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Was die Seele krank macht und was sie heilt

Was die Seele krank macht und was sie heilt

Titel: Was die Seele krank macht und was sie heilt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schäfer
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für das eigene Handeln. Alles andere ist Entmündigung des Gegenübers. Wenn mir jemand vorschlägt, ich solle, um meine Kopfschmerzen zu heilen, mit Anlauf gegen eine Betonwand rennen, stellt sich die Frage: Wer trägt denn dann die Verantwortung? Der Ratgeber oder ich, der ich leichtfertig dem Rat folgte?
    Bei häufigen Abtreibungen kann man beobachten, daß Männer und Frauen, die an ihnen beteiligt waren, in Partnerschaften das Glück verläßt. Ein Beispiel: Ich erinnere mich an eine Aufstellung mit Symbolen, in der sich ein heilloses Durcheinander präsentierte. Es standen dort mehrere Männer, von denen die Frau schwanger gewesen war, mehrere abgetriebene Kinder und dazu noch ehemalige Partner, die sie nicht geschwängert hatten. Als die Frau das Aufstellen beendet hatte und das Bild in sich aufgenommen hatte, rief sie spontan aus: »Wenn ich mir das alles anschaue, verstehe ich, warum das bei mir nichts mehr wird.« Sie lebte schon viele Jahre ohne Partner.
    Zum Schluß sei noch auf die gesellschaftlich-kulturellen Umstände der Abtreibung hingewiesen. In China beispielsweise, wo Abtreibung fast eine Überlebensstrategie ist, hat diese Maßnahme vermutlich eine andere Bedeutung (vgl. AWI: 127).

Treue und Untreue

    Wer erwartet, Hellinger würde in moralisierender Weise der Treue das Wort reden, muß sogleich enttäuscht werden. In einem Seminar sagte er einmal:
    »Was ist denn so schlimm, wenn jemand mal eine andere Beziehung hat? Was wird eigentlich verletzt dabei? Der Unschuldige verhält sich, als hätte er ein Recht, den anderen immer für sich zu behalten. Das ist eine Anmaßung. Statt daß er versucht, den anderen für sich zu gewinnen durch Liebe, verfolgt er ihn. Und dann soll der andere noch mal zurückkommen? Das kann er dann nicht mehr. Wenn sich der Unschuldige über die Maßen gerächt hat, kann der Schuldige nicht mehr zu ihm zurück. Also ich plädiere für das Menschlichere und für das Maß.« (OL: 219)
    Aus Treue kann Schlimmes und aus Untreue kann Gutes entstehen. Es kommt immer auf die Umstände an. Jedenfalls hat das Verlangen nach unbedingter Treue häufig etwas damit zu tun, daß der Fordernde sich wie Vater oder Mutter verhält. Damit wird die Ebenbürtigkeit der Partner in Frage gestellt. Der andere sucht deswegen häufig eine Geliebte oder einen Geliebten, um dort wieder die Beziehung von gleich zu gleich zu erfahren. Kann man ihn deswegen schuldig sprechen? Wenn umgekehrt einem Partner die Trennung von den Eltern noch nicht gelungen ist, sucht er zuweilen außerhalb der bestehenden Beziehung nach der vermißten Mutter oder dem vermißten Vater. Auch die Bindung an ein Geschwister kann manchmal den Ehesegen stark beeinträchtigen.
    Ein Beispiel: Eine Frau schlief schon lange nicht mehr mit ihrem Mann. Selbst zärtliche Berührungen waren ihr zuwider. Der Mann litt sehr darunter. Schließlich hielt er es nicht mehr aus und nahm sich eine Freundin, doch er blieb bei der Frau und den Kindern. In der Aufstellung zog es die Frau zu ihrem toten jüngeren Bruder, den sie fast wie eine Mutter erzogen hatte. Er war durch einen tragischen Unfall ums Leben gekommen. Ihr Mann interessierte sie kaum.
    In der Aufstellung war sie unfähig, dem Bruder zu sagen: »Du bist tot. Ich lebe noch eine Weile, dann sterbe ich auch« oder »Es war sehr schlimm, aber im Andenken an dich wird es jetzt gut weitergehen. Bitte schau freundlich auf unsere Familie.« Sie wollte auch nicht den Platz neben ihrem Mann ausprobieren. »Das ist mir viel zu nah«, sagte sie. Sie wollte nur zum Bruder. Als sie vernahm, daß der Bruder über ihr Verhalten sehr traurig war, konnte auch das bei ihr nichts ändern.
    Wenn diese Ehe auseinanderbricht, mag der Außenstehende in dem sündigen Ehemann den Schuldigen sehen, doch von der Aufstellung her ist es gut nachvollziehbar, warum er sich eine Freundin suchte. Bei der Aufstellung wurde ebenfalls deutlich, daß die Kinder sich an der Seite des Vaters sicherer fühlten als bei der Mutter.
    Bei Untreue verurteilt oft der eine den anderen lautstark. Wenn der Unschuldige seinen Freunden und Bekannten gegenüber den Partner anschwärzt, etwa nach dem Motto: »Ich bin der Gute, und er ist das Schwein«, wird er ihn verlieren. Die Lösung besteht darin, daß der Partner sein Gesicht wahren kann und die Chance erhält, seine Tat wiedergutzumachen.
    Eine richtig verstandene Freue ergibt sich aus der Liebe, nicht aus einem Klammern. Für Hellinger heißt Treue: Achte mich und erweise

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