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Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love

Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love

Titel: Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Doughty
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wie du sie hergeholt hast, damit sie in die Bresche springt. Wo ist meine Tochter? Warum bist du nicht draußen und suchst nach ihr? Du weißt, was die Polizei sagt, oder? Sie glauben, dass es Selbstmord war!« Bei diesen Worten bricht die Frau zusammen. Sie streckt die Hand aus und fuchtelt ein wenig damit in der Luft herum, bis sie den Zaun zu fassen bekommt. Die andere Hand auf der Magengegend, beugt sie sich vor, schnappt nach Luft und gibt mit einem japsenden Laut, einer Art trockenem Schluchzen, nur noch »Oh … oh …« von sich.
    Die Wut hat mich jetzt verlassen. Etwas Hohles ist an ihre Stelle getreten. Diese Frau hat ihre Tochter verloren. Ich sehe David an, doch er lässt seine Schwiegermutter nicht aus den Augen. Ich schlüpfe aus Chloes Mantel. Was habe ich mir dabei gedacht, den zu tragen? Ich lege ihn mir über den Arm, kann es nicht erwarten, das Ding loszuwerden. »Möchten Sie reinkommen, auf eine Tasse Tee?«, frage ich lahm, denn die Unangemessenheit und Unsinnigkeit des Vorschlags schreit zum Himmel, noch während ich ihn ausspreche; wie viele Tassen Tee mir nach Betty angeboten wurden!
    Die Frau richtet sich auf und wischt sich fahrig mit dem Ärmel über das Gesicht, nimmt die Brille ab und klappt sie zusammen. Anstatt zu antworten, wirft sie mir nur einen verächtlichen Blick zu. Dann macht sie kehrt und geht mit schwankenden Schritten weg. Auf halbem Weg zurück zu ihrem Auto bleibt sie stehen und dreht sich noch einmal um. Zu David gewandt, sagt sie: »Ich komm wieder und besuch meinen Enkel, wenn er wach ist.« Dann sieht sie mich an. »Und wenn sie weg ist.«
    Das Auto ist in einem schrägen Winkel abgestellt, ein Rad oben auf dem Gras. Sie muss schleudernd zum Stehen gekommen sein, als sie mich auf der Straße gehen sah, in Chloes Mantel, mit Chloes Baby im Wagen.
    Wieder im Haus, hänge ich den Mantel ganz behutsam an seinen Haken zurück. Als David leise die Tür hinter sich schließt, sage ich zu ihm: »Das tut mir ja so leid.«
    »Muss es nicht«, erwidert er knapp.
    »Bestimmt hat sie mich für Chloe gehalten …«
    Aus dem Wohnzimmer höre ich Fernsehgeräusche, irgendein lauter, brutaler Zeichentrickfilm.
    David schüttelt den Kopf. »Sie ist nicht nur außer sich vor Kummer, musst du wissen, sie war schon immer nicht ganz richtig im Kopf. Chloe ist jedes Mal zu ihr gerannt, wenn wir uns gestritten haben, besonders, wenn es dabei um dich ging, und sie hat alles nur noch schlimmer gemacht. Scheiße, sie ist der reinste Albtraum. Chloes Probleme gingen größtenteils auf sie zurück, glaub mir, zum allergrößten Teil. Die braucht dir nicht leidzutun. Die ist zu allem fähig. Ich fand es immer schlimm, wenn sie mit Harry allein war. Im Ernst. Ich hab diese Frau noch nie gern um meinen Sohn gehabt. Wenn Chloe nicht so seltsam auf sie fixiert gewesen wäre, hätte ich sie nicht mal ins Haus gelassen. Sie war an dem Abend hier, als Chloe verschwunden ist. Deshalb konnte ich dich nicht vorbeikommen lassen. Ich wollte nicht, dass sie dir begegnet, nicht mal, dass sie weiß, wie du aussiehst.«
    Aber irgendetwas an ihr kam mir bekannt vor, denke ich. »Du und Chloe, habt ihr euch viel wegen mir gestritten?«
    »Natürlich.« Unterwegs ins Wohnzimmer, redet er über die Schulter weiter: »Darüber haben wir uns natürlich am meisten gestritten. Das Gespenst an unserem Tisch, wie sie gesagt hat.«
    Sie ist noch keinen Monat weg, und schon benutzt er die Vergangenheitsform.
    Erst später, eine Stunde später, als wir den Kindern zu essen geben, fällt es mir ein. Chloes Mutter ist mir schon einmal begegnet. Sie war die kleine, grimmige Frau bei Willows Trauerfeier, die, die mich mit ihrem Pfennigabsatz gekratzt hat. Ich denke an meinen lila Mantel, der, unerklärlicherweise mit Bleichmittel verätzt, immer noch in meinem Schrank hängt. Ich denke an Chloes teuren, wasserdichten Mantel, der noch im Flur hängt, schimmernd und warm.
    Während Rees fernsieht, machen David und ich etwas zu essen. Meine Schulter schmerzt. Nach dem Angriff ihrer Mutter fällt mir der Aufenthalt in Chloes Küche schwer. Als ich einen Topf mit Wasser zum Kochen aufgesetzt habe, setze ich mich an den Tisch und sehe David zu, wie er Brokkoli und Möhren in kleine Stücke schneidet, die wir dem weißen Reis hinzufügen können, den wir für Rees kochen. Als er damit fertig ist, legt er ein paar kleine Brokkoliröschen und Möhrenwürfel in eine Schüssel, die er wortlos vor mich hinstellt. Ihm zuliebe stecke ich mir

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