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Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love

Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love

Titel: Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Doughty
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kann er eben erst im Pub angekommen sein – der Stag’s Head ist auf seiner Seite der Stadt, wenige Minuten Fahrzeit von seinem Bungalow. Ich frage mich, wie viel Zeit ihm wohl bleibt, bis er Chloe erklären muss, wo er war, dass er mich getroffen hat: unter den Umständen lächerlich, aber auch das befriedigt mich, dass er sich Ausflüchte zurechtlegen muss.
    Er wartet auf mich, als ich ankomme. Das Restaurant ist nett, so wie alle neuen Lokale: saubere Tischdecken und polierte Gläser, viel Rot in der Deko und ein strahlender Geschäftsführer, der herbeieilt, um die Gäste zu begrüßen, die an so einem Abend den Weg hierher nicht gescheut haben. Es liegt an einer langen Straße der Waschsalons und Schnellimbissläden auf der neuen Stadtseite, die ganz aus kastenförmigen Neubausiedlungen und Verkehrskreiseln besteht. David hat sich schon an einen Tisch in einer Nische hinten in der Ecke gesetzt. Mit dem Gesicht zur Tür, wie ein Detektiv, der im Auge behalten muss, wer raus- und reinkommt. Als ich auf ihn zugehe, sieht er mich an und unternimmt den Versuch eines Lächelns. Mir geht auf, dass ich ihn verachte; wie abgrundtief, lässt sich kaum in Worte fassen. Ich reiche dem Geschäftsführer, der mir durch das Lokal gefolgt ist und sich erwartungsvoll vor unserem Tisch aufbaut, meinen Mantel, dann rutsche ich auf meine Nischenseite. Ich sehe David an und fühle mich ruhig, stark, distanziert. Kaum zu glauben, dass ich um diesen Mann geweint und ihn angefleht, mich von ihm habe auf die Knie zwingen lassen. Als er mich im Krankenhaus besuchte, habe ich gemerkt, wie wenig ich für ihn empfand, doch nun bin ich einen Schritt weiter. Mir wird klar, dass mein neuer Plan das erste Geheimnis ist, das ich je vor ihm hatte. Ich lerne etwas, das er mir schon vor Jahren hätte beibringen können: wie leicht es ist, jemanden zu verachten, den man hintergeht.
    Er ringt sich ein schiefes Lächeln ab.
    »Na dann«, sage ich leichthin, während er mir eine Karte reicht, »Chloe ist also unsere Babysitterin, während wir essen gehen.«
    »Chloe und ihre Mutter«, verbessert er mich.
    »Bestell du«, sage ich und reiche ihm die Karte zurück. Ich denke: Wir treffen uns, weil seine eigene Trauer ungenügend ist. Er möchte sich etwas von meiner ausborgen.
    »Was möchtest du trinken?«, fragt er. Vielleicht hat Chloe seine Trauer satt – und wenn sie ihn noch so sehr liebt, sie muss sich von unserem Verlust ausgeschlossen fühlen. Vielleicht hat er gemerkt, dass es eine gute Idee wäre, ihr einen Abend zu Hause vor dem Fernseher zu gönnen, damit sie mal über etwas Seichtes lachen kann, ohne sich mit ihm und seiner Unfähigkeit, seichten Humor lustig zu finden, auseinandersetzen zu müssen.
    »Bier«, sage ich. Ach nein, sie wird nicht fernsehen. Ihre Mutter ist da. Ich habe den Eindruck, dass sie ihrer Mutter nahesteht und dass David das schwierig findet, obwohl ich mich nicht erinnern kann, woher ich so etwas wissen könnte. An Schwiegereltern als Zubehör einer Beziehung ist er nicht gewöhnt, nehme ich an. Wenigstens in dieser Hinsicht hatte er es mit mir leichter, wenn auch sonst in keiner.
    »Für mich auch«, sagt er.
    Ich kann nur spekulieren, aber ich lasse mich nicht gern als Lückenbüßer benutzen. Wenn er Probleme mit Chloe hat, oder sie mit ihm, dann sollten sie das miteinander klären.
    Der Kellner nähert sich. Nach einem Blick auf die Speisekarte rattert David eine willkürliche Tapasliste runter, aus jeder Abteilung der Karte eins nach dem Zufallsprinzip, und beendet das Ganze mit »zwei Bier«.
    Seufzend rasselt der Kellner seine eigene Liste runter, eine Auswahl an sieben oder acht verschiedenen Flaschenbiersorten. David sieht mich an, ich zucke mit den Schultern. Er wählt. Nachdem der Kellner gegangen ist, sitzen wir schweigend da, bis er mit den Flaschen wiederkommt. Es ist ein langes, dankbares Schweigen. Ich spüre, dass wir beide dieses Schweigen und einander zu schätzen wissen, und werde ein klein wenig weicher.
    Als der Kellner die Bierflaschen auf den Tisch stellt und erst mir, dann David einschenkt, ist es damit vorbei.
    David fragt mich nach meinem kurzen Aufenthalt in der psychiatrischen Abteilung. »Wird sich das wiederholen?«
    Ich zucke mit den Schultern. »Nicht, wenn es nach mir geht.« Wir sind nicht hier, um über mich zu reden. Es ist nur etwas, was er vorher abhandeln muss.
    Ich stelle ihm ein paar halbherzige, belanglose Fragen nach seiner Arbeit. Er sei zwei Wochen lang wieder

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