Was die Nacht verheißt
indem er sich davon zu überzeugen versuchte, dass er sein altes Leben zurückhaben wollte.
Vielleicht war es wegen der Schwierigkeiten, die die Hawksmoor Schifffahrtsgesellschaft durchgemacht hatte. Vielleicht hatte er auf irgendeine Art von Rache gehofft. Vielleicht hatte er auch nur Angst gehabt, die einzige Art von Leben zu verlassen, die er je gekannt hatte.
Was immer es gewesen sein mochte, jetzt lag die Wahrheit qualvoll klar vor ihm. Das einzelgängerische Leben, das er einst geliebt hatte, erschien ihm voller Einsamkeit und Leere. Er wollte ein neues Leben. Er wollte ein Heim und eine Familie.
Er wollte ein Leben mit Brianne.
Er sah Hamish an, dessen langes graues Haar vom Wind gezaust wurde. »Die Maiden, sagst du?«
Hamish grinste. »Aye, Käpt’n, ganz genau.«
Marcus lächelte und fühlte sich plötzlich erleichtert. Er konnte sich nicht erinnern, wann er sich zum letzten Mal so gefühlt hatte. Dann verblasste sein Lächeln langsam. Er hatte England schon vor Monaten verlassen und nie auch nur einen Brief geschickt. Brianne war eine schöne, begehrenswerte Frau. Sie war intelligent, und dank der Unterrichtsstunden, die sie bekommen hatte, konnte sie sich auch in den höchsten Gesellschaftskreisen tadellos benehmen. Selbst sein Bruder hatte sie anziehend gefunden.
Was, wenn er sie bereits verloren hatte?
Er hatte sich benommen wie ein verdammter Narr. Was, wenn es schon zu spät war?
23
Brandy, die unter einem glitzernden kristallenen Leuchter stand, nahm Rex Delaines Arm und ließ sich von ihm auf die Tanzfläche geleiten. Sie waren auf einer Soiree im eleganten Stadthaus des Grafen von Richmond. Die Saison war in vollem Gange, und eine endlose Reihe von Partys und Bällen hielt sie jeden Abend bis in die frühen Morgenstunden wach.
»Du scheinst dich diesem Leben ja angepasst zu haben wie eine Ente dem Wasser«, sagte Rex und deutete mit einer Kopfbewegung auf die elegant gekleideten Damen und Herren der Gesellschaft. Die Musik begann, und er nahm ihre Hand und führte sie durch die Schritte einer Quadrille. »Gehe ich recht in der Annahme, dass du dich gut amüsierst?«
Brandy lächelte. »Natürlich tue ich das.« Das war doch so -oder? Sie hatte fast immer so viel zu tun, dass ihr kaum Zeit blieb, darüber nachzudenken. »Ich werde dir und Richard immer dankbar sein.«
Sie bewegten sich vor, kamen wieder zusammen. Rex ließ sie eine anmutige Wendung machen. »Du scheinst Richard ja sehr gern zu haben.«
Da war sie - die Möglichkeit, auf die sie seit Tagen gewartet hatte. Dies war wahrscheinlich nicht der richtige Augenblick, aber wenn sie nicht bald etwas sagte, würde es sich langsam herumsprechen, und sie wollte diejenige sein, die es Rex sagte. »Richard hat mich gebeten, ihn zu heiraten.«
Eine schmale schwarze Augenbraue hob sich, aber es lag nur wenig Überraschung in seinem Gesichtsausdruck. »Gehe ich recht in der Annahme, dass du angenommen hast?«
»Ja. Ich hoffe, du bist damit einverstanden.«
Sein Blick richtete sich warm auf ihr Gesicht. »Du brauchst mein Einverständnis nicht, aber ja, ich bin einverstanden. Euch beiden meine allerbesten Wünsche.«
»Vielen Dank.«
»Richard ist ein guter Mann - einer der Besten. Und ich weiß, dass er dich sehr gern hat.«
Sie trennten sich, kamen dann wieder zusammen. »Du meinst nicht... du meinst nicht, dass ich zu weit gehe? Ich bin ihm wohl kaum gesellschaftlich ebenbürtig.«
»Vielleicht nicht von der Abstammung her. Aber sieh dich doch an - es ist niemand in diesem Raum, der bezweifelt, dass du hierher gehörst.«
Da lächelte sie, diesmal etwas ernsthafter. »Dafür muss ich
Professor Felton danken ... und natürlich werde ich auch deinem Bruder immer dankbar sein.«
Rex wandte den Blick ab, und auch sie schaute weg. Sie sprachen nicht weiter, und schließlich endete der Tanz. Rex begleitete sie zu der Stelle, wo Richard neben seinem Vater stand, einem gut aussehenden, charmanten Herrn mit intelligenten haselnussbraunen Augen, der seinem Sohn sehr ähnlich sah, nur dass sein blondes Haar an den Schläfen zu ergrauen begann.
»Ihr seid sehr hübsch heute Abend, Brianne.« Der Marquis beugte sich vor und sagte leise in ihr Ohr: »Ich muss immer wieder daran denken, welch schöne Ergänzung für die Familie Ihr sein werdet. Mein Sohn hat großes Glück. Ich kann es kaum erwarten, es offiziell zu verkünden.«
Brandy errötete. »Danke sehr, Mylord.«
Richard warf ihr einen zärtlichen Blick zu und lächelte. Er
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