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Was die Toten wissen

Was die Toten wissen

Titel: Was die Toten wissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Lippman
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Ehe hatten?« Sie klang entrüstet wie ein Schulkind, die rein instinktive Abwehr gegen eine mögliche Beleidigung der Eltern.
    »Das weiß ich nicht und kann es auch nicht wissen. Ich habe ganz allgemein gesprochen, Heather.«
    Wieder dieses Lächeln, die Belohnung dafür, dass sie ihren Namen benutzt hatte, dafür, dass sie an sie glaubte, vielleicht sogar noch mehr als Gloria, deren Hingabe sich nach Stundensatz berechnete. »Ich dachte, sie wären alle tot. Ich war einfach davon ausgegangen, dass alle außer mir tot seien.«
    Kay besah sich die Tüllkleidchen im Schaufenster, die herzzerreißenden Rüschenteile, die Grace nie hatte anziehen wollen. Ich war einfach davon ausgegangen, dass alle tot seien . Wenn sie es wären, könnte sie viel einfacher lügen. Aber würde wirklich jemand eine derartige Lüge erfinden, nur um einem Verkehrsdelikt zu entgehen? Wenn das so war, konnte sie dann nicht, jetzt, wo sie wusste, dass es dem kleinen Jungen gut ging, einfach alles zurücknehmen? Sie war so glaubwürdig, und zugleich konnte die Tatsache, dass Kay so dachte, der Beweis dafür sein, wie einstudiert das alles war.
    Während sie vor sich hin starrte, sah Kay Heathers Spiegelbild in dem Schaufenster des einstigen Orgelladens. Tränen rannen ihr über die Wangen, und sie zitterte so sehr, dass ihre
Zähne, ihre perfekten karieslosen Zähne, unkontrolliert aufeinanderschlugen.
    »Hier hat es angefangen«, sagte sie. »In gewisser Weise hat es hier angefangen.«

Kapitel 31
    Das Geschäftsviertel von St. Simons – der »Dorfkern« laut dem Einheimischen, der Kevin den Weg hierher erklärt hatte – sprühte nur so vor Charme. Die Hauptstraße war von kostspieligen Läden gesäumt, von der Art, die darauf spezialisiert waren, nutzlose Dinge an Leute zu verkaufen, für die Geldausgeben ein unbedenkliches Vergnügen war. Es waren nicht ganz die hochwertigen Markenprodukte, die Kevin von den Hamptons her kannte, wo er als Teenager Gartenarbeiten erledigt hatte, aber zu Brunswick war es schon ein gravierender Unterschied. Jetzt kapierte er, warum Penelope Jackson auf dem Festland gelebt hatte, wie unerschwinglich Immobilien für diejenigen waren, die hier Eiswaffeln füllten, Bier zapften oder rosa-grüne Kleider verkauften, die es in jedem Schaufenster gab.
    Er hatte seinen Besuch im Mullet Bay auf den späten Nachmittag gelegt, bevor die ersten Dinnergäste kamen. Es war ein typisches Ferienlokal, ganz auf Karibik-Stimmung getrimmt. Papageien, exotische Drinks, Jamaica-Flair. Es war nicht leicht, sich darunter eine Vierzigjährige vorzustellen; die Bar war eher etwas für junge Leute, und das Personal, männlich wie weiblich, trug nur Shorts und Polohemden. Aber die Managerin, ein hübsches Mädchen mit dunklen Augen und strahlendem Teint, klärte ihn darüber auf, dass Penelope in der Küche gearbeitet hatte.
    »Sie war super«, sagte sie und sprach es »suupah« aus mit einem peppigen Enthusiasmus, der anscheinend zu ihrer Grundeinstellung
gehörte. Das Schildchen über ihrer perfekten linken Titte wies sie als Heather aus, und dieser Zufall ließ ihn aufhorchen. Als habe er eine Vorahnung von... na ja, von irgendetwas. Andererseits war Heather ein ziemlich beliebter Name. »Gute Köchin, sehr zuverlässig. Ist immer eingesprungen, wenn Not am Mann war, hat sogar ein-, zweimal die Bar übernommen, als der Barkeeper nicht auftauchte. Die Chefs hätten sie liebend gern behalten.«
    »Warum hat sie aufgehört?«
    »Nun ja, sie wollte einen Neuanfang nach dem Feuer und allem.« Selbst bei der Äußerung echter Trauer behielt diese Heather ihren unbeugsamen Enthusiasmus, als ob ihre Schönheit, ihre wohlgeformten jungen Glieder sie mit einer anhaltenden, lebhaften Freude an sich selbst versorgten. Infante stellte sich vor, wie er diese Glieder um sich herumdrapierte, sich ein bisschen von der sonnigen Selbstachtung einverleibte.
    »Was ist mit dieser Frau?« Er holte das Foto der Frau hervor, die sich für Heather Bethany ausgab. »Kommt sie Ihnen irgendwie bekannt vor? Haben Sie sie jemals mit Penelope zusammen gesehen?«
    »Nein, aber ich habe Penelope auch nie mit irgendwem gesehen, noch nicht mal mit ihrem Freund. Sie sprach von ihm, und er war einmal hier, soweit ich mich erinnere, aber das war’s auch schon.« Sie rümpfte die Nase. »Er war schon älter, irgendwie ein schleimiger Kerl. Er hat ein paar Sachen zu mir gesagt, aber ich habe Penelope nichts davon erzählt. Es war das Bier, was da gesprochen hat.«
    »Hat

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