetzt gehört das Haus Euch, Junge. Und es ist ein Haus, auf das ein Mann stolz sein und das er ein Heim nennen kann.«
Heim. Ja, es hatte sich wirklich so angefühlt. Während der Zeit, die er in Tintagel gewesen war, hatte er sich in einer Weise dem Haus und dem Land nahe gefühlt wie noch nie zuvor, und seltsamerweise fehlte es ihm auch. Das hatte er nicht erwartet.
»Und wenn Ihr zurückgehen und eines Tages wieder Sehnsucht nach der See bekommen würdet, dann könntet Ihr sie immer noch mitnehmen.«
Einen Augenblick lang flackerte etwas Helles in ihm auf. Es war eine so einfache Antwort, und doch würde es nie funktionieren. »Das wäre nicht fair, Hamish. Eine Frau braucht Wurzeln, ein Heim für ihre Kinder.«
»Und solche Dinge braucht Ihr nicht?«
Mag sein, dass es so war. Vielleicht hatte er sie immer gebraucht. Vielleicht war die See nur ein Mittel gewesen, Dingen auszuweichen, von denen er glaubte, dass er sie nie bekommen könnte. Wochenlang hatte er das Leben vermisst, das er begonnen hatte, sich in Hawksmoor House aufzubauen, es hatte ihm die Herausforderung gefehlt, seine Ländereien selbst zu verwalten und etwas aufzubauen, das er einst an seine Söhne weitergeben könnte.
Kinder, von denen er nie geglaubt hätte, dass er sie wollen würde.
Und er hatte Brianne vermisst, mit einer Sehnsucht, die ihn zu verzehren drohte.
»Die Maiden müsste uns eigentlich entgegenkommen. Sie ist auf dem Weg nach London, sobald sie ihre Waren in Port of Spain gelöscht hat. Ihr könntet mit ihr zurückfahren. Ich bekomme es schon hin, diesen alten Kahn seine Fahrt erfolgreich abschließen zu lassen und nach England zurückzubringen.«
Marcus spürte eine seltsame Enge in der Brust. Er erkannte sie als Hoffnung, und die Intensität des Gefühls überwältigte ihn beinah. Er hätte nie geglaubt, dass er die See aufgeben könnte,' doch seit Wochen schon hatte er genau das tun wollen. Der Unfall hatte ihn irgendwie verändert, wurde ihm klar. Er sah das Leben jetzt ganz anders.
»Wir sind auf dem Weg nach China. Es wäre einfach nicht richtig, wenn ich -«
»Ihr werdet sie verlieren, wenn Ihr zu lange wartet.«
Ein scharfer Schmerz durchdrang seine Brust. Sie gehörte ihm, aber er würde sie verlieren. Vielleicht war es schon geschehen.
Hamish paffte an seiner Pfeife und betrachtete ihn durch eine dichte Rauchwolke. »Macht es so viel aus, dass sie keine verdammte englische Dame ist?«
Marcus’ harter Blick richtete sich auf das verwitterte Gesicht seines Freundes. »Gott im Himmel, nein! Es ist mir völlig egal, wer ihr Vater war. Immer schon.«
Briannes hübsches Gesicht erschien in seiner Erinnerung, mit strahlenden Augen und lachenden, weichen Lippen. Marcus griff nach der Reling, und sein Griff schloss sich fast schmerzhaft hart um das glatte, feuchte Holz. Er war ein Mann, der sich verschaffte, was er wollte. Wochenlang - nein, monatelang - hatte er sich etwas vorgelogen,
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