Was die Nacht verheißt
leicht mit dem Kopf, und drei weitere Seemänner kamen herauf, Jillian Sharpe zwischen ihnen.
Sie brachten ihn zum Mast, und er wurde bis zur Taille ausgezogen, sodass sein massiger Oberkörper nackt war. Das Licht spiegelte sich auf seinem Glatzkopf, und sein Mund war zu einer dünnen, geraden Linie zusammengepresst. Seine Augen schienen vor Hass zu glitzern. Als sie nach ihr suchten und sie neben dem Kapitän stehend fanden, waren sie von solcher Bosheit und so viel Abscheu erfüllt, dass sie schauderte und unfreiwillig einen Schritt rückwärts machte.
Marcus’ Hand an ihrer Taille zog sie wieder zurück an ihren Platz, sanfter, als sie erwartet hatte. Er nickte noch einmal, und Sharpe wurde nach vorn an den Mast geschoben. Die Matrosen zogen ihm die Arme über den Kopf und banden sie an die dicke, runde Säule.
Mit einem höhnischen Grinsen und einem letzten hasserfüllten Blick wandte er den Blick ab und lehnte das Gesicht an den Mast.
»Mr. Hopkins, Ihr könnt anfangen, wann immer Ihr so weit seid.«
Brandy sah schweigend zu, und ihr Herz klopfte schmerzhaft heftig unter den Rippen. Ben Hopkins war der Zweite Maat an Bord der Seehabicht , ein Mann, den sie ein-oder zweimal im Weißen Pferd gesehen hatte und auch noch ein paarmal bei ihrer Arbeit in der Kombüse. Er war in den Dreißigern, Brite, und sein Gesicht war seit der Kindheit pockennarbig. Mit finsterer Miene schüttelte er das Bündel von langen, knotigen Lederstreifen aus, das an einem Ende einen Griff hatte.
Neunschwänzige Katze. Brandy kannte den Namen. Es war ein Gerät für eine Art von Strafe, die sie sich in ihren wildes-ten Albträumen nicht hätte vorstellen können, wenn sie nicht Seemannsgeschichten davon gehört hätte, die alle mit viel Respekt und Entsetzen erzählt wurden.
Sie spannte sich an, als der muskulöse Matrose die Peitsche zurückzog und sie ihr gefährliches Rutschen über das Deck und das gemeine Zischen in der Luft hörte. Sie klatschte auf Jilly Sharpes Rücken, und die ganze Mannschaft zuckte zusammen, als spürte auch sie den Schmerz.
Brandy spürte ihn auch, obwohl sie geglaubt hatte, das würde ihr nicht passieren. Jillian Sharpe verdiente jeden schmerzhaften Schlag mit der Peitsche, doch jedes Mal, wenn sie niederzischte und auf seinen Rücken klatschte, musste sie ihre ganze Kraft aufbringen, um sich nicht abzuwenden.
Mehr Schläge fielen, jeder laut gezählt. Sie schienen zusammenzufallen, und hässliche Striemen erschienen wie lange, dicke Finger. Und immer noch knallte die Peitsche nieder. Die Striemen verwandelten sich in dünne blutige Streifen, wo die braune Haut aufriss und das rohe Fleisch darunter zum Vorschein kam. Übelkeit überrollte Brandy, und ihr wurde schwindlig. Ihr Magen zog sich in einer Weise zusammen, dass sie sicher war, sie würde vor allen anderen jede Würde verlieren.
Immer noch zischte die Peitsche, noch mal und noch mal, bis sie nichts anderes mehr hören konnte als das Zischen des Leders und Jilly Sharpes durchdringende Schreie. Vier Dutzend Schläge. Sie erschienen ihr wie viertausend. Brandy erinnerte sich an Seemannsgeschichten von Männern, die genauso viel erhalten hatten. Diese Anzahl war manchmal ein Todesurteil, das wusste sie, ausgeführt in höchst grausamer Weise, wie sie jetzt sah. Zumindest würde Jilly Sharpe überleben. Aber er würde einen hohen Preis zu bezahlen haben.
Brandy hörte ihn wimmern, und ihr ganzer Körper zitterte. Schließlich wurde er bewusstlos, und sein Kopf sank nach vorn an den Mast. Doch die Peitsche schlug weiter zu. Sie kon-zentrierte sich darauf zu zählen, atmete mit Mühe ein und wieder aus, wünschte, es würde bald zu Ende gehen, versuchte, nicht jeden Schlag wie einen Peitschenhieb auf ihr Gewissen zu empfinden, der sie anklagte, der Grund für diese Strafe zu sein. Wenn sie nicht hinuntergangen wäre in den Laderaum ... wenn sie einfach Marcus’ Befehlen gehorcht hätte ...
Die Peitschte knallte noch einmal, und Brandy schwankte. Sie starrte den an den Mast gebunden Matrosen durch eine Art Nebel an und bemerkte erst jetzt, dass sie lautlos weinte. Sie schwankte und spürte Marcus’ Hand an der Taille. Er machte einen kleinen Schritt rückwärts und stellte sich hinter ihr auf, sodass sie sich an ihn lehnen konnte. Das gab ihr den Mut, den sie brauchte, und endlich hörte das schreckliche Zählen auf.
Als sie Sharpe vom Mast lösten, schauderte sie am ganzen Körper. Marcus, dessen Hand immer noch fest an ihrer Taille lag,
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