Was du nicht weißt: Roman (German Edition)
gefunden.«
»Und wie ist sie da überall hingekommen?«, fragte Conway.
»Mit dem Fahrrad, manchmal auch mit dem Bus«, antwortete MacDonald.
»Aber nicht am Tag des Verbrechens«, mischte sich Jane Waterhouse ein. »Das ist ja das Rätselhafte. Eine Busfahrerin will gesehen haben, dass Jolanta Nowak einen Tag vorher am Liberation Square in einen Pick-up oder einen Kombi gestiegen ist. Aber an die Farbe des Wagens kann sie sich nicht erinnern. Sie weiß auch nicht, ob ein Mann oder eine Frau hinter dem Steuer gesessen hat.«
Edgar MacDonald grinste. »Darf ich darauf aufmerksam machen, dass wir nicht über die Jungfrau Maria reden? Jolanta Nowak war im zweiten Monat schwanger. Hey, Freunde, irgendeinen Mann muss es da ja wohl gegeben haben!«
»Und wenn es mehrere waren?«, fragte Conway.
Die Chefermittlerin schüttelte den Kopf. »Dafür gibt es keine Anhaltspunkte. Auch ihre Mutter in Polen, mit der wir telefoniert haben, hat Jolanta als eher scheu beschrieben.«
Sie lehnte sich zurück und breitete ihre Handflächen auf dem Tisch aus. »Wir suchen also einen Mr. Unbekannt.« Sie nickte wieder dem Kollegen MacDonald zu. »Edgar, erzählen Sie uns, was sie auf Jolantas Gürtel gefunden haben.«
MacDonald legte die Fotografie eines Fingerabdrucks auf den Tisch. Der Abdruck hatte relativ saubere, gut konturierte Rillen. »Diesen Daumenabdruck haben wir auf dem Kunststoffgürtel der Toten gefunden. Er passt zu keiner der Personen, mit denen Jolanta Nowak normalerweise Kontakt hatte. Na gut, werdet Ihr sagen, damit ist höchstens bewiesen, dass es diesen Mr. Unbekannt tatsächlich gibt.«
Conway genoss die Art und Weise, mit der Edgar jedes Mal seine Nummer abzog. Es war großartig. Dagegen war die unterkühlte Sachlichkeit der Spitzmaus Waterhouse am Tischende ziemlich langweilig.
»Na komm, du hast doch noch was im Köcher«, sagte er gut gelaunt.
MacDonald zwinkerte ihm zu. Dann legte er ein zweites Foto mit einem Fingerabdruck auf den Tisch, genau neben das erste.
Der erfahrene Chef de Police brauchte keine drei Sekunden, um zu erkennen, dass die Abdrücke identisch waren.
»Na, was sagt ihr?«, fragte MacDonald stolz.
»Woher stammt der?«, fragte Conway voller Bewunderung.
»Von der rechten silbernen Schuhschnalle von Debbie Farrow«, antwortete MacDonald stolz. »Der Schuh hat in einem Luftloch unter der Erde gelegen. Und damit schließt sich der Kreis. Wir müssen jetzt davon ausgehen, dass beide Frauen von ein und demselben Täter ermordet worden sind.«
Jedem in der Runde war klar, dass sie endlich einen Durchbruch geschafft hatten. Doch der warf zugleich wieder eine ganze Menge neuer Fragen auf. Hatten die beiden Frauen sich vielleicht doch gekannt, obwohl bisher alles dagegensprach? Oder hatte der Mörder mit beiden ein Verhältnis gehabt, ohne dass Jolanta und Debbie voneinander wussten?
Harold Conway überlegte. »Könnte man nicht eine Belohnung aussetzen? Dann würden unsere Chancen auf Hinweise aus der Bevölkerung bestimmt steigen.«
Jane Waterhouse hob bedauernd die Hände. »Von welchem Geld? Können Sie mir das sagen?«
»Sie kennen doch die Töpfe der Ministerien am besten.«
»Es gibt keine Töpfe«, sagte sie knapp. »Jedenfalls nicht dafür.« Damit war das Thema für sie erledigt. Sie blickte in die Runde. »Pause?«
Mittlerweile war es Nacht geworden.
Sie waren die Letzten auf ihrer Etage, in allen anderen Büros brannte längst kein Licht mehr. Immerhin hatte der kleine Erfolg sie endlich ein bisschen zusammengeschweißt. Aber vielleicht empfand Conway das auch nur so, weil er das ständige Kämpfen gegen Jane Waterhouse leid war.
Sie ging hinaus und kam kurze Zeit später lächelnd mit einem Tablett zurück. Darauf standen drei Tassen mit Instantkaffee.
Jetzt mochte er sie sogar ein bisschen. Aber es irritierte ihn, dass er bei Jane Waterhouse nie wusste, wie sie wirklich war.
Schon am frühen Morgen klingelte Emily telefonisch Vikar Ballard aus dem Bett. Sie hatte ihm zwar gestern hoch und heilig versprochen, niemandem von ihrem Wissen über Mary-Ann Farrows Vergewaltigung zu erzählen, aber jetzt hatte sich die Situation dramatisch geändert. Godfrey Ballard musste sie schnellstens vom hoch und heilig entbinden. Schließlich wollte auch er, dass Debbies Tod schnellstens aufgeklärt wurde.
Emily konnte geradezu durch den Telefonhörer sehen, wie Godfrey sich am anderen Ende der Leitung heftig wand.
»Muss das denn sein, Mrs. Bloom?«, jammerte er. »Debbie wird
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