Was du nicht weißt: Roman (German Edition)
schniefte.
Schnell fragte Conway: »Kennen Sie den Vater des Kindes?«
»Nein, nicht mal mir hat sie es verraten. Wir haben alle gerätselt, weil sie in den ganzen Jahren auch nie einen festen Freund hatte. Aber Debbie war eben stur.« Constance machte eine kleine Pause. »In meinen Augen wollte sie nur …«
Conway wusste, das sich hinter solchen nicht zu Ende gesprochenen Sätzen oft das Wichtigste verbarg. Vorsichtig fragte er deshalb: »Diskretion wahren?«
Wieder schüttelte Constance den Kopf. »Doch nicht Debbie! Nein, ich denke, dass sie einfach nur ein Kind haben wollte, aber keinen Mann dazu. Das würde zu ihr passen. Sie wollte nie Kompromisse machen.«
Nach allem, was Conway von Debbie Farrow wusste, konnte diese Haltung tatsächlich zu ihr passen. Er glaubte auch nicht, dass die Frage der Vaterschaft irgendetwas mit dem Mord zu tun hatte. Viel interessanter fand er das Einzelgängerische, das Debbie offenbar zum Prinzip gemacht hatte.
Er lenkte das Gespräch wieder auf den Mord zurück. »Miss Farrow, wir haben in der Wohnung Ihrer Schwester einige Notizen mit Namen gefunden, die wir dem Bekanntenkreis von Debbie bisher noch nicht zuordnen konnten. Vielleicht könnten Sie einen Blick darauf werfen.«
Das Blatt Papier, das er aus seiner Jackentasche zog, war zweimal gefaltet. Er faltete es auseinander und breitete es vor ihr auf der grauen Kunststoffplatte des wackelnden Tisches aus. Constance nahm es in die Hand, warf einen ersten Blick darauf und sagte dabei: »Gut, dass Sie das ansprechen, Mr. Conway. Was glauben Sie, wann kann ich in Debbies Wohnung?«
»Sagen Sie bloß, Sie wollen da einziehen?«, fragte Conway überrascht.
»Es ist wahrscheinlich für lange Zeit das letzte Mal, dass ich auf Jersey bin und … auf diese Weise könnte ich meiner Schwester noch einmal ganz nahe sein.«
Ihr Wunsch war zwar ungewöhnlich, es gab aber keinen Grund, ihn abzulehnen.
»Ich denke, das dürfte kein Problem sein. Die Wohnung ist zwar noch versiegelt, aber ich weiß, dass die Spurensicherung fertig ist, sodass Sie wahrscheinlich schon heute Abend hineinkönnen.«
Constance schien erleichtert zu sein. »Das wäre schön.«
»Soll ich dafür sorgen, dass Sie bis dahin Ihr Gepäck irgendwo unterstellen können?«
»Danke, ich komme schon klar. Ich möchte nachher auch noch Mrs. Bloom besuchen.«
Der Chef de Police glaubte nicht richtig zu hören.
»Meinen Sie Mrs. Bloom aus St. Brelade’s Bay?«
»Ja. Sie war es doch, die Debbie gefunden hat, oder?«
»Richtig, das hat sie.«
Conway überlegte fieberhaft, wie er diese Begegnung verhindern konnte. Er hatte nicht die geringste Lust, seiner neugierigen Ex-Schwägerin eine so wichtige Person wie Constance Farrow in die Hände zu spielen. Aber er nahm sich zusammen.
»Darf ich fragen, woher Sie Mrs. Bloom kennen?«, fragte er so beiläufig wie möglich.
»Als Schülerin hatte ich oft Nachhilfe bei ihrem Sohn Jonathan«, antwortete Constance. Sie lächelte leicht. »Es gab Zeiten, da war ich jeden Nachmittag bei den Blooms. Mrs. Bloom war eine Mutter, wie ich sie mir immer gewünscht hatte.«
»Ja, so ist sie, die gute Mrs. Bloom«, sagte Conway freundlich, auch wenn er das Gefühl hatte, er würde in eine saure Zitrone beißen. Er musste schnellstens das Thema wechseln.
»Miss Farrow, wenn Sie erlauben, würde ich jetzt gerne mit meinen Fragen fortfahren. Es gibt mehrere Punkte, die uns nach wie vor Rätsel aufgeben. Beispielsweise das mögliche Motiv …«
Es war so weit.
Emily fühlte sich bereit, ihr Gedächtnis von der Kette zu lassen.
Sie saß an ihrem Tisch vor dem Wohnzimmerfenster und versuchte, sich zu konzentrieren. Sie hatte es sich auf einem gepolsterten Stuhl bequem gemacht, die Kostümjacke ausgezogen und den Reif von der Stirn genommen, sodass die manchmal widerspenstigen Haare jetzt locker um ihr Gesicht fielen. Sie hatte sogar ihre Schuhe ausgezogen. Nichts sollte sie einengen.
Vor ihr lag ein Schreibblock. Darauf hatte sie die Fakten notiert. Während sie ihre Notizen noch einmal überflog, goss sie sich aus einer alten burmesischen Zeremoniekanne eine Tasse grünen Tee ein und trank einen Schluck. Es war die beste Japansorte, die sie in ihrem Laden verkaufte, exquisiter Matcha Hikari , der Tee der Teemeister, wie man in Japan sagte. Sein mildes Aroma, gepaart mit einer eigentümlichen angenehmen Süße, streichelte ihre Sinne und weckte sie gleichzeitig. Und genau das konnte sie jetzt gut gebrauchen.
Sie begann
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