Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love
Beziehungen zwischen den Geschlechtern: bemüht zur Schau getragene Gleichgültigkeit, durchbrochen von vereinzelten, unbeholfenen Paarungsversuchen. In unseren Kerngruppen redeten wir natürlich ständig über Sex, aber wenn irgendeine von uns es tatsächlich einmal dazu kommen ließ, setzten wir alles daran, die betroffene Person, unsere Freundinnen und uns selbst davon zu überzeugen, dass es nichts Persönliches war.
Der Barmann rief die Sperrstunde aus, stakste gleich darauf an unseren Tisch, griff nach der Leiste mit Lichtschaltern an der Wand hinter meinem Kopf und knipste mit einer schwungvollen Geste eine ganze Reihe davon an. Jäh von hellem Licht geblendet, zuckten wir alle zusammen wie von der Morgendämmerung überraschte Vampire. Da Eitelkeit unter uns Frauen gesellschaftlich akzeptabel war, rappelten wir drei uns auf, schlüpften in unsere Jacken, wickelten uns Schals um den Hals und schnippten unsere Haare frei, während die Jungs mit gespielter Lässigkeit ihre Gläser leerten. Die Beleuchtung zeigte erst, wie schmuddelig der Tisch aussah, an dem wir gesessen hatten – die leeren, halb in den Aschenbecher gestopften Chipstüten, die klebrigen Kreise auf der glänzenden Tischplatte. Als ich hinter dem Tisch hervorkam, spürte ich, dass der Teppichboden unter meinen dünnen Schuhsohlen durchweicht war. In Gedanken war ich schon bei dem Aufsatz, den ich am Montag einreichen musste, über vordere und hintere Schienbeine. Ich wollte zu dem Haus zurück, das ich mit Abbie und zwei anderen Studentinnen bewohnte, sehnte mich nach einer Tasse Tee und meinem klobigen Einzelbett.
Ich war als Erste draußen. David kam gleich hinter mir. »Am besten gibst du mir dann mal deine Telefonnummer«, sagte er wie zum Abschluss eines vorausgegangenen Gesprächs. Als er so aus der Nähe und mit leiser Stimme sprach, fiel mir sein walisischer Akzent auf. Der ließ ihn älter wirken als die Jungs meiner Bekanntschaft, erfahrener.
Ich blieb stehen und sah ihn an. Bis zu diesem Moment hatte keiner von uns beiden dem anderen auch nur den leisesten Hinweis gegenseitigen Interesses gegeben. Er erwiderte meinen Blick mit einem gezielten, aber ausdruckslosen Starren und schaffte in einem willensstarken, glutäugigen Augenblick, wofür andere einen ganzen Abend lang flirteten. Es war eine verwegene Geste, die ich als das nahm, was sie war. Ich wusste auch, dass die wenigsten Jungs in unserem Alter zu so etwas fähig waren. Ich war beeindruckt.
Ich reagierte wie auf Knopfdruck: Sekundenlang erwiderte ich den Blick, registrierte ihn, um dann mit einem Anflug von Verlegenheit zur Seite zu blicken, als wäre ich geschmeichelt, aber aus dem Gleichgewicht gebracht, fasziniert, aber ein wenig nervös. Ich sah zu Boden, sodass mir die Haare ins Gesicht fielen. Beim Aufschauen musste ich sie mit der Hand zurückstreichen und ein wenig damit spielen, damit sie hinter meinem Ohr blieben. Dann sah ich David endlich an, und er lächelte mir zu. Ich erwiderte sein Lächeln. Gott, lässt du dich leicht rumkriegen, Laura , dachte ich.
Er steckte die Hand in die Innentasche seines dicken Mantels und zog einen Kuli hervor. Ich nahm ihm den ab, ergriff die Hand, kehrte die Handfläche nach oben und schrieb meine Nummer auf den Handballen. Er wand sich theatralisch. Während ich damit beschäftigt war, kamen die anderen nach uns heraus. Sie umkreisten uns, sahen zu und hauchten weiße Atemwölkchen in die kalte Luft. Als ich fertig war, packte Abbie mich am Ellenbogen und zog mich weg. »Was sollte das denn?«, zischte sie.
Ich zuckte mit den Schultern, und wir zogen untergehakt davon.
»Hey! Willst du nicht meine Telefonnummer?«, rief David dreist hinter mir her.
Die anderen Mädchen drückten sich zu beiden Seiten an mich und drängten mich ab. Ich drehte mich um, ging rückwärts und rief ihm grinsend zu: »Tja, du rufst ja wohl an, wenn du was von mir willst, oder?« Er starrte mir nach, lächelte immer noch.
Abbie wirbelte mich wieder rum. »Scheiße, Carole bringt dich um.«
»Nur wenn du es ihr sagst«, antwortete ich. »Und überhaupt gehört er schließlich nicht Carole, oder?«
»Nicht zu fassen, dass du mit David geflirtet hast!«
Ich hatte nicht einmal nach seinem Namen gefragt. So gut war es mir gelungen, im Laufe des Abends Desinteresse zu heucheln. Ich war sehr zufrieden mit mir.
David. In jener Nacht lag ich auf meiner durchgelegenen Matratze, hellwach, während das orange Laternenlicht durch die dünnen braunen
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